Naturmessung am Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster gestartet

Für die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit baut die WSV Fischaufstiegsanlagen zur Überwindung von Wanderhindernissen, wie z. B. Wehren. Neben Schlitzpässen, einer Betonbauweise mit senkrechten Wänden, werden an Wasserstraßen mit ausreichendem Platz und geringen Nutzungskonflikten naturähnlichere Raugerinne geplant. Diese bestehen dabei häufig aus mehreren aufeinanderfolgenden Querriegeln aus Steinen, welche den Höhenunterschied des Wanderhindernisses schrittweise abbauen. Durchgangsöffnungen in den Riegeln ermöglichen auch den größten in den Gewässern lebenden Fischen und Neunaugen den Aufstieg. Doch wie genau wirken sich Raugerinne auf die Wasserspiegellagen im Oberwasser aus? Die Strömungsbedingungen sind aufgrund der unregelmäßigen Riegelsteine sowie den Durchgangsöffnungen komplex und mit einfachen Methoden nur überschlagsweise beschreibbar. Die Wasserspiegel im Oberwasser sind jedoch im Rahmen des Genehmigungsprozesses oft für das gesamte Abflussspektrum, insbesondere zum Nachweis der Hochwasserneutralität nachzuweisen. Ein Forschungsprojekt der BAW widmet sich nun dieser spannenden Fragestellung.

Erste Berechnungsansätze wurden bereits mit Modellen an der BAW entwickelt und sollen nun anhand von Messdaten in der Natur validiert werden. Hierfür wurde kürzlich ein Raugerinne bei Unterbreizbach an der Ulster mit sechs Druckmessdosen ausgestattet. Diese werden in den kommenden Monaten den Wasserspiegel im Oberwasser, in den Becken und im Unterwasser des Raugerinnes messen.

Eine wertvolle Abwechslung zu Büro und Halle – gut gelaunte BAW-Mitarbeitende bei der Naturmessung an der Ulster

Zwar handelt es sich bei der Ulster um keine Bundeswasserstraße, aber die Bedingungen in dem etwa 15 m breiten und 80 m langem Raugerinne sind ideal für eine Naturmessung: die Riegel wurden mit etwa 1 m-breiten Durchgangsöffnungen und einer Wasserspiegeldifferenz von etwa 0,10 m nach dem Stand der Technik gebaut und weisen gute Voraussetzungen für hiesige Fischwanderungen auf.

Das 2021 errichtete Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster

Das Raugerinne wurde gebaut, um die ehemals feste Wehrschwelle zu ersetzen und ökologisch durchgängig zu machen. An dieser Stelle vielen Dank an allen Beteiligten für die freundliche Unterstützung unseres Forschungsvorhabens!

Frau Kalla von der K+S (rechts) und BAW Mitarbeitende am Messstandort der Ulster

Wir sind gespannt, ob der Winter eine Hochwasserwelle durch die Ulster schickt und somit wertvolle Messdaten für zukünftige WSV-Planungen erhoben werden können!

Workshop on Intelligent and Automated Waterway Transportation auf der IEEE ITSC 2024 in Kanada

Panoramablick vom Edmonton Convention Center (Veranstaltungsort der IEEE ITSC 2024) (Foto: Lahbib Zentari)

Am 24. September 2024 fand im Rahmen der 27. IEEE International Conference on Intelligent Transportation Systems (ITSC) in Edmonton, Kanada, der dritte Workshop zum Thema „Intelligenter und automatisierter Wasserstraßentransport“ statt, der in diesem Jahr von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) (vertreten durch Jannis Daubner, Kathrin Donandt und Lahbib Zentari, W4) mitorganisiert und gesponsert wurde. Das Event erwies sich als äußerst spannend und bot Gelegenheit für den intensiven Austausch zwischen Forschenden aus den Bereichen Automatisierung in der Binnen- und maritimen Schifffahrt.

Den Auftakt bildete der Keynote-Vortrag von Lahbib Zentari (BAW), der mit seiner Präsentation über die Potenziale von KI-Tools zur Bewertung der Navigationssicherheit auf deutschen Binnenwasserstraßen den Nachmittag eröffnete. Die eingeladenen Expertinnen und Experten boten daraufhin Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte, die intensive Gespräche und Diskussionen anregten. Nicola Forti von der Universität Florenz sprach über den Fortschritt intelligenter maritimer Systeme und die Herausforderungen bei der Vorhersage von Schiffsbewegungen sowie der Erkennung von Anomalien. Paul Koch vom Fraunhofer-Zentrum für Maritime Logistik und Dienstleistungen hob in seinem Vortrag die Komplexität der Einhaltung internationaler Kollisionsverhütungsregeln (COLREG) durch autonome Schiffe hervor und präsentierte einen regelbasierten Ansatz zur Realisierung von COLREG-Konformität. Die Formalisierung der COLREG wurde ebenfalls im Vortrag von Hanna Krasowski (University of California, Berkeley, USA) thematisiert, in dem es darum ging, wie einem Reinforcement-Learning-Agenten die Einhaltung der COLREG vermittelt werden kann.

Formalisierung einer Kollisionsverhütungsregel mittels Metric Temporal Logic (MTL) (Vortrag von H. Krasowski, UC Berkeley) (Foto: Lahbib Zentari)

Nach einer Kaffeepause, die den Teilnehmenden Raum für persönlichen Austausch bot, ging es in der zweiten Hälfte des Workshops mit weiteren Vorträgen. Lars Grundhöfer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt präsentierte die kanadische R-Mode Testumgebung als Ergänzung zu GNSS-Systemen, während Tim Reuscher von der RWTH Aachen sicherheitsorientierte Steuerungs- und Navigationskonzepte für automatisierte Flussfähren vorstellte. Den Abschluss des Workshops bildete eine angeregte Diskussion zum Thema Zulassung von KI-basierten Systemen in der Schifffahrt.

Der Workshop fungiert als wichtige Plattform für den internationalen Austausch von Wissen und Innovationen, mit dem Ziel, die Sicherheit und Effizienz des Wasserstraßentransports weiter voranzutreiben. Die Teilnehmenden des diesjährigen Workshops konnten wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für sich mitnehmen. Die Workshop-Reihe soll nächstes Jahr auf der ITSC 2025 in Australien fortgesetzt werden.

Vortrag von Nicola Forti, Universität Florenz (Foto: Lahbib Zentari)

Geotechnical Engineering Challenges to Meet Current and Emerging Needs of Society – ECSMGE24

Unter diesem Titel fand das diesjährige Treffen der europäischen Geotechniker statt. Rund 1200 Personen nutzten den fachlichen Austausch in Lissabon, Portugal und nahmen an der europäischen Konferenz ECSMGE24 teil. Neben Haupt-Vorträgen (Lectures) fanden Fachvorträge in themenspezifischen Parallelsessions statt. Die BAW war mit einigen Beiträgen zu aktuellen Fragestellungen vertreten, um diese der Fachwelt zur Diskussion zu stellen. Alle Beiträge sind im Internet verfügbar: DOI 10.1201/9781003431749.

So berichtete Wolf Pfeiffer (Foto) am Beispiel der geplanten Schleuse Lüneburg über die Nachhaltigkeitsbewertung der erfolgten Baugrunderkundung und dem geplanten Schleusenbau. (DOI 10.1201/9781003431749-636).

Ulf Matthiesen stellte in seinem Beitrag dar, welchen Einfluss eine ordnungsgemäße Austauschbohrung für die Tragfähigkeit von Spundwänden im Kajenbau hat (DOI 10.1201/9781003431749-476).

Hanna Nissen präsentierte Teile ihrer Doktorarbeit zu Untersuchungen der Grundwasserströmung auf die Bohrpfahlherstellung (DOI 10.1201/9781003431749-486).

Helen Machacek legte in ihrem Beitrag dar, wie mittels neuartiger Versuchsgerätschaften für den hydraulischen Grundbruch in bindigen Böden ein Nachweisformat entwickelt werden kann (DOI 10.1201/9781003431749-486).

Martin Pohl präsentierte anhand von Untersuchungen an Seedeichen, dass diese bei guter Deichunterhaltung auch zukünftigen Klimawandelfolgen weitestgehend standhalten werden (DOI 10.1201/9781003431749-353).

Was gab es sonst, schlaglichtartig?

Ein Erdbeben (Stufe 5,3) ereignete sich in der Nacht zum ersten Tag der Konferenz. Life hack: bei Dienstreiseantritt auch hazard-maps studieren, so dass Erdbebenzonen und Tsunamirisiken bekannt sind.

Bei der opening ceremony gab es den Hinweis vom Politiker Carlos Moedas, dass mehr Ingenieure in die Politik gehen sollten. Ingenieure seien lösungsorientiert und gut darin Probleme zu erkennen, zu verhindern und auch zu lösen.

Bei vielen Vorträgen ging es darum, wie Schäden vermieden werden können; vielfach mit einem Bezug zu Klimawandelursachen, wie Starkregen. Ein Vortragender konnte Schäden aber auch etwas Positives abgewinnen, weil dies nun gute Beispiele zum Studieren seien. Also alles eine Frage der Perspektive.

Seit kurzem besteht eine Zusammenarbeit der ISSMGE mit der UN, um in Katastrophengebieten und bei gravierenden Schadensfällen mit geotechnischem Expertenwissen zu unterstützen. Die Initiative heißt: Geo-engineers without borders.

Themen, die sonst noch an Präsenz gewonnen haben, waren Aspekte zur künstlichen Intelligenz und zur probabilistischen Bemessung.

Da solche Konferenzen auch gerne für Ausschusstreffen in Person genutzt werden, hatte Martin Pohl noch ein Ausschusstreffen des TC201. Es wurde u.a. die nächste und vorherige (https://doi.org/10.53243/R0006) Ausschussveröffentlichung diskutiert. Dabei zeigte sich, dass international sehr unterschiedliche Bewertungen und Einschätzungen existieren, so dass ein Abgleich und Austausch äußerst wichtig sind.

Die Rückreise glückte diesmal auch für alle. Auf der Hinreise saßen nämlich zwei Kollegen 12 Stunden am Flughafen in Hamburg fest. …und im Flieger gab es erfreulicherweise eine zukunftsgerechte und nachhaltige (da vegetarische) Essensauswahl.

Baustellenexkursion zum längsten Absenktunnel der Welt

Motiviert durch den Einsatz von Fertigteilen im Schleusenkammerbau besuchte die Projekt- und Lenkungsgruppe des Forschungs- und Entwicklungsprojekts (FuE) sowie weitere Teilnehmende der BAW und WSV am 02. Juli die Tunnelbaustelle Fehmarn-Belt auf dänischer Seite. Um in Zukunft in
2,5 h mit dem Zug von Hamburg nach Kopenhagen reisen zu können, wird der planmäßig 18 km lange Absenktunnel bestehend aus Fertigteilelementen bis 2029 erstellt.

In der Tunnelfabrik, die so groß ist, dass man sie leicht auf Google Maps findet, werden insgesamt 89 Fertigteil-Elemente mit einer Länge von 217 m und einem Gewicht von mindestens 73.000 Tonnen hergestellt. Im Vergleich zu den im FuE geplanten Geometrien und Tonnagen der Fertigteile übersteigt das Tunnelprojekt unsere Dimensionen bei weitem. Spannende Fragen ergaben sich daher insbesondere hinsichtlich der Baustoffe mit Dauerhaftigkeitsanforderungen, der Fertigungstoleranzen und der Sicherstellung der Wasserdichtigkeit.

Am Fährhafen in Puttgarden wurde die Gruppe freundlich von Mitarbeitern der Femern A/S empfangen und gemeinsam fuhren wir die bisher nur von Schiffen bediente Strecke nach Rødbyhavn. Dort angekommen gab es zunächst einführende Vorträge bei denen bereits fachlicher Austausch zu spannenden Details begann. Weiter ging es dann per Kleinbus über das Gelände der Tunnelfabrik.

Die Fertigteile werden in drei Hallen hergestellt. Ein Element besteht dabei aus neun in Folge betonierten Teilsegmenten. Auf Schienen werden die Elemente aus den Hallen herausgeschoben, bis sie die Ziellänge erreicht haben. Die Teilelemente werden untereinander vorgespannt und in folgenden Produktionsprozessen jeweils an den Kopfenden mit Stahlschotten geschlossen um die Schwimmfähigkeit gemeinsam mit temporär seitlich angebrachten Schwimmkörpern sicherzustellen. Das fertige Element wird über Schienen in ein vor der Halle befindliches Arbeitsbecken geschoben und durch Flutung dieses zum Schwimmen gebracht. Schließlich kann es aus dem Arbeitshafen an seine Zielposition verschifft und abgesenkt werden.

Uns wurde die Möglichkeit gegeben in eine Fertigungshalle zu blicken und die vorbereiteten Bewehrungsarbeiten sowie ein kürzlich betoniertes Segment in Schalung zu sehen. Die nicht abnehmenden Fragen an die Mitarbeiter der Femern A/S zeigten deutlich das Interesse und die Begeisterung für das Großprojekt. Alle Fragen wurden offen aufgenommen, es entstand ein lebhafter Dialog mit den Kollegen von Femern A/S und den angereisten Kollegen. Dabei konnten bereits verschiedene Synergien zum laufenden FuE erkannt werden, was unser Projekt entsprechend bereichert. Wir verfolgen das Tunnelprojekt weiter und wollen mit den Kollegen im Austausch bleiben. Der fachliche Austausch wurde bereits jetzt von beiden Seiten sehr geschätzt.

Weitere Informationen und aktuelles können der Projekthomepage entnommen werden: https://femern.com/de/.

Spatenstich für die neue Schleuse Kriegenbrunn

Es ist soweit – in Kriegenbrunn beginnen die Bauarbeiten für den Ersatzneubau der neuen Sparschleuse. Dabei werden auch einige unserer Ideen und Erkenntnisse der letzten Jahre in dem 550 Millionen Euro teuren Projekt umgesetzt. Es ist schön zu sehen, dass es jetzt losgeht.

Nach langen Jahren intensiver Planung fiel am 26. Juli 24 mit einem Bürgerfest und dem offiziellen Spatenstich der Startschuss für den Ersatzneubau am Main-Donau-Kanal. Mit einem Kurzvortrag des WNA Aschaffenburg zu den Bau- und Ausgleichsmaßnahmen wurden die Anwohner*innen und Schleuseninteressierten bei Kaffee und Kuchen über das geplante Bauprojekt informiert. Tolle 3D-Modelle veranschaulichten das geplante Bauwerk.

3D-Modelle der Schleuse veranschaulichten das geplante Bauwerk beim Bürgerfest

Sie erinnerten mich sehr an unser großes Schleusenmodell in der Versuchshalle der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Dort hatten wir im Maßstab 1:25 die geplante Schleuse aufgebaut, um daran im Auftrag der WSV verschiedene hydraulische Aspekte zu untersuchen und zu optimieren. So haben wir zum Beispiel das Füllsystem im Auftrag des WNA Aschaffenburg optimiert, um den Schiffen künftig eine schnelle und gleichzeitig sichere Schleusung zu ermöglichen. Schließlich sollen hier künftig große Binnenschiffe mit tausenden Tonnen Ladung in kürzester Zeit über den Höhenunterschied von 18,30 Metern geschleust werden.

Für die Optimierung des Füllsystems haben meine Kollegen und ich sehr viele Stunden mit Tests am Schleusenmodell in der Halle, aber auch mit numerischen Simulationen an unseren Hochleistungsrechnern verbracht. Das erarbeitete Füllsystem, bestehend aus drei Sparbecken, einem Grundlauf und weit über 100 runden Fülldüsen in der Sohle der Schleuse, ermöglicht einen ruhigen und schnellen Füllvorgang. Gleichzeitig wurde auf eine gute Zugänglichkeit geachtet, sodass Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten einfach durchgeführt werden können.

In voraussichtlich acht Jahren können wir dann sehen, wie die ersten Schiffe schnell und sicher durch das neue Bauwerk geschleust werden. Ich bin schon gespannt darauf den Schleusungsvorgang von der Schleusenplanie aus zu beobachten. Bis dahin wünsche ich den verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen einen möglichst reibungsfreien Bauabauf!

Wer noch mehr wissen will, findet die Projektinformationen der WSV hier: https://www.schleuse-kriegenbrunn.wsv.de/Webs/Projektseite/Schleuse-Kriegenbrunn/DE/01_Startseite/startseite_node.html

Den Schalk im Nachen

Perspektivwechsel können durchaus lehrreich sein. In diesem Sinne hat sich am 13. Juni eine kleine Gruppe aus dem BAW-Kollegium in Richtung Germersheim aufgemacht, um den Rhein zu genießen. Nicht mit dem wohl eher üblichen Blick vom Ufer auf den Fluss, sondern genau umgekehrt: Mit dem E-Nachen ging es auf den Lingenfelder Altrhein. Unser Guide war in bewährter Manier der Biologe Harald Jonitz.

Bei relativ hohem Wasserstand (Pegel Maxau 13.06.24 18:00: 710 cm, Tendenz fallend) war der Großteil der Auen überströmt. Besonders beeindruckend waren die komplexen Strömungsverhältnisse, die sich aus dem Wechselspiel zwischen Hauptstrom und Nebenstrom über die verschiedenen Anbindungen zum Lingenfelder Altrhein sowie zum Schwarzwald-Baggersee ergeben: Vom Hauptstrom drückte noch so viel Wasser durch den unterstromigen Mündungsbereich des Altrheins in den Baggersee, dass der Abfluss im restlichen Altrhein blockiert war. Lokale Aufwallungen trüben Wassers aus dem Hauptstrom im klaren Wasser des Altrheins, Uferabbrüche, Verwirbelungen bis hin zu Strudeln und die teils sehr hohen Strömungsgeschwindigkeiten unterstrichen, dass Auen ein Bereich ausgeprägter Dynamiken sein können.

Auch wenn wir leider schon wieder erfolglos bei der Suche nach der verschwundenen Lok und dem Rheingold waren, konnten wir unmittelbar und somit besonders beeindruckend das System Fluss erleben. Danke, Harry, für die wieder mal sehr schöne Exkursion!

Dank fürs Mitschreiben und Gegenlesen geht an Eduard Schäfer, Katharina Stickl, Peter Servouse und Sophia Peschko.

Aufnahmen: Steilwand: Peter Servouse (bei dieser Aufnahme handelt es sich zudem um den weltweit ersten Foto-Nachweis des Oberrheinischen Auen-Zwergelchs), überfluteter Weg: Eduard Schäfer, restliche Fotos: Martin Hämmerle

Teamevent am Standort Hamburg Rissen – Ein voller Erfolg

Am 7. Juni 2024 fand am BAW-Standort Hamburg Rissen von der Abteilung Wasserbau im Küstenbereich ein referatsübergreifendes Teamevent mit Onboarding statt – ein Event, das nicht nur den Mitarbeitenden und ehemaligen Kolleginnen und Kollegen zum fachlichen Austausch diente, sondern auch deren Familien und Freunden die Möglichkeit bot, einen Einblick in die Aufgaben der BAW und deren Beschäftigten zu erhalten.

Der Veranstaltungstag begann vormittags mit dem Onboarding, das sich an alle Beschäftigten richtete, die vor kürzerer Zeit bei der BAW angefangen haben zu arbeiten. Dies war eine optimale Gelegenheit, über die eigene Projektarbeit hinaus einiges über die wichtigen Aufgabenfelder der BAW, deren Relevanz und Herausforderungen der nächsten Jahre zu erfahren.

Begleitet von Kaffee und einem reichhaltigen Kuchenbuffet öffneten nachmittags der Vortragssaal, die Informationsstände und die Mitmach-Stationen für alle Beschäftigten und deren Familien und Freunde. Alle Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, Einblicke in die Aufgabenbereiche und Projekte der Referate zu gewinnen, sich fachlich auszutauschen und sich in Form von interaktiven Programmpunkten unseren Themenfeldern zu nähern. Das Programm zeigte die Vielfalt und Signifikanz unserer täglichen Arbeit im Wasserbau an der Küste auf.

Impressionen aus dem Küsteningenieurwesen erhielt man unter anderem über Versuche und Vorträge in der Wasserbauhalle. Dabei wurde erklärt, inwiefern es Forschungsbedarf bei Bodenformen in Ästuaren gibt und wie man eigentlich eine Welle in einer Strömungsrinne erzeugen kann. Im großen Schiffswellenbecken konnte beobachtet werden, wie die Schiffsmodelle bei Manöverfahrten ihre Kreise drehen. Wer schon immer einmal hinter dem Steuer eines Containerschiffs stehen wollte, hatte die Gelegenheit, sich über den Schiffsführungssimulator beim Manövrieren im Hamburger Hafen zu testen.

Einblicke in die Aufgaben der Geotechnik erhielt man unter anderem über Informationsstände und Vorträge zu Themen wie der Messtechnik, dem Geotechnischen Labor, Offshore-Windparks, den Bau der Levensauer Hochbrücke und einer Grundwassermessstelle. Wie beindruckend groß die Dimensionen eines Monopiles und die Bohrtiefe bei Baugrunderkundungen sind, konnte man anhand von anschaulichen Kreidezeichnungen auf dem Gelände nachvollziehen.

Die Referate der Ästuarsysteme weckten unter anderem das Interesse über die Informationsstände zum Verständnis und der Prognose hydro- und morphodynamischer Prozesse in den Tideflüssen und zum BAW-Datenfinder. Am Klimawandelstand konnte man sein Expertenwissen im Rahmen eines Quiz beweisen und beim interaktiven Stand zur Strömungssimulation erste Erfolge bei der numerischen Modellierung erzielen. Vorträge über den Wasserbau an der Ostsee und über die Zukunft der Eider zogen neben dem Vortrag „Die BAW – ein Überblick“ interessierte Gäste in den Vortragssaal.

Bei den jüngeren Gästen war definitiv die Spielewelt mit Wasserbau zum Anfassen und Erleben ein absoluter Renner: Ob mit Boot in der Spielwasserbahn oder mit Cityroller durch das Fahrwasser und unter Wasserfällen hindurch vom Sportboothafen zum Containerterminal fahren – für alle war etwas dabei. Ein weiteres Highlight als Abschluss des fachlichen Programms stellte das Bötchenrennen dar, an dem sowohl Klein als auch Groß mit einem im Laufe des Nachmittags gebastelten Bötchen um die Wette fahren konnten. Innerhalb zweier Wettfahrten ging es für die Flotte über die Startlinie an mehreren kleineren Hindernissen der Strömungsrinne vorbei. Wer als Erstes über die Ziellinie kam, hat sich mit Sicherheit für eine potentielle Karriere in der Schiffstechnik der BAW qualifiziert und konnte sich über einen BAW-Artikel freuen (falls man sich nicht am Glücksrad schon zum Glück gedreht hatte). Zufrieden und gegebenenfalls etwas überflutet von den vielen neuen Eindrücken und Informationen wurde ab 17 Uhr der Grill angeschmissen und wir ließen den Tag langsam ausklingen.

Wir haben einen Tag voller spannender Aktivitäten, lehrreicher Vorträge, fachlichen Gesprächen und gemeinschaftlichem Beisammensein verbracht. Die erfolgreiche Durchführung des Teamevents war nur durch das Engagement und die tatkräftige Mithilfe vieler Kolleginnen und Kollegen möglich, die bei der Organisation, der Programmerarbeitung, der Durchführung und dem Auf- und Aufbau involviert waren. Die hohe Teilnehmendenzahl von rund 200 Personen und das positive Feedback zeugen davon, dass diese Veranstaltung ein voller Erfolg war und den Teilnehmenden noch lange in Erinnerung bleiben wird. Abschließend lässt sich sagen, dass das Teamevent nicht nur eine Gelegenheit war, unsere Arbeit und Projekte vorzustellen und sich über die Referate hinweg fachlich auszutauschen, sondern auch den Teamgeist innerhalb unserer Abteilung zu stärken. Vielen Dank an alle!

BAWKolloquium 2024 – Projekte und Entwicklungen für aktuelle Fragestellungen im Küstenwasserbau

Großes Zusammentreffen der Küsten-Community in Hamburg! Die BAW lud am 04.06.2024 zum Kolloquium in der katholischen Akademie ein und es kamen mehr als 100 Interessierte aus Forschung, Praxis und Verwaltung. Die schon aus vergangenen Kolloquien bewährte Location bot einen idealen Rahmen für Vorträge von BAW- und externen Fachleuten sowie für lebhafte Diskussionen in den Pausen.

Die Themen konzentrierten sich insbesondere auf:

  • Anpassungsmaßnahmen an Ästuaren mit Fokus auf Klimawandelfolgen
  • Flexibles und nachhaltiges Sedimentmanagement
  • Überprüfung der Befahrbarkeit der Flüssigschlickschicht

Erstmals gab es die Möglichkeit, handschriftlich oder online per Slido-Umfrage, Anregungen zu geben, mit welchen Themen sich die BAW in Zukunft vermehrt auseinandersetzen soll. Am Ende der Veranstaltung wurden die Rückmeldungen in einer Podiumsdiskussion weiter bewertet. Unter Moderation von Abteilungsleiter Holger Rahlf beteiligten sich hochrangige Vertreter der WSV, GDWS, BMDV sowie der Präsident der BAW Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Christoph Heinzelmann. Dabei wurde die BAW als „fachkundiger Sparringspartner“ für die WSV hervorgehoben. Zukünftige Themenfelder wie optimiertes Sedimentmanagement, Klimawandel, KI-Einsatz im Prognosebereich und automatisierte Schiffsführung wurden angeregt.

Die Vorträge können online unter folgender Adresse eingesehen werden:

https://www.baw.de/de/publikationen/tagungsbaende/tagungsbaende.html

Wir danken allen Mitwirkenden für die interessanten Vorträge, die anregenden Diskussionen und die hervorragende Organisation!

Was verbindet Kreativität und Forschung?

Deutscher Pavillon, 60th International Art Exhibition – La Biennale di Venezia
Michael Akstaller
Foto: Nick Ash

Michael Akstaller ist Künstler und Wissenschaftler. Er hat in der BAW und BfG geforscht und ist nun als einer von sechs Künstlern im deutschen Pavillon der Biennale Venedig vertreten.

Im Gespräch mit der BAW erzählt er von der Faszination des Experimentierens – in der Wissenschaft sowie in der Kunst: „Die Arbeit in der BAW und die Kollegen haben mich immer wieder ermuntert, Dinge auszuprobieren.“

Akstaller untersuchte im Rahmen von diversen Forschungsarbeiten Sedimentbewegungen in Flüssen und die Einflüsse von menschgemachtem Unterwasserschall auf das Wanderverhalten von Fischen. In seiner künstlerischen Arbeit beschäftigt er sich mit Beziehungen zwischen Klang und Raum, Bewegung und Performance.

Thresholds
Für den deutschen Beitrag zur 60. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di
Venezia hat die Kuratorin Çağla Ilk die Künstler*innen Michael Akstaller, Yael
Bartana, Robert Lippok, Ersan Mondtag, Nicole L’Huillier und Jan St. Werner
eingeladen, unter dem Titel Thresholds den Umgang mit Schwellen, Stufen und Grenzen
zu suchen.
 
Erstmals bewegt sich die Ausstellung des Deutschen über die Grenzen des Pavillongebäudes in den Giardini della Biennale hinaus auf die benachbarte Insel La Certosa. Dort haben vier Künstler ihre Installationen aufgebaut – unter anderem Michael Akstaller.  Seine Installation „Scattered by the trees (Von den Bäumen verstreut)“ befasst sich mit der akustischen Eigenheit von Wäldern und Baumgruppen. Auf einer Lichtung hat er zwei Cones installiert, die Signale in Richtung der umstehenden Bäume senden, um die Weiterleitungseffekte wahrnehmbar zu machen. Bäume leiten die Frequenzen der Tiere weiter, obwohl sie keine eigenen Rezeptoren haben. Das macht sich die Klang-Installation zum Thema.

Weitere Informationen zum Deutschen Pavillon und den ausstellenden Künstlern gibt’s hier: https://deutscher-pavillon.org/de

Interview

BAW: Welche Geräusche hörst du gerade?
Michael Akstaller: Tatsächlich hat vor einiger Zeit eine Baumaßnahme neben meinem Atelier begonnen. Ich höre bzw. fühle gerade Schwingungen von einer Verdichtungswalze. Die Fenster sind zu;  es ist ansonsten also recht ruhig hier.

BAW: Wie kam es zu der Idee Klang-Installationen zu machen und was hat die Wissenschaft damit zu tun?
Michael Akstaller: Ich glaube es ist dabei wie mit so vielem im Leben, die Dinge führen von Einem ins Nächste. Ich bin von meinem Studium an der Kunstakademie in das Thema Klang eingetaucht und seitdem untersuche ich sämtliche Facetten von Sound. Meine Arbeiten sind dabei meistens sehr ortsspezifisch. Die Form innerhalb der Ausstellung ergibt sich eigentlich immer relativ zum Schluss, wenn ich das Thema gefunden habe, wenn ich die Umgebung zu verstehen beginne. Natürlich fasse ich Pläne und formuliere meine Vorstellungen, aber bis jetzt gab es bei all meinen Arbeiten eine Veränderung später im Prozess, die das Ergebnis maßgeblich geprägt hat. Diese Freiheit oder Flexibilität innerhalb der Suche kenne ich bis jetzt eigentlich nur aus dem wissenschaftlichen Arbeiten. Genauer, eigentlich aus den Labor- und Feldversuchen, die ich bisher begleiten durfte. Darin war eben nicht das Ziel ein Endprodukt zu schaffen, sondern Systeme zu verstehen und ein Prozessverständnis zu erlangen mit dem man – ganz klar – auch ein Ergebnis beeinflussen kann. Ich glaube es ist wie die Frage, ob am Schluss etwas auf dem Tisch liegen soll, was man bestellt hat, einen dabei aber wenig überrascht, oder ob man sich auf Experimente einlässt.

BAW: Die Überwindung von den Schwellen ist ja nicht nur Thema der Biennale sondern zeigt sich bestimmt auch zwischen Kunst und Wissenschaft. Wie forschend ist Kunst und wie kreativ ist Forschung?
Michael Akstaller: Ich glaube, dass künstlerische Arbeit erst anfängt relevant zu werden, wenn sie forschend ist. Und das meine ich nicht zwangsweise im naturwissenschaftlichen Sinne, aber auch. Künstler*innen der letzten Jahrhunderte waren immer getrieben durch Neugierde, optische, akustische, sozialwissenschaftliche Forschung, etc. Nehmen wir mal als Beispiel die Stilrichtung des Pointillismus. Aus heutiger Perspektive sind die aus einzelnen Farbpunkten zusammengesetzten Bilder vielleicht nichts mehr Besonderes, oder einfach „nur“ schön. Aus technologischem Blick heraus, könnte man die Werke als frühe Studie zu Monitoren sehen, deren Funktionsweise heute in jedem Smartphone oder als Sensor in jeder Kamera steckt. Fragen zu Auflösung, visueller Farbmischung, Entfernung von Betrachtern zum Bildträger, Bildkörnung, bis hin zu optischem Rauschen stecken alle in diesen Bildern. Die Künstler*innen von damals konnten mit diesen einzelnen Pixeln ganze Welten erschaffen, weil sie forschten, wie viele und welche Farbpunkte man brauchte um in der menschlichen Wahrnehmung ein Bild zu konstruieren. Das wird jetzt wieder relevant, wenn wir uns von anderen Systemen Bilder erschaffen lassen wollen. Eine AI muss das auch erstmal lernen.

Wir sollten die Kunst davon befreien, nur auf ihre Schönheit reduziert zu werden. Sie verzahnt sich viel intensiver in den wissenschaftlichen Diskurs als im allgemeinen angenommen. Meistens fehlt es an gemeinsamen Sprachen, um die Informationen gegenseitig teilen zu können. Kommunikation ist letztendlich eine der Grundvoraussetzungen für Interdisziplinarität. Diese Notwendigkeit fällt mir in meinen Arbeiten auch immer wieder auf. Da ich das Vergnügen hatte, neben der bildenden Kunst auch ein ingenieurwissenschaftliches Studium zu absolvieren, kann ich hier Brücken schlagen. Ich bemühe mich auch immer zu übersetzen. Die spannendsten Gespräche über Kunst habe ich mit Naturwissenschaftler*innen, aber das nur so am Rande. Wie forschend die Kunst ist, gilt glaube ich im Umkehrschluss genauso für die Kreativität in der Forschung. In meiner Zeit an der BAW war ich fasziniert vom kreativen Potential der gemeinsamen Arbeit an den physikalischen Flussmodellen. Sehr beeindruckt bin ich nach wie vor von der direkten Wirksamkeit von Einbauten. Ein Ziegelstein ins Modell gelegt, verändert ein komplettes System binnen Sekunden. Wir konnten damals beobachten, dass dieser Ziegelstein die Orientierung eines ganzen Wirbelsystems umgedreht hatte, was letztendlich unsere Probleme mit dem Sedimenteintrag in eine Kanalmündung verhindert hatte. Nimmt man den Stein wieder raus, dreht sich der Wirbel wieder zurück. Dieses Experimentieren ist Kreativität, nichts anderes machen Künstler auf der Leinwand.

BAW: Was sind deine Ziele als Künstler und wohin geht die Reise als Wissenschaftler?
Michael Akstaller: Ich versuche nächstes Jahr ein größeres Projekt zu starten, in dem ich in Fließgewässern akustische Phänomene untersuchen kann. Insbesondere die Klangausbreitung in Wechselwirkung mit Gewässerströmungen interessiert mich. Die Schallausbreitung unter Wasser wird maßgeblich über die Sohle, die Sohlform und die Wassertiefe bestimmt. In Meeren mit sehr viel größeren Wassertiefen gibt es dafür einige Untersuchungen, an Flüssen eher weniger, obwohl meistens die morphologischen Parameter bekannt sind. Es fehlen lediglich ein paar akustische Messungen und man könnte Korrelationen untersuchen. Ich halte gerade Ausschau nach Partnerinstitutionen, die mich eventuell mit Messtechnik unterstützen könnten. Es bleibt also spannend.

Vielen Dank, dass du dir Zeit für ein Gespräch genommen hast!

Alter Lachs!

Die Wanderschuhe versinken tief im weichen, moosigen und ab und zu matschigen Boden, rechts und links kilometerweit Nadelbäume, Birken und vor allem viel Totholz. Nichts ist zu hören außer Vogelgezwitscher und dem Rauschen eines Flusses in der Ferne. Natur pur in der kanadischen Wildnis der Provinz Québec. Hier scheinen die Bedingungen für den in Europa als gefährdet geltenden Lachs noch perfekt – aber nur auf den ersten Blick.

Welchen Problemen zum Schutz dieser Wanderfische, anderer Fischarten und aquatischer Ökosysteme wie entgegengewirkt werden kann, wurde unter dem Motto „Connectivity and processes across the riverscape“ auf dem 15th International Symposium on Ecohydraulics and Fish Passage diskutiert. Erstmals fanden beide Konferenzen zeitgleich und gemeinsam statt. Vom 06. bis 09. Mai trafen sich dazu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Personen aus der internationalen Fachwelt in der gleichnamigen Hauptstadt der Provinz Québec. Québec liegt direkt am Sankt-Lorenz-Strom und bedeutet auf Algonquin passend „where the river narrows“, denn schon wenige Kilometer östlich von Québec kommt Küstenfeeling auf. Aber nicht nur die Lage macht die Stadt zu etwas Besonderem, auch die historische Altstadt ist eine der ältesten Nordamerikas.

Nächtlicher Spaziergang durch die Altstadt von Quèbec mit Blick auf das Château Frontenac.
Gruppenfoto mit Kolleginnen und Kollegen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), welche ebenfalls mit Vorträgen auf der Konferenz vertreten war.

In insgesamt 41 Sessions wurden jedoch weitaus mehr Aspekte beleuchtet und es wurde schnell klar, dass man in Nordamerika teilweise mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat als in Europa. Während wir in Europa Wert darauf legen, dass alle Fischarten gleichermaßen Fischaufstiegsanlagen überwinden können, liegt der Fokus in Nordamerika stark auf anadromen Fischarten – wie z.B. dem Lachs. Dabei sind die Randbedingungen für Planung und Bau von Anlagen nicht weniger herausfordernder als in Europa. Eine Präsentation handelte eindrucksvoll davon, dass meterhohe Eismassen, welche im Winter über den Fluss in den Nordatlantik transportiert werden, es nahezu unmöglich machen, eine Fischaufstiegsanlage zu bauen, die nicht durch die Eismassen zerstört wird. Hinzu kommt, dass witterungsbedingt nur drei Monate im Jahr gebaut werden kann und Beton aus logistischen Gründen nicht zur Verfügung steht. Die einzige Lösung ist daher aus den größten vor Ort befindlichen Steinen einen naturnahen Fischaufstieg zu bauen. Im Rahmen eines anderen Vortrages wurde dargelegt, mit welchen logistischen Problemen man beim Bau an abgelegenen Orten konfrontiert wird. So mussten Bagger beispielsweise in Einzelteilen zerlegt per Hubschrauber zur Baustelle geflogen werden, da keine Straße dorthin führte. Gleiches galt für sämtliches Baumaterial sowie Ausrüstung und Personen. Vor Ort war keine Fläche zum Abstellen vorhanden, sodass eine Plattform über den Fluss gebaut werden musste, welche jedoch bei hohen Abflüssen immer wieder zerstört wurde. Handyempfang oder gar Internet waren natürlich auch nicht vorhanden, was die Kommunikation und das Ausarbeiten von Notfallplänen deutlich erschwerte. Für uns in Europa fast unvorstellbare Szenarien.

Linus und ich nutzten auch die Gelegenheit, im Rahmen einer Exkursion mehr über das Leben der indigenen Bevölkerungsgruppe der Huronen zu lernen. Dieses Volk wurde einst aus seiner ursprünglichen Heimat am Huronsee vertrieben und hat sich deshalb in Québec niedergelassen. Ein Museum bot die Möglichkeit, mehr über die ursprünglichen Lebensweisen und Traditionen zu erfahren. Im Anschluss erfolgte im strömenden Regen die Besichtigung einer Aalleiter – ein Projekt, welches in Zusammenarbeit mit der Huron-Wendat Nation erfolgt, um den Aal auf dem dortigen Gebiet wieder anzusiedeln.

Die Reise nach Kanada bot uns nicht nur die Möglichkeit, unsere Forschungsergebnisse international zu präsentieren, unseren fachlichen Horizont zu erweitern und unser Netzwerk auszubauen, sondern auch die Chance, abseits der Konferenz Kanada zu erkunden. Linus zog es in die kanadische Hauptstadt und die umliegende Seenlandschaft zum Angeln und Wandern. Ich durchstreifte die Nationalparks rund um Québec auf der Suche nach unbekannter Flora und Fauna. So bekamen wir zwar Bieber, Otter, Elche, Stachelschweine und sogar einen kleinen Schwarzbären zu sehen, ein Blick auf den so bedeutsamen Lachs blieb uns jedoch verwehrt – dieser verbringt seinen Sommer im Atlantik und kommt erst im Herbst wieder in die kanadischen Flüsse zurück. Hoffentlich beim nächsten Mal….