Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Jetzt neu: Unser Schlepptank im flachen Wasser

Beitrag von Carl-Uwe Böttner und Bernhard Kondziella

Die BAW betreibt in Hamburg in der Halle 1 ein Flachwasserbecken. Neben Grundlagenuntersuchungen werden hier auch WSV-Aufträge bearbeitet. In den vergangenen Jahrzehnten waren dies in den allermeisten Fällen Untersuchungen zur Ausbreitung schifferzeugter Wellen und den damit einhergehenden schifferzeugten Belastungen.

So kamen die Schiffe in unser wasserbauliches Versuchsbecken, zumeist im Modellmaßstab 1:40. Zum ersten Mal geschah dies vor einem viertel Jahrhundert. Damit die Schiffe auf Kurs blieben, wurden sie an einem Seil geführt. Dies, und mehr zu unseren Versuchen, kann man schön in diesem Video einer Untersuchung zur Ausbreitung schifferzeugter Wellensysteme am Hamburger Yachthafen aus den Jahren 2006 und 2007 sehen.

Aus dem Physik-Unterricht ist bekannt: Man kann das Seil spannen, wie man will, es wird immer einen Durchhang haben. Bei Fahrten außerhalb der Kanalmitte fährt das Modellschiff aufgrund seitlich angreifender Kräfte (Bank-Effekt) einen gebogenen Pfad durchs Becken und hält damit keinen konstanten Abstand zur Böschung. Unter Naturbedingungen wird der Rudergänger die seitlichen Kräfte durch Ruderbewegungen ausgleichen und damit den Kurs halten können.

Die Lösung dafür: Das Modellschiff wird an einem festen Kragarm befestigt, der auf einem Schienensystem geführt wird.

Da nun aber das Modellschiff nicht nur sich selbst antreiben muss, sondern auch noch den Arm mitschleppen muss, würde damit das erzeugte Wellensystem stark verändert sein. Es ist ein größerer Energieeintrag in das System erforderlich um das Schiff anzutreiben, was sich dann auch im entstehenden Wellenbild zeigt.

Die Lösung dafür: der Kragarm bekommt, wie das Schiff, einen eigenen Antrieb: einen Luftpropeller, im Bild links oben der Metallring. Dieser wird so gesteuert, dass er das Schiff gerade nicht antreibt und nicht bremst.

Diese im Jahr 2009 umgesetzte Weiterentwicklung bildete einen deutlichen Fortschritt in der eingesetzten Versuchstechnik und hat sich in vielen nachfolgenden Untersuchungen bewährt. Natürlich wurde die Konstruktion bei jedem neuen Versuchsaufbau in Details verbessert, verstärkt, versteift, anders angesteuert, lessons learned, oder kontinuierlicher Verbesserungsprozess eben. Aber: wie das Seil, hatte auch dieser Aufbau Einschränkungen: das Modellschiff musste sich weiterhin selbst in Fahrt bringen (beschleunigen), die erreichte Zielgeschwindigkeit aufrechterhalten und vor dem Ende des Beckens selbständig abbremsen. Das hat meist geklappt. Für manches Untersuchungsziel wäre es besser, wenn das Modellschiff eine feste, konstante Geschwindigkeit aufgezwungen bekommen könnte und der eigene Antrieb dann auf den Zustand „beschleunigen“ oder „bremsen“ eingestellt werden könnte.

In Modellversuchen laufen alle zeitbehafteten Größen aufgrund der Modellgesetze im Zeitraffer. Das heißt für eine Untersuchung der hydrodynamischen Effekte beim Beschleunigen oder Verzögern ist für eine Messung zu wenig Zeit, bis sich wieder ein Gleichgewicht eingestellt hat.

Die Lösung dafür: Ein Schleppwagen, der das Modellschiff führt.

Diese Variante schwirrte schon länger in unseren Köpfen herum, aber bei 32 m Beckenbreite, die es zu überspannen gilt, wäre das Gerät viel zu schwer für das Fundament unserer Halle.

Also haben wir an einer Lösung mit kleinerer Spannweite gearbeitet. Auf Basis der Erfahrungen mit dem Kragarm haben wir einen beidseitig gestützten Wagen konstruiert, der über vier stufenlos einstellbare, synchron laufende Motoren mit Gummiwalzen angetrieben wird. Entlang der realisierten Spannweite von rund 11,70 m kann das Modellschiff an beliebiger Position montiert werden. Für die Datenfans (wie wir selbst welche sind), haben wir weitere technische Details in der Tabelle am Ende des Blog-Eintrags zusammengestellt.

Das Ergebnis, unseres selbst konstruierten Schleppwagens, ist ziemlich überzeugend geworden, wie wir finden und wie hier bei einer der ersten Testfahrten zu sehen ist:

Damit sind wir jetzt in der Lage alle Untersuchungen durchzuführen, die im schiffbaulichen Versuchswesen in einem Schlepptank gemacht werden, bei uns natürlich ausschließlich im flachen Wasser.

Dieses System wird auch weiter verbessert, keine Frage, da bleiben wir dran.

 Technische Daten des Schleppwagens im Flachwasserbecken:

Fahrstrecke80m
Spannweite11,7m
Geschwindigkeit von – bis0,2 – 1,5 (+/- 0,0001)m/s
Gewicht Schienensystem3200Kg
Nennleistung Motoren4 * 0,36kW
Peakleistung Motoren4 * 0,96kW
Akku-Speicher4 * 0,5  (48V Unenn)kWh

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Die Vorfreude steigt…

Derzeit wird am Standort Hamburg der BAW in der Wasserbauhalle die bestehende Versuchsinfrastruktur erweitert. Direkt zwischen dem Schiffswellenbecken und der großen Umlaufrinne entsteht eine neue Strömungsrinne. Die 36 m lange Versuchsstrecke wird beidseitig mit Wänden aus Glas ausgestattet, was eine umfassende Beobachtung verschiedener Versuchsszenarien ermöglicht. Zuzüglich Ein- und Auslaufelementen ergibt sich eine Gesamtlänge der Anlage von rund 50 m. Die Rinne erhält bei einer durchgehenden Breite von 60 cm einen autarken Wasserkreislauf.

Für die Realisierung des angestrebten Durchflusses von 500 l/s sind zwei parallel angeordnete Motoren installiert. Hiermit wird eine mittlere Strömungsgeschwindigkeit von rund 1 m/s beim nominellen Wasserstand von 80 cm erreichbar sein. Der aus Edelstahl bestehende Rinnenboden weist zahlreiche Möglichkeiten zur Installation fester Einbauten auf. Entsprechende Bohrungen sind vorbereitet. Die Oberholme sind zur Aufnahme einer später vorgesehenen Installation einer 3D-Traverse ausgelegt.

Als Besonderheit gibt es für Untersuchungen von tidebeeinflussten Effekten die Möglichkeit, die Strömungsrichtung im laufenden Versuchsbetrieb umzukehren. Im Moment der Strömungsumkehr wechseln Ein- und Auslaufelement ihre Funktion und die beidseitig zur Strömungsberuhigung installierten Gleichrichter werden entsprechend motorgesteuert aktiviert bzw. deaktiviert.

Für mögliche Untersuchungen zu bodennahem Sedimenttransport ist die Rinne mit zwei motorgetriebenen Sedimentfängen ausgestattet, die damit je nach Versuchsphase aktiviert oder deaktiviert werden können.

Die Auftragsvergabe zu Planung, Herstellung und Installation der Rinne erfolgte im Juni 2020 an die Fa. Gunt. In die Detailplanung flossen in einem intensiven Austausch mit der BAW-KA deren zahlreichen Erfahrungen aus dem Betrieb der dortigen Versuchsrinnen ein.

Die Zeit zwischen der finalen Freigabe der Planung im November 2020 und dem Baubeginn im April 2021 wurde für notwendige vorbereitende Arbeiten genutzt. Die Tragfähigkeit des Hallenbodens musste durch Herstellung eines Betonsockels erhöht werden, um der neuen Rinne eine entsprechende Standfestigkeit zu verleihen. Der Hallenbereich im Umfeld der Rinne erhielt einen neuen ebenen und robusten Fußbodenbelag. Bereits bestehende Rohrleitungen für den Anschluss der Rinne an das Wassernetz der BAW wurden einer intensiven Innenreinigung unterzogen.

Das erste Projekt steht in den Startlöchern und kann die Fertigstellung und Inbetriebnahme kaum erwarten. Der zunehmend sichtbare Baufortschritt lässt dabei die Vorfreude steigen…

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Drucksondentausch mit Müllsack

Seit vielen Jahren beobachten wir optimierte Buhnenformen in einem Feldversuch an der Tideelbe (wer mehr zum Projekt wissen möchte, kann sich z.B. hier informieren: https://izw.baw.de/publikationen/kolloquien/0/04_Jansch_BAW.pdf). Von uns müssen daher regelmäßig Kolleg*innen dorthin fahren um Messgeräte zu warten, auszutauschen und nach dem Rechten zu sehen (https://blog.baw.de/wp/?p=719). Und jedes Mal fällt er uns wieder auf: der Abfall, der vom Wasser ans Ufer getragen wurde.

Mit Plastikmüll gesprenkelter Spülsaum am Deckwerk von Juelssand

Die Testbuhnen befinden sich am Ufer von Juelssand, einige Kilometer stromab von Hamburg. Der Bereich liegt in einem Naturschutzgebiet und ist ein sehr idyllischer Ort mit viel Grün, alten Obstbäumen und vielen Schafen. Umso mehr sticht der Abfall ins Auge.

Spülsaum an der oberen Deckwerkskante. Im Hintergrund sind die Buhne 29 und der Messpfahl zu erkennen

Besonders im Spülsaum des letzten hoch aufgelaufenen Tidehochwassers liegt zwischen dem Treibsel auch jede Menge Abfall: Plastikbecher und Plastiktüten, Seilstücke, Bierdosen, Segler-Caps, Eimer, Styroporteile und mittlerweile auch Einmal-Mundschutze. Manchmal sind allerdings auch kleine „Schätze“ dabei: Hundespielzeug (über das sich ein hundebesitzender Kollege freut), intaktes Sandspielzeug und immer mal wieder eine richtige Flaschenpost. Auch Holzdrifter der Universität Oldenburg aus dem Projekt „Macroplastics“ (https://www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2017/051.html) haben die Kolleg*innen schon gefunden.

Trotzdem: es ist zu viel Müll. Wer rausfährt, zu den Buhnen, nimmt deshalb immer ein paar leere Müllsäcke mit und wenn es die Zeit erlaubt, wird das aufgesammelt, was vor den Füßen liegt.

Gesammelte Werke

Kurz vor Weihnachten war es mal wieder soweit und die Drucksonden mussten getauscht werden. An dem Tag, an dem die Tide günstig stand, sodass die eingebauten Geräte bei Tageslicht vom Wasser frei gegeben wurden, erlaubte das Wetter auch eine Pandemie-konforme Anreise per Fahrrad. Das ist für Norddeutschland im Winter schon ziemlich viel Glück auf einmal! Dafür bedankten wir uns durch drei volle Müllsäcke, die wir mit dem ebenfalls gefundenen Seil sicher auf den Rädern verschnüren konnten und die jetzt den Abfallcontainer der BAW füllen.

Drei volle Müllsäcke konnten wir per Fahrrad mitnehmen. Noch viel mehr wartet darauf, ebenfalls eingesammelt zu werden, bevor es die Elbe weiter in die Nordsee trägt.

An der Entstehung dieses Beitrages haben Ingrid Holzwarth und Hanne Jansch mitgewirkt.

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Untermieter auf Messpfahl der BAW

An den Seeschifffahrtsstraßen kam es in den letzten Jahren vermehrt zu Schäden an Buhnen durch schiffserzeugte langperiodische Wellenbelastungen. Seit 2014 prüft die BAW in Kooperation mit dem WSA Hamburg an der Unterelbe die Stabilität von zwei Buhnen mit einer optimierten Geometrie. Zur Beurteilung der geometrischen Veränderung über die Zeit führt die BAW in Kooperation mit der HafenCity Universität Hamburg ein Monitoring der beiden Bauwerke durch.

Panoramablick vom Messpfahl auf die schadhafte Buhne. Die Länge der Buhne beträgt rund 120 m.

Die beiden Bauwerke befinden sich im Bereich des Naturschutzgebiets „Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland“. Hier kommen u.a. zwei Laserscanner für das automatisierte Monitoring zum Einsatz. Für eine flächenhafte Abdeckung bei der geodätischen Erfassung sind die beiden Laserscanner jeweils auf einem 11 m hohen Messpfahl installiert. An einem dieser Pfähle wurde vom WSA Hamburg ein Nistkasten angebracht, der, so die Hoffnung, auch von Turmfalken zur Aufzucht ihrer Jungen genutzt wird.

Im Rahmen der Qualitätssicherung der Messdaten ist es erforderlich, die verwendeten Messgeräte regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. So stand auch in diesem Frühsommer eine routinemäßige Wartung der Laserscanner an, was eine Begehung der Messpfähle erforderte. Zur Überraschung der beteiligten Kolleginnen und Kollegen machte sich zum Ende der Kontrollarbeiten Leben im Nistkasten bemerkbar. Dabei war zunächst die Möglichkeit eines direkten Einblicks nicht gegeben. Was mag es also gewesen sein, das dort die Aufmerksamkeit hervorrief? Die angefertigten Fotos brachten es an den Tag: Im Kasten saßen fünf Jungvögel, die sich später als Turmfalken entpuppten.

Position des Nistkastens (braun) an der Plattform des Messpfahls.

Erster Fototermin im Leben eines Turmfalken

 

Alle fünf Jungvögel haben mittlerweile erfolgreich eigenständig den Nistkasten verlassen. Nun hoffen die Kollegen, dass im nächsten Frühjahr an unseren Messpfählen erneut eine Brut stattfindet.

Containerschiff passiert Messpfahl

Ein Containerschiff passiert einen der beiden installierten Messpfähle

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig.
Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.