Promotie in Delft

Der Pedell-Stab, lang, schwarz und mit silbernem Knauf schlägt auf den Boden „Hora Est!“ – Exakt 60 Minuten sind vorüber. Der, nach einer strengen Ordnung gekleidete Promovendus und seine Paranymphen setzen sich zum Publikum, die in Talar und Mütze gehüllten 3 Promotoren, 4 Opponenten und der Rector Magnificus folgen der PedellIn hinaus. – Applaus, Freude, Spannung…objektiv wohl 15 Minuten, gefühlt eine halbe Ewigkeit später kommt die akademische Runde zurück, eine große rote Papprolle mit einer Ernennungs-Urkunde in der Hand, der Promovendus und die Paranymphen stellen sich vor der Gruppe auf. Es folgen wichtige Worte, herzliche Wort, alle werden einbezogen: die Familie, die das alles mittragen muss, die Förderer, Unterstützer und andere wichtige Begleiter dieser Zeit. – Eine lange, intensive, manchmal spannende, manchmal grausam enervierende Phase im Leben findet mit der Verteidigungs- und Verleihungs“zeremonie“ des Doktor-Titels der TU Delft einen angemessenen Rahmen. – Bereits im Januar konnten mein Kollege Jacek und ich bei einer solchen –  in der aber nichts verschenkt wird! – dabei sein und ich war angetan davon, wie eine Doktoranden-Zeit so würdigend abgeschlossen werden kann.

Dieses Mal umso mehr als es „unser“ Projekt, „unser“ Doktorand war und Jacek im Komitee (Promotor) und ich im Publikum die Begeisterung und die fachliche Anerkennung ALLER für die hiermit nun offiziell abgeschlossene Dissertation miterleben konnten. Es war umso emotionaler, als mit Frank nun der Letzte einer langen Reihe von Doktoranden von Prof. Dr. Guus Stelling „promoviert“ wurde. Allen war klar: Da geht etwas zu Ende!

Die „Feierlichkeiten“ beginnen in der TU Delft traditionell schon am Tag vorher mit einem informellen Work-Shop, bei dem die von auswärts und manchmal sehr weit her angereisten Komitee-Mitglieder ihre Facharbeit in einem kurzen Vortrag präsentieren können. Wir haben diesen Anlass genutzt, und eine praktische Anwendung des von Frank im Rahmen des Projektes „Effizienz- und Genauigkeitssteigerung der Modellierung der Hydrodynamik der Flüsse mit einem kombinierten Multigrid- und Subgrid-Ansatz“ entwickelten numerischen Prototypen vorgestellt. Sonst wäre dafür keine Gelegenheit gewesen und die Arbeit stieß auf Interesse. Am Abend wird – ebenfalls so üblich – von der TU Delft zu einem Abendessen eingeladen. Hier kann sich die Runde noch ein wenig besser kennenlernen oder Bekanntschaften vertiefen. Die Vorfreude und Aufregung liegen in der Luft. Es wird aber auch viel gelacht – man könnte denken, es sei eine Art Lockerungsübung für alle Beteiligten. – Neben vielen positiven Aspekten dieser Herangehensweise hat das Verfahren der TU Delft noch einen weiteren, sehr großen Vorteil: Mit dem Termin zur Verteidigung der Arbeit ist alles abgeschlossen. Vorab müssen die Opponenten (hier: Prof. Dr. ir. A. W. Heemink (TU Delft), Prof. Dr. ir. B. Koren (Tech. University of Eindhoven), Prof. Dr. Michael Dumbser (University of Trento), Prof. Dr. N. G. Wright (De Montfort University, Leicester)) schriftlich erklären, dass sie „A“ komplett mit der Arbeit einverstanden sind (so wie es hier der Fall war) oder „B – ?“ noch Fragen bzw. Änderungswünsche haben. Ist das der Fall, werden sie noch vor der Verteidigung eingearbeitet und am Tag der Verteidigung liegt die Arbeit gedruckt vor, jeder im Publikum nimmt sich ein Exemplar und ist technisch somit in der Lage den Fragen des Komitees unmittelbar zu folgen. – Mit der Verteidigung ist wirklich ALLES abgeschlossen, die Urkunde überreicht, (man muss sie nicht irgendwann Monate später zerknittert aus dem Postkasten fischen…), der Titel vergeben – Ende! Feiern! Glücklich, zufrieden, erleichtert den Tag abschließen. – Übrigens wird der Titel-Neu-Träger darauf hingewiesen, dass mit diesem Titel auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu Aufrichtigkeit und wissenschaftlicher Integrität einhergeht. – Es sind eben nicht nur ein paar mehr Buchstaben vor dem Namen oder ein „Türöffner“ in eine geld-goldene Zukunft.

Ach und bevor ich es vergesse: wer die Arbeit von Dr. Frank Platzek (Accuracy and efficiency in numerical river modelling) lesen möchte, kann sie heute schon bei http://repository.tudelft.nl herunterladen. Ansonsten kann man auch den FuE-Abschlussbericht abwarten. Unser gemeinsames Projekt zu „Effizienz- und Genauigskeitssteigerung in der numerischen Flussmodellierung“ mit der TU Delft und Deltares findet hiermit ein Ende, dass zumindest den Anwesenden in Delft ein Lächeln aufs Gesicht zeichnete. Für alle, die sich für numerische Flussmodellierung interessieren, lohnt sich ein Blick hinein, bietet diese Arbeit doch neben drei fachlich sehr unterschiedlichen Veröffentlichungen einen umfassenden Überblick über die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema – aber auch eine alternative Version für alle die, die „Hallelujah“ von Leonard Cohen prinzipiell sehr mögen, aber mit dem Text nicht viel anfangen können. „Shallow water…“ singt sich auch sehr gut…

One Response to “Promotie in Delft”

  1. Sigi sagt:

    Gratuliere dem „Promovierten“ und der Verfasserin für den guten Beitrag

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