Allgemein

Modellversuche niedrigwasseroptimierter Schiffe am DST

Häufigere und länger anhaltende Niedrigwasserphasen führen auf deutschen Wasserstraßen zu erheblichen Einschränkungen der Schifffahrt. Frachtschiffe sind daher bei Niedrigwasser nicht nur in ihrer Ladekapazität eingeschränkt, größere Schiffe müssen unter Umständen die Fahrt vollständig einstellen. Dadurch können weniger Güter transportiert werden. Das Rhein-Niedrigwasser im Jahr 2018 hat uns eindrucksvoll gezeigt, dass wir alle auf stabile Transportbedingungen auf den Wasserstraßen angewiesen sind.

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die BAW damit beauftragt, einen sogenannten Niedrigwasserkorridor (NWK) am freifließenden Rhein zu untersuchen. Was genau bedeutet das? Im Prinzip geht es darum, wasserbauliche Anpassungen zu entwickeln, die auch bei niedrigem Wasserstand eine möglichst optimale Schifffahrt ermöglichen. Dabei wird jedoch nicht nur untersucht, wie der Fluss angepasst werden kann, sondern auch wie die Schiffe optimiert werden können. Es fahren bereits einzelne sogenannte niedrigwasseroptimierte Schiffe auf dem Rhein, die selbst bei extremem Niedrigwasser deutlich mehr Fracht transportieren können als herkömmliche Schiffe.

Um beurteilen zu können, inwiefern niedrigwasseroptimierte Schiffe in Zukunft zu einem gesicherten Güterverkehr auf dem Rhein bei Niedrigwasser beitragen können, müssen die fahrdynamischen Eigenschaften dieser Schiffe untersucht werden. Als Untersuchungsmethode werden hier unter anderem Experimente an einem gegenständlichen Modell herangezogen. Für diesen Zweck haben sich die BAW und das Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) als Kooperationspartner zusammengetan. Im Oktober 2024 fanden am DST Versuchsfahrten mit einem Modell eines niedrigwasseroptimierten Schiffs statt. Wir, Anne und Melissa, haben uns die Versuche vor Ort ein paar Tage angeschaut. Für uns als „Nicht-Schiffbauer“ ist das eine ganz neue Welt. Auch den Fotografen Herrn Ridderbusch haben wir mitgenommen, der die spannenden Versuche mit Foto-, Videokamera und sogar einer Drohne professionell dokumentiert hat.

Besonders erstaunenswert war in unseren Augen die beachtliche Größe des Modellschiffs, welches aus Holz gefertigt ist. Mit einer Länge von 9.5 m handelt es sich um ein Modell eines 135m-Schiffs mit einem Maßstab von etwa 1:13.5, welches in Abbildung 1 zu sehen ist. Die Fahrversuche mit diesem Schiff werden in einem 200 m x 9.5 m großen Tank durchgeführt. Dieser Tank ist insbesondere für Flachwasserverhältnisse ausgelegt. Die Wassertiefe kann hier durch das Ein-/Auspumpen von Wasser exakt eingestellt werden. Das sind optimale Bedingungen für unsere Interessen: Die Untersuchungen von Binnenschiffen bei besonders geringen Wassertiefen.

Abbildung 1: Modellschiff

Wir durften in den ersten Tagen der Versuche vor allem Propulsionsversuche und Anfahr- sowie Stoppversuche bei unterschiedlichen Wasserständen im Tank beobachten. Neben den Wasserständen variierten auch die Schiffsgeschwindigkeit und der Tiefgang des Schiffs. Bis zu 2 Tonnen Gewicht wurde auf das Schiff geladen, um einen bestimmten Tiefgang zu erreichen.

Der Schleppwagen, der in Abbildung 2 zu sehen ist, begleitet das Schiff während der Fahrt. Zum einen ist er mit diversem Messequipment ausgestattet, das nicht ausreichend Platz auf dem Modellschiff findet und daher mit dem Schiff über Kabel verbunden ist. Auch die Personen, welche die Versuche ausführen, finden hier Platz. Zum anderen soll das Schiff für unsere Versuche nur in drei Freiheitsgraden beweglich sein. In dieser Versuchskampagne wurden die Propulsionseigenschaften bei Geradeausfahrt ermittelt. Das Schiff wird dabei entlang einer Geraden geführt und kann frei stampfen und tauchen.

Abbildung 2: Versuchsaufbau: Der Schleppwagen (grünes Gestell) fährt über dem Schiff und ist mit diversem Messequipment ausgestattet.

Abbildung 3 zeigt einige Messgeräte, die sich auf dem Schiff und dem Schleppwagen befinden. Mit den Messgeräten werden Größen wie Widerstand, Düsen- und Propellerschub sowie Tiefertauchung und Vertrimmung gemessen.

Abbildung 3: Messgeräte auf dem Messwagen.

Ein besonderes Highlight des Tanks war für uns und Herrn Ridderbusch der Fototunnel unter dem Tankboden. Aus diesem heraus kann das fahrende Schiff von unten beobachten werden und Aussagen über die am Schiff anliegende Strömung getroffen werden, siehe Abbildung 4.

Abbildung 4: Modellschiff von unten aus dem Fototunnel heraus ausgenommen.

Eines der Hauptziele dieser Versuchskampagne war es, die Propulsionsleistung dieses Schiffes zu bestimmen, wobei die Wissenschaftler*innen an der maximal erreichbaren Geschwindigkeit des Schiffes unter verschiedenen Wassertiefen interessiert sind. Dazu wird das frei fahrende Schiffsmodell so lange beschleunigt, bis es eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht. Dabei müssen die Versuchsingenieur*innen äußerst vorsichtig vorgehen, da eine zu hohe Geschwindigkeit zu Grundberührungen und Beschädigungen des Modells führen kann.

Pro Tag können etwa fünf bis sechs Versuche durchgeführt werden. Zwischen den einzelnen Fahrten muss oft eine Wartezeit von bis zu 60 Minuten eingelegt werden, damit sich die durch die Fahrt entstandene Welle im Tank soweit beruhigt hat, dass der nachfolgende Versuch nicht mehr davon beeinflusst wird. Die Pausen gaben uns die Gelegenheit die Wissenschaftler*innen mit neugierigen Fragen zu löchern, das Modellschiff mit Wathosen vom Wasser aus zu beäugen und die Räumlichkeiten und anderen Versuchshallen des DST zu besichtigen. So wurde uns in der Schreinerei erklärt, wie die Modellschiffe gebaut werden, neue Forschungsprojekte vorgestellt und der 360°-Schiffführungssimulator präsentiert. Wir möchten an dieser Stelle unser Dankeschön an das DST aussprechen für die Zeit und die informative Betreuung!

Das Ziel dieser Versuchsreihe ist es, niedrigwasseroptimierte Schiffe in den Schiffsführungssimulator der BAW zu integrieren. Dieser Simulator ermöglicht es, verschiedene Szenarien durchzuspielen und herauszufinden, wie wasser- und schiffbauliche Maßnahmen den Schiffsverkehr verbessern könnten. Auf diese Weise können fundierte Entscheidungen getroffen werden, um die Schifffahrt trotz des Klimawandels zukunftssicherer zu machen.

Autorinnen: Anne Bitterlich und Melissa Böhm

Vernetzen – Austauschen – Lernen: Forschungsrendezvous 2024

„Von Forschenden für Forschende“ fand Ende Oktober das diesjährige Forschungsrendezvous der BAW in Karlsruhe statt. Das Zusammenkommen von etwa 40 Jungwissenschaftlern und Jungwissenschaftlerinnen (JuWis) aus den beiden BAW-Standorten Hamburg und Karlsruhe war an drei Tagen geprägt von Vorträgen, Workshops, einer Exkursion sowie viel Raum zum Austausch, auch über die eigenen Forschungsthemen hinaus.

Das Forschungsrendezvous wurde abwechslungsreich gestaltet und es wurden zum Teil parallele Sessions interessensorientiert angeboten. Dabei wurden Themen wie das neue Wissenschaftstandem, der Umgang mit Chat-GPT, Anwendungsfälle von KI oder der Peer-Review-Prozess von Veröffentlichungen in Journals vorgetragen, diskutiert und Erfahrungen dazu ausgetauscht. Vielen Dank an alle Vortragenden.

Besonders positiv wurden die 2-Min-Themen-Pitches jedes JuWis wahrgenommen, die es ermöglichten einen Kurzeinblick in die große Bandbreite der Forschungsprojekte der Teilnehmenden zu erhalten, um darauf aufbauend später weiter zu diskutieren.

Feedback der JuWis: Was hat Euch besonders gefallen?

Am Nachmittag des zweiten Tages ging es zur Exkursion nach Forbach, um dort eine Führung durch das Kraftwerk der EnBW inklusive der zugehörigen Staumauer zu machen. Es wurde Einblick sowohl in die historische Errichtung vor etwa 100 Jahren, sowie zu den aktuellen Baumaßnahmen gegeben. Den JuWis wurden viele Details über den Fischaufzug, die Kraftwerkshalle, die Rohrleitungen und Stollen sowie die Staumauer selbst nähergebracht. Besonders spannend war die Begehung eines Abschnitts des Kontrollgangs der Staumauer.

Insgesamt war es für alle JuWis eine erfolgreiche Veranstaltung mit großer Teilnahme und positivem Feedback. Ein besonderer Dank gilt auch der großartigen organisatorischen Unterstützung der BAW.

PIANC Arbeitsgruppe 255

In diesem Jahr hat sich eine neue PIANC Arbeitsgruppe auf die Initiative von Herrn Claus Kunz, Abteilungsleiter Bautechnik, gegründet. Die PIANC Arbeitsgruppe 255 stellt sich der Aufgabe Empfehlungen zur realistischen Bewertung bestehender Wasserbauwerke aus Beton und Stahl zu erarbeiten. Hierzu sollen auf Basis der jeweiligen nationalen Verfahren und Methoden gemäß aktuellem Stand der Technik Konzepte und Ideen zur statischen Nachweisführung identifiziert und ihre nationale bzw. globale Anwendbarkeit überprüft werden. Der Fokus der Arbeit liegt auf Wasserbauwerke des Binnenbereichs, wobei manche Ergebnisse ebenfalls auf Bestandsbauten des Küstenbereichs übertragbar sein können.

Dieser Herausforderung stellen sich Experten des Wasserbaus aus 8 Nationen. Neben Europa mit Belgien, Niederlande, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind sowohl die USA als auch Asien mit China und Vietnam vertreten. Insgesamt zählt die Arbeitsgruppe 17 Mitglieder.

Übersicht der vertretenden Nationen

Deutschland wird durch die BAW mit gleich zwei Fachbereichen der Bautechnik repräsentiert. Das Referat Massivbau (B1) wird durch Viktória Malárics-Pfaff und Babje Rothe als Young Professional und das Referat Stahlbau/Korrosionsschutz (B2) wird durch Andreas Panenka vertreten.

Beide Referate haben in der Vergangenheit bereits BAW-Merkblätter zur Bewertung der Tragfähigkeit von bestehenden Wasserbauwerken herausgebracht. Die Erfahrung basierend auf den BAW-Merkblättern zur „Bewertung der Tragfähigkeit massiver Wasserbauwerke“ (TbW) und zur „Bewertung der Tragfähigkeit bestehender Verschlüsse im Stahlwasserbau“ (TbVS) bietet eine fundierte Grundlage für den internationalen Austausch.

Im August 2024 hat die PIANC Arbeitsgruppe 255 offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Den Auftakt der Zusammenarbeit fand in Form eines enthusiastischen Kick-Off Meeting im PIANC Headquarter in Brüssel, Belgien, statt.

Nach dem Kennenlernen aller Teammitglieder und ihrer fachlichen Kompetenzen erfolgte die Diskussion der Aufgabenskizze und Festlegung der Zielsetzung der Zusammenarbeit. Der Tatendrang der Arbeitsgruppe wurde besonders bei der inhaltlichen Strukturierung des Berichts und Planung der nächsten Arbeitstreffen sichtbar. Den Vorsitz der Arbeitsgruppe 255 übernimmt Viktória Malárics-Pfaff (B1). Zur Unterstützung der Vorsitzenden übernimmt Andreas Panenka(B2) die Rolle des Sekretärs. Bei der personellen Aufstellung der Arbeitsgruppe dürfen wir uns sicher sein, dass eine konstruktive spannende Zusammenarbeit garantiert ist.

Teammitglieder der PIANC Arbeitsgruppe 255 beim Kick-Off Meeting in Brüssel (Foto: Malárics-Pfaff)

Das erfolgreiche Kickoff-Meeting wurde mit einem Teil des Teams im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens in der Altstadt Brüssels zelebriert. Der Abend war beschwingt von der Motivation und der Begeisterung der Teammitglieder. Anschließend traten alle Teammitglieder mit einem Arbeitsauftrag im Gepäck ihre Heimreise an.

Noch im Dezember dieses Jahrs findet das nächste Arbeitstreffen in Hamburg statt. Die BAW übernimmt die Organisation des Arbeitstreffens. Dank dem Tatendrang der Teammitglieder dürfen wir auf die nächsten Arbeitsergebnisse gespannt sein. Wir blicken voller Vorfreude auf konstruktive und fruchtbare Diskussionen im Dezember!

Naturmessung am Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster gestartet

Für die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit baut die WSV Fischaufstiegsanlagen zur Überwindung von Wanderhindernissen, wie z. B. Wehren. Neben Schlitzpässen, einer Betonbauweise mit senkrechten Wänden, werden an Wasserstraßen mit ausreichendem Platz und geringen Nutzungskonflikten naturähnlichere Raugerinne geplant. Diese bestehen dabei häufig aus mehreren aufeinanderfolgenden Querriegeln aus Steinen, welche den Höhenunterschied des Wanderhindernisses schrittweise abbauen. Durchgangsöffnungen in den Riegeln ermöglichen auch den größten in den Gewässern lebenden Fischen und Neunaugen den Aufstieg. Doch wie genau wirken sich Raugerinne auf die Wasserspiegellagen im Oberwasser aus? Die Strömungsbedingungen sind aufgrund der unregelmäßigen Riegelsteine sowie den Durchgangsöffnungen komplex und mit einfachen Methoden nur überschlagsweise beschreibbar. Die Wasserspiegel im Oberwasser sind jedoch im Rahmen des Genehmigungsprozesses oft für das gesamte Abflussspektrum, insbesondere zum Nachweis der Hochwasserneutralität nachzuweisen. Ein Forschungsprojekt der BAW widmet sich nun dieser spannenden Fragestellung.

Erste Berechnungsansätze wurden bereits mit Modellen an der BAW entwickelt und sollen nun anhand von Messdaten in der Natur validiert werden. Hierfür wurde kürzlich ein Raugerinne bei Unterbreizbach an der Ulster mit sechs Druckmessdosen ausgestattet. Diese werden in den kommenden Monaten den Wasserspiegel im Oberwasser, in den Becken und im Unterwasser des Raugerinnes messen.

Eine wertvolle Abwechslung zu Büro und Halle – gut gelaunte BAW-Mitarbeitende bei der Naturmessung an der Ulster

Zwar handelt es sich bei der Ulster um keine Bundeswasserstraße, aber die Bedingungen in dem etwa 15 m breiten und 80 m langem Raugerinne sind ideal für eine Naturmessung: die Riegel wurden mit etwa 1 m-breiten Durchgangsöffnungen und einer Wasserspiegeldifferenz von etwa 0,10 m nach dem Stand der Technik gebaut und weisen gute Voraussetzungen für hiesige Fischwanderungen auf.

Das 2021 errichtete Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster

Das Raugerinne wurde gebaut, um die ehemals feste Wehrschwelle zu ersetzen und ökologisch durchgängig zu machen. An dieser Stelle vielen Dank an allen Beteiligten für die freundliche Unterstützung unseres Forschungsvorhabens!

Frau Kalla von der K+S (rechts) und BAW Mitarbeitende am Messstandort der Ulster

Wir sind gespannt, ob der Winter eine Hochwasserwelle durch die Ulster schickt und somit wertvolle Messdaten für zukünftige WSV-Planungen erhoben werden können!

Workshop on Intelligent and Automated Waterway Transportation auf der IEEE ITSC 2024 in Kanada

Panoramablick vom Edmonton Convention Center (Veranstaltungsort der IEEE ITSC 2024) (Foto: Lahbib Zentari)

Am 24. September 2024 fand im Rahmen der 27. IEEE International Conference on Intelligent Transportation Systems (ITSC) in Edmonton, Kanada, der dritte Workshop zum Thema „Intelligenter und automatisierter Wasserstraßentransport“ statt, der in diesem Jahr von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) (vertreten durch Jannis Daubner, Kathrin Donandt und Lahbib Zentari, W4) mitorganisiert und gesponsert wurde. Das Event erwies sich als äußerst spannend und bot Gelegenheit für den intensiven Austausch zwischen Forschenden aus den Bereichen Automatisierung in der Binnen- und maritimen Schifffahrt.

Den Auftakt bildete der Keynote-Vortrag von Lahbib Zentari (BAW), der mit seiner Präsentation über die Potenziale von KI-Tools zur Bewertung der Navigationssicherheit auf deutschen Binnenwasserstraßen den Nachmittag eröffnete. Die eingeladenen Expertinnen und Experten boten daraufhin Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte, die intensive Gespräche und Diskussionen anregten. Nicola Forti von der Universität Florenz sprach über den Fortschritt intelligenter maritimer Systeme und die Herausforderungen bei der Vorhersage von Schiffsbewegungen sowie der Erkennung von Anomalien. Paul Koch vom Fraunhofer-Zentrum für Maritime Logistik und Dienstleistungen hob in seinem Vortrag die Komplexität der Einhaltung internationaler Kollisionsverhütungsregeln (COLREG) durch autonome Schiffe hervor und präsentierte einen regelbasierten Ansatz zur Realisierung von COLREG-Konformität. Die Formalisierung der COLREG wurde ebenfalls im Vortrag von Hanna Krasowski (University of California, Berkeley, USA) thematisiert, in dem es darum ging, wie einem Reinforcement-Learning-Agenten die Einhaltung der COLREG vermittelt werden kann.

Formalisierung einer Kollisionsverhütungsregel mittels Metric Temporal Logic (MTL) (Vortrag von H. Krasowski, UC Berkeley) (Foto: Lahbib Zentari)

Nach einer Kaffeepause, die den Teilnehmenden Raum für persönlichen Austausch bot, ging es in der zweiten Hälfte des Workshops mit weiteren Vorträgen. Lars Grundhöfer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt präsentierte die kanadische R-Mode Testumgebung als Ergänzung zu GNSS-Systemen, während Tim Reuscher von der RWTH Aachen sicherheitsorientierte Steuerungs- und Navigationskonzepte für automatisierte Flussfähren vorstellte. Den Abschluss des Workshops bildete eine angeregte Diskussion zum Thema Zulassung von KI-basierten Systemen in der Schifffahrt.

Der Workshop fungiert als wichtige Plattform für den internationalen Austausch von Wissen und Innovationen, mit dem Ziel, die Sicherheit und Effizienz des Wasserstraßentransports weiter voranzutreiben. Die Teilnehmenden des diesjährigen Workshops konnten wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für sich mitnehmen. Die Workshop-Reihe soll nächstes Jahr auf der ITSC 2025 in Australien fortgesetzt werden.

Vortrag von Nicola Forti, Universität Florenz (Foto: Lahbib Zentari)

Geotechnical Engineering Challenges to Meet Current and Emerging Needs of Society – ECSMGE24

Unter diesem Titel fand das diesjährige Treffen der europäischen Geotechniker statt. Rund 1200 Personen nutzten den fachlichen Austausch in Lissabon, Portugal und nahmen an der europäischen Konferenz ECSMGE24 teil. Neben Haupt-Vorträgen (Lectures) fanden Fachvorträge in themenspezifischen Parallelsessions statt. Die BAW war mit einigen Beiträgen zu aktuellen Fragestellungen vertreten, um diese der Fachwelt zur Diskussion zu stellen. Alle Beiträge sind im Internet verfügbar: DOI 10.1201/9781003431749.

So berichtete Wolf Pfeiffer (Foto) am Beispiel der geplanten Schleuse Lüneburg über die Nachhaltigkeitsbewertung der erfolgten Baugrunderkundung und dem geplanten Schleusenbau. (DOI 10.1201/9781003431749-636).

Ulf Matthiesen stellte in seinem Beitrag dar, welchen Einfluss eine ordnungsgemäße Austauschbohrung für die Tragfähigkeit von Spundwänden im Kajenbau hat (DOI 10.1201/9781003431749-476).

Hanna Nissen präsentierte Teile ihrer Doktorarbeit zu Untersuchungen der Grundwasserströmung auf die Bohrpfahlherstellung (DOI 10.1201/9781003431749-486).

Helen Machacek legte in ihrem Beitrag dar, wie mittels neuartiger Versuchsgerätschaften für den hydraulischen Grundbruch in bindigen Böden ein Nachweisformat entwickelt werden kann (DOI 10.1201/9781003431749-486).

Martin Pohl präsentierte anhand von Untersuchungen an Seedeichen, dass diese bei guter Deichunterhaltung auch zukünftigen Klimawandelfolgen weitestgehend standhalten werden (DOI 10.1201/9781003431749-353).

Was gab es sonst, schlaglichtartig?

Ein Erdbeben (Stufe 5,3) ereignete sich in der Nacht zum ersten Tag der Konferenz. Life hack: bei Dienstreiseantritt auch hazard-maps studieren, so dass Erdbebenzonen und Tsunamirisiken bekannt sind.

Bei der opening ceremony gab es den Hinweis vom Politiker Carlos Moedas, dass mehr Ingenieure in die Politik gehen sollten. Ingenieure seien lösungsorientiert und gut darin Probleme zu erkennen, zu verhindern und auch zu lösen.

Bei vielen Vorträgen ging es darum, wie Schäden vermieden werden können; vielfach mit einem Bezug zu Klimawandelursachen, wie Starkregen. Ein Vortragender konnte Schäden aber auch etwas Positives abgewinnen, weil dies nun gute Beispiele zum Studieren seien. Also alles eine Frage der Perspektive.

Seit kurzem besteht eine Zusammenarbeit der ISSMGE mit der UN, um in Katastrophengebieten und bei gravierenden Schadensfällen mit geotechnischem Expertenwissen zu unterstützen. Die Initiative heißt: Geo-engineers without borders.

Themen, die sonst noch an Präsenz gewonnen haben, waren Aspekte zur künstlichen Intelligenz und zur probabilistischen Bemessung.

Da solche Konferenzen auch gerne für Ausschusstreffen in Person genutzt werden, hatte Martin Pohl noch ein Ausschusstreffen des TC201. Es wurde u.a. die nächste und vorherige (https://doi.org/10.53243/R0006) Ausschussveröffentlichung diskutiert. Dabei zeigte sich, dass international sehr unterschiedliche Bewertungen und Einschätzungen existieren, so dass ein Abgleich und Austausch äußerst wichtig sind.

Die Rückreise glückte diesmal auch für alle. Auf der Hinreise saßen nämlich zwei Kollegen 12 Stunden am Flughafen in Hamburg fest. …und im Flieger gab es erfreulicherweise eine zukunftsgerechte und nachhaltige (da vegetarische) Essensauswahl.

Spatenstich für die neue Schleuse Kriegenbrunn

Es ist soweit – in Kriegenbrunn beginnen die Bauarbeiten für den Ersatzneubau der neuen Sparschleuse. Dabei werden auch einige unserer Ideen und Erkenntnisse der letzten Jahre in dem 550 Millionen Euro teuren Projekt umgesetzt. Es ist schön zu sehen, dass es jetzt losgeht.

Nach langen Jahren intensiver Planung fiel am 26. Juli 24 mit einem Bürgerfest und dem offiziellen Spatenstich der Startschuss für den Ersatzneubau am Main-Donau-Kanal. Mit einem Kurzvortrag des WNA Aschaffenburg zu den Bau- und Ausgleichsmaßnahmen wurden die Anwohner*innen und Schleuseninteressierten bei Kaffee und Kuchen über das geplante Bauprojekt informiert. Tolle 3D-Modelle veranschaulichten das geplante Bauwerk.

3D-Modelle der Schleuse veranschaulichten das geplante Bauwerk beim Bürgerfest

Sie erinnerten mich sehr an unser großes Schleusenmodell in der Versuchshalle der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Dort hatten wir im Maßstab 1:25 die geplante Schleuse aufgebaut, um daran im Auftrag der WSV verschiedene hydraulische Aspekte zu untersuchen und zu optimieren. So haben wir zum Beispiel das Füllsystem im Auftrag des WNA Aschaffenburg optimiert, um den Schiffen künftig eine schnelle und gleichzeitig sichere Schleusung zu ermöglichen. Schließlich sollen hier künftig große Binnenschiffe mit tausenden Tonnen Ladung in kürzester Zeit über den Höhenunterschied von 18,30 Metern geschleust werden.

Für die Optimierung des Füllsystems haben meine Kollegen und ich sehr viele Stunden mit Tests am Schleusenmodell in der Halle, aber auch mit numerischen Simulationen an unseren Hochleistungsrechnern verbracht. Das erarbeitete Füllsystem, bestehend aus drei Sparbecken, einem Grundlauf und weit über 100 runden Fülldüsen in der Sohle der Schleuse, ermöglicht einen ruhigen und schnellen Füllvorgang. Gleichzeitig wurde auf eine gute Zugänglichkeit geachtet, sodass Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten einfach durchgeführt werden können.

In voraussichtlich acht Jahren können wir dann sehen, wie die ersten Schiffe schnell und sicher durch das neue Bauwerk geschleust werden. Ich bin schon gespannt darauf den Schleusungsvorgang von der Schleusenplanie aus zu beobachten. Bis dahin wünsche ich den verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen einen möglichst reibungsfreien Bauabauf!

Wer noch mehr wissen will, findet die Projektinformationen der WSV hier: https://www.schleuse-kriegenbrunn.wsv.de/Webs/Projektseite/Schleuse-Kriegenbrunn/DE/01_Startseite/startseite_node.html

Den Schalk im Nachen

Perspektivwechsel können durchaus lehrreich sein. In diesem Sinne hat sich am 13. Juni eine kleine Gruppe aus dem BAW-Kollegium in Richtung Germersheim aufgemacht, um den Rhein zu genießen. Nicht mit dem wohl eher üblichen Blick vom Ufer auf den Fluss, sondern genau umgekehrt: Mit dem E-Nachen ging es auf den Lingenfelder Altrhein. Unser Guide war in bewährter Manier der Biologe Harald Jonitz.

Bei relativ hohem Wasserstand (Pegel Maxau 13.06.24 18:00: 710 cm, Tendenz fallend) war der Großteil der Auen überströmt. Besonders beeindruckend waren die komplexen Strömungsverhältnisse, die sich aus dem Wechselspiel zwischen Hauptstrom und Nebenstrom über die verschiedenen Anbindungen zum Lingenfelder Altrhein sowie zum Schwarzwald-Baggersee ergeben: Vom Hauptstrom drückte noch so viel Wasser durch den unterstromigen Mündungsbereich des Altrheins in den Baggersee, dass der Abfluss im restlichen Altrhein blockiert war. Lokale Aufwallungen trüben Wassers aus dem Hauptstrom im klaren Wasser des Altrheins, Uferabbrüche, Verwirbelungen bis hin zu Strudeln und die teils sehr hohen Strömungsgeschwindigkeiten unterstrichen, dass Auen ein Bereich ausgeprägter Dynamiken sein können.

Auch wenn wir leider schon wieder erfolglos bei der Suche nach der verschwundenen Lok und dem Rheingold waren, konnten wir unmittelbar und somit besonders beeindruckend das System Fluss erleben. Danke, Harry, für die wieder mal sehr schöne Exkursion!

Dank fürs Mitschreiben und Gegenlesen geht an Eduard Schäfer, Katharina Stickl, Peter Servouse und Sophia Peschko.

Aufnahmen: Steilwand: Peter Servouse (bei dieser Aufnahme handelt es sich zudem um den weltweit ersten Foto-Nachweis des Oberrheinischen Auen-Zwergelchs), überfluteter Weg: Eduard Schäfer, restliche Fotos: Martin Hämmerle

BAWKolloquium 2024 – Projekte und Entwicklungen für aktuelle Fragestellungen im Küstenwasserbau

Großes Zusammentreffen der Küsten-Community in Hamburg! Die BAW lud am 04.06.2024 zum Kolloquium in der katholischen Akademie ein und es kamen mehr als 100 Interessierte aus Forschung, Praxis und Verwaltung. Die schon aus vergangenen Kolloquien bewährte Location bot einen idealen Rahmen für Vorträge von BAW- und externen Fachleuten sowie für lebhafte Diskussionen in den Pausen.

Die Themen konzentrierten sich insbesondere auf:

  • Anpassungsmaßnahmen an Ästuaren mit Fokus auf Klimawandelfolgen
  • Flexibles und nachhaltiges Sedimentmanagement
  • Überprüfung der Befahrbarkeit der Flüssigschlickschicht

Erstmals gab es die Möglichkeit, handschriftlich oder online per Slido-Umfrage, Anregungen zu geben, mit welchen Themen sich die BAW in Zukunft vermehrt auseinandersetzen soll. Am Ende der Veranstaltung wurden die Rückmeldungen in einer Podiumsdiskussion weiter bewertet. Unter Moderation von Abteilungsleiter Holger Rahlf beteiligten sich hochrangige Vertreter der WSV, GDWS, BMDV sowie der Präsident der BAW Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Christoph Heinzelmann. Dabei wurde die BAW als „fachkundiger Sparringspartner“ für die WSV hervorgehoben. Zukünftige Themenfelder wie optimiertes Sedimentmanagement, Klimawandel, KI-Einsatz im Prognosebereich und automatisierte Schiffsführung wurden angeregt.

Die Vorträge können online unter folgender Adresse eingesehen werden:

https://www.baw.de/de/publikationen/tagungsbaende/tagungsbaende.html

Wir danken allen Mitwirkenden für die interessanten Vorträge, die anregenden Diskussionen und die hervorragende Organisation!

Was verbindet Kreativität und Forschung?

Deutscher Pavillon, 60th International Art Exhibition – La Biennale di Venezia
Michael Akstaller
Foto: Nick Ash

Michael Akstaller ist Künstler und Wissenschaftler. Er hat in der BAW und BfG geforscht und ist nun als einer von sechs Künstlern im deutschen Pavillon der Biennale Venedig vertreten.

Im Gespräch mit der BAW erzählt er von der Faszination des Experimentierens – in der Wissenschaft sowie in der Kunst: „Die Arbeit in der BAW und die Kollegen haben mich immer wieder ermuntert, Dinge auszuprobieren.“

Akstaller untersuchte im Rahmen von diversen Forschungsarbeiten Sedimentbewegungen in Flüssen und die Einflüsse von menschgemachtem Unterwasserschall auf das Wanderverhalten von Fischen. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich mit Beziehungen zwischen Klang und Raum, Bewegung und Performance.

Thresholds
Für den deutschen Beitrag zur 60. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di
Venezia hat die Kuratorin Çağla Ilk die Künstler*innen Michael Akstaller, Yael
Bartana, Robert Lippok, Ersan Mondtag, Nicole L’Huillier und Jan St. Werner
eingeladen, unter dem Titel Thresholds den Umgang mit Schwellen, Stufen und Grenzen
zu suchen.
 
Erstmals bewegt sich die Ausstellung des Deutschen über die Grenzen des Pavillongebäudes in den Giardini della Biennale hinaus auf die benachbarte Insel La Certosa. Dort haben vier Künstler ihre Installationen aufgebaut – unter anderem Michael Akstaller.  Seine Installation „Scattered by the trees (Von den Bäumen verstreut)“ befasst sich mit der akustischen Eigenheit von Wäldern und Baumgruppen. Auf einer Lichtung hat er zwei Cones installiert, die Signale in Richtung der umstehenden Bäume senden, um die Weiterleitungseffekte wahrnehmbar zu machen. Bäume leiten die Frequenzen der Tiere weiter, obwohl sie keine eigenen Rezeptoren haben. Das macht sich die Klang-Installation zum Thema.

Weitere Informationen zum Deutschen Pavillon und den ausstellenden Künstlern gibt’s hier: https://deutscher-pavillon.org/de

Interview

BAW: Welche Geräusche hörst du gerade?
Michael Akstaller: Tatsächlich hat vor einiger Zeit eine Baumaßnahme neben meinem Atelier begonnen. Ich höre bzw. fühle gerade Schwingungen von einer Verdichtungswalze. Die Fenster sind zu;  es ist ansonsten also recht ruhig hier.

BAW: Wie kam es zu der Idee Klang-Installationen zu machen und was hat die Wissenschaft damit zu tun?
Michael Akstaller: Ich glaube es ist dabei wie mit so vielem im Leben, die Dinge führen von Einem ins Nächste. Ich bin von meinem Studium an der Kunstakademie in das Thema Klang eingetaucht und seitdem untersuche ich sämtliche Facetten von Sound. Meine Arbeiten sind dabei meistens sehr ortsspezifisch. Die Form innerhalb der Ausstellung ergibt sich eigentlich immer relativ zum Schluss, wenn ich das Thema gefunden habe, wenn ich die Umgebung zu verstehen beginne. Natürlich fasse ich Pläne und formuliere meine Vorstellungen, aber bis jetzt gab es bei all meinen Arbeiten eine Veränderung später im Prozess, die das Ergebnis maßgeblich geprägt hat. Diese Freiheit oder Flexibilität innerhalb der Suche kenne ich bis jetzt eigentlich nur aus dem wissenschaftlichen Arbeiten. Genauer, eigentlich aus den Labor- und Feldversuchen, die ich bisher begleiten durfte. Darin war eben nicht das Ziel ein Endprodukt zu schaffen, sondern Systeme zu verstehen und ein Prozessverständnis zu erlangen mit dem man – ganz klar – auch ein Ergebnis beeinflussen kann. Ich glaube es ist wie die Frage, ob am Schluss etwas auf dem Tisch liegen soll, was man bestellt hat, einen dabei aber wenig überrascht, oder ob man sich auf Experimente einlässt.

BAW: Die Überwindung von den Schwellen ist ja nicht nur Thema der Biennale sondern zeigt sich bestimmt auch zwischen Kunst und Wissenschaft. Wie forschend ist Kunst und wie kreativ ist Forschung?
Michael Akstaller: Ich glaube, dass künstlerische Arbeit erst anfängt relevant zu werden, wenn sie forschend ist. Und das meine ich nicht zwangsweise im naturwissenschaftlichen Sinne, aber auch. Künstler*innen der letzten Jahrhunderte waren immer getrieben durch Neugierde, optische, akustische, sozialwissenschaftliche Forschung, etc. Nehmen wir mal als Beispiel die Stilrichtung des Pointillismus. Aus heutiger Perspektive sind die aus einzelnen Farbpunkten zusammengesetzten Bilder vielleicht nichts mehr Besonderes, oder einfach „nur“ schön. Aus technologischem Blick heraus, könnte man die Werke als frühe Studie zu Monitoren sehen, deren Funktionsweise heute in jedem Smartphone oder als Sensor in jeder Kamera steckt. Fragen zu Auflösung, visueller Farbmischung, Entfernung von Betrachtern zum Bildträger, Bildkörnung, bis hin zu optischem Rauschen stecken alle in diesen Bildern. Die Künstler*innen von damals konnten mit diesen einzelnen Pixeln ganze Welten erschaffen, weil sie forschten, wie viele und welche Farbpunkte man brauchte um in der menschlichen Wahrnehmung ein Bild zu konstruieren. Das wird jetzt wieder relevant, wenn wir uns von anderen Systemen Bilder erschaffen lassen wollen. Eine AI muss das auch erstmal lernen.

Wir sollten die Kunst davon befreien, nur auf ihre Schönheit reduziert zu werden. Sie verzahnt sich viel intensiver in den wissenschaftlichen Diskurs als im allgemeinen angenommen. Meistens fehlt es an gemeinsamen Sprachen, um die Informationen gegenseitig teilen zu können. Kommunikation ist letztendlich eine der Grundvoraussetzungen für Interdisziplinarität. Diese Notwendigkeit fällt mir in meinen Arbeiten auch immer wieder auf. Da ich das Vergnügen hatte, neben der bildenden Kunst auch ein ingenieurwissenschaftliches Studium zu absolvieren, kann ich hier Brücken schlagen. Ich bemühe mich auch immer zu übersetzen. Die spannendsten Gespräche über Kunst habe ich mit Naturwissenschaftler*innen, aber das nur so am Rande. Wie forschend die Kunst ist, gilt glaube ich im Umkehrschluss genauso für die Kreativität in der Forschung. In meiner Zeit an der BAW war ich fasziniert vom kreativen Potential der gemeinsamen Arbeit an den physikalischen Flussmodellen. Sehr beeindruckt bin ich nach wie vor von der direkten Wirksamkeit von Einbauten. Ein Ziegelstein ins Modell gelegt, verändert ein komplettes System binnen Sekunden. Wir konnten damals beobachten, dass dieser Ziegelstein die Orientierung eines ganzen Wirbelsystems umgedreht hatte, was letztendlich unsere Probleme mit dem Sedimenteintrag in eine Kanalmündung verhindert hatte. Nimmt man den Stein wieder raus, dreht sich der Wirbel wieder zurück. Dieses Experimentieren ist Kreativität, nichts anderes machen Künstler auf der Leinwand.

BAW: Was sind deine Ziele als Künstler und wohin geht die Reise als Wissenschaftler?
Michael Akstaller: Ich versuche nächstes Jahr ein größeres Projekt zu starten, in dem ich in Fließgewässern akustische Phänomene untersuchen kann. Insbesondere die Klangausbreitung in Wechselwirkung mit Gewässerströmungen interessiert mich. Die Schallausbreitung unter Wasser wird maßgeblich über die Sohle, die Sohlform und die Wassertiefe bestimmt. In Meeren mit sehr viel größeren Wassertiefen gibt es dafür einige Untersuchungen, an Flüssen eher weniger, obwohl meistens die morphologischen Parameter bekannt sind. Es fehlen lediglich ein paar akustische Messungen und man könnte Korrelationen untersuchen. Ich halte gerade Ausschau nach Partnerinstitutionen, die mich eventuell mit Messtechnik unterstützen könnten. Es bleibt also spannend.

Vielen Dank, dass du dir Zeit für ein Gespräch genommen hast!