wissenschaftliche Kooperation

Über‘s Arbeiten und (noch) nicht Fertigsein: Forschung und Erlebnisse an der KTH / Work in progress: Research and experiences at the KTH

In diesem Blogbeitrag berichte ich über meinen Forschungsaufenthalt an der Kungliga Tekniska Högskolan (Königlich Technischen Hochschule, KTH) in Stockholm, der nicht nur von bahnbrechenden Erkenntnissen in der Bodenmechanik 😉, sondern auch von sportlichen Herausforderungen und Weihnachtsstimmung geprägt war.

In this blog post, I will share some impressions from my research stay at the Kungliga Tekniska Högskolan (Royal Institute of Technology, KTH) in Stockholm, which was not only packed with ground-breaking research in soil mechanics 😉, but also with sportive challenges and Christmas spirit.

Das Institutsgebäude im winterlichen Kleid / The institute building in its winter dress

Forschung zur Variabilität von Baugrundeigenschaften / Research about the variability of ground properties

Die übliche Annahme von homogenen Bodeneigenschaften in einer Bodenschicht ist eine Vereinfachung einer oftmals viel komplexeren räumlich heterogenen Bodenrealität. Wir müssen davon ausgehen, dass die Baugrundeigenschaften streuen und mit Unsicherheiten belegt sind. Sieben Wochen durfte ich in der Gruppe Soil and Rock Mechanics an der KTH bei Prof. Stefan Larsson und Dr. Johan Spross zu Gast sein, um mich mit diesem Phänomen und speziell der Quantifizierung von Unsicherheiten zu beschäftigen.

The common concept of homogeneous ground properties in a geotechnical unit is a simplification of an often more complex, spatially heterogeneous ground reality. We have to assume that ground properties are scattered and subject to uncertainty. I was invited to spend seven weeks as a guest researcher working with Dr. Johan Spross in the Division Soil and Rock Mechanics headed by Prof. Stefan Larsson to investigate these uncertainties and methods for their quantification.

Ziel des Forschungsaufenthalts war es, einen in der Arbeitsgruppe entwickelten Ansatz zur multivariaten Datenanalyse weiterzuentwickeln und auf unseren eigenen Datensatz anzuwenden. Die Ergebnisse sollen unter anderem bei der Anwendung des neuen Eurocode 7 helfen. Die Arbeit wurde durch Diskussionen und Austausch sowohl an der KTH als auch mit Kolleg*innen in der BAW unterstützt. Auch die regelmäßige Teilnahme an den Seminaren der Arbeitsgruppe und das Arbeiten in einem internationalen Team waren wichtige Erfahrungen, von denen ich profitieren konnte.

The aim of the research stay was to continue working on an approach to multivariate data analysis developed in the division and apply it to our own data set. Among other things, the results are intended to assist with the application of the new Eurocode 7. The work was supported by discussions and exchanges both within the group at the KTH and with colleagues at BAW. Regular participation in the group’s seminars and working in an international team were also important experiences from which I could benefit.

Mein Arbeitsplatz in Schweden, wo wie auch in Deutschland, das Standardbuch für Zuverlässigkeitsberechungen von ANG & TANG (2007) einen festen Platz hatte / My Swedish workplace that, as in Germany, features the standard workbook for probabilistic engineering by ANG & TANG (2007)

Internationaler Austausch, Shuffleboard und mehr / International exchange, shuffleboard and more

In der Arbeitsgruppe traf ich unter anderem mit Promovierenden und Postdocs aus Schweden, Spanien, Italien, China und dem Iran zusammen. Die Vielfalt der Perspektiven bereicherte nicht nur die wissenschaftlichen Diskussionen, sondern schuf auch eine offene und anregende Atmosphäre. Insgesamt war ich beeindruckt von dem wertschätzenden Umgang miteinander, der auch einen sehr guten wissenschaftlichen Output zu liefern scheint. Ein fester Bestandteil meines Alltags an der KTH war die traditionelle schwedische Kaffeepause, auch Fika genannt, welche immer donnerstags stattfand. Hier trafen sich Kollege*innen, um bei einer Tasse Kaffee und einem süßen Gebäckstück zu plaudern. Diese informellen Treffen boten eine gute Gelegenheit, mehr über die Forschung der anderen zu erfahren und sich in entspannter Atmosphäre auszutauschen.

In the division, I met with PhDs and Postdocs from Sweden, Spain, Italy, China and Iran, among others. The diversity of perspectives not only contributed to the academic discussions, but also created an open and stimulating atmosphere. Overall, I was impressed by the respectful interaction with each other, which also seems to deliver a very good scientific output. An integral part of working at KTH was the traditional Swedish coffee break, also known as Fika, which always took place on Thursdays. Colleagues would meet here to chat over a cup of coffee and a sweet pastry. These informal meetings offered a great opportunity to learn more about the research of other colleagues and to exchange ideas in a relaxed atmosphere.

Fika in diesem Fall mit schwedischen „Geburtstagsflaggen“ anstelle von Geburtstagskerzen / Fika in this case with Swedish „birthday flags“ instead of birthday candles

Neben der Forschung kam auch der Spaß nicht zu kurz. Eine besondere sportliche Herausforderung war ein Shuffleboard-Spielabend, was für Nicht-Schweden gleichbedeutend mit Curling auf einem langen, mit künstlichem Sand bedeckten Küchentisch ist. Mit den Kolleg*innen teamweise im Wettbewerb sorgte insbesondere die Qualifikation der internationalen Spieler*innen für zahlreiche Lacher. Ein weiterer Höhepunkt war der Kulturnachmittag, bei dem jeder sein Heimatland vorstellte, z.B. durch traditionelle Speisen, Filme und Bilder aus der Heimat. Das Luciafest und die Institutsweihnachtsfeier rundete meinen Aufenthalt ab. Bei beiden Veranstaltungen gab es traditionelle schwedische Küche zusammen mit schwedischem Gesang.

In addition to research, there was also plenty of fun. One particular sportive challenge was the shuffleboard evening which for Non-Swedes translates into curling on a long kitchen table that is slightly covered by arteficial sand. Competing in teams with colleagues, the qualification of the international players in particular provided plenty of laughs. Another highlight was the afternoon of cultural exchange, where everyone presented their home country, e.g. through traditional dishes, films and pictures. The Lucia Festival and the institute’s Christmas party completed my stay. Both events featured traditional Swedish cuisine together with Swedish singing.

Fazit / Bottom line

Wie so oft in der Forschung fängt die Arbeit nach dem Forschungsaufenthalt erst richtig an. In den nächsten Monaten müssen die Ergebnisse der sieben Wochen in Publikationen verpackt werden und es gibt viele neue interessante Fragen, die beantwortet werden wollen. Ich bin dankbar, dass die BAW den Aufenthalt unterstützt hat. Auch möchte ich mich bei der Arbeitsgruppe in Schweden bedanken, die mich sehr herzlich aufgenommen hat. Die Zeit an der KTH prägte nicht nur meinen wissenschaftlichen Blickwinkel, sondern auch mein persönliches Wachstum. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

As often the case in research, the actual work begins after the research stay. Over the next few months, the results of these seven weeks have to be turnded into publications and there are many new interesting questions that need to be answered. I am grateful that the BAW supported my stay. I would also like to express my sincere graditude to the division in Sweden, who gave me a very warm welcome. The stay at KTH not only contributed to my scientific perspective, but also to my personal growth. I look forward to our collaboration in the future.

BAW mit weiterem Forschungspartner

Wissenschaftliche Kooperation mit chinesischem Forschungsinstitut

BAW-TIWTE Kooperation 天津水运工程科学研究院和德国联邦水运工程研究院

Nach langer und intensiver Vorbereitung haben am 16.01.2023 der Leiter der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Christoph Heinzelmann, und der Leiter des Tianjin Institute for Water Transport Engineering (TIWTE), Prof. Huaqin Zhang, in einer virtuellen Zeremonie einen Kooperationsvertrag zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit beider Institute unterzeichnet.

Aber erstmal zurück zum Anfang…

September 2018: Im Rahmen der 16. Konsultationsrunde zwischen dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Ministerium für Verkehr der Volksrepublik China (M.O.T.) über die Zusammenarbeit auf den Gebieten Binnenschifffahrt und Wasserstraßen werden die beiden dem jeweiligen Ministerium unterstellten Institute BAW und TIWTE gebeten, mögliche gemeinsame Forschungsschwerpunkte zu eruieren und zu diesen eine Kooperation in Betracht zu ziehen.

Zwei Forschungsthemen, die von gegenseitigem Interesse sind, sind schnell ausgemacht. Über den Berater des BMDV, Hanan Wang, wird eine gemeinsame Rahmenvereinbarung ausgearbeitet, abgestimmt und Ende 2019 für die Unterzeichnung finalisiert. Als sich die chinesische Seite gerade auf ihre Delegationsreise nach Deutschland zur BAW vorbereitet, stoppt die weltweite Pandemie jegliche weitere Bemühungen zu einer Kooperation.

Nach einer mehr als zweijährigen Pause beginnen Anfang 2022 im BMDV und M.O.T. schließlich die Vorbereitungen zur nun 17. Konsultationsrunde, die im September 2022 virtuell stattfindet. In den Vorbereitungen enthalten ist unter anderem die von beiden Ministerien gewünschte Wiederaufnahme der Gespräche zwischen BAW und TIWTE.

Neu ist, dass die Institute nun unabhängig vom Ministerium direkt miteinander kommunizieren sollen, und es werden daraufhin erstmalig direkte Kontaktdaten zwischen BAW und TIWTE ausgetauscht. Von jetzt an stehen einer selbständigen Organisation und Vorbereitung nichts mehr im Wege. Das chinesische TIWTE-Organisationsteam besteht aus den Herren Dr. Zhipeng Zhang vom Science and Technology Departement und Dr. Yang Yang vom Inland Port and Waterway Engineering Research Centre. Beide werden aktiv vom stellvertretenden Leiter des TIWTE, Dr. Hongbo Zhao, unterstützt. Auf deutscher Seite darf ich aufgrund meiner Affinität zur chinesischen Sprache und Kultur die Organisation für die BAW übernehmen.

Im August 2022 trifft sich das Organisationsteam erstmals virtuell. Nach einem ersten Kennenlernen stehen die Aktualisierung der Kooperations-Rahmenvereinbarung, die Vorbereitungen für die virtuelle Unterzeichnungszeremonie und die Organisation des ersten fachlichen Austausches (erster Workshop) im Vordergrund. Die neue Rahmenvereinbarung ist wieder schnell finalisiert. Die Terminfindung war dagegen etwas diffizil und von vielen Randbedingungen abhängig. Letztendlich haben wir mit dem 16.01.2023 einen für beide Seiten günstigen Termin gefunden: Als erfolgsversprechender Start ins Neue Jahr 2023, aber auch als gelungener Abschluss des chinesischen Jahrs des Tigers. Die Agenda und der Ablauf für die feierliche Unterzeichnung wurden minuziös geplant. Letzte Detailpunkte werden noch am Vortag mit Herrn Hanan Wang, der uns bei der Durchführung, insbesondere bei der Übersetzung ins Chinesische, unterstützt, durchgesprochen.

Abb. 1: Namensschilder der BAW-Teilnehmer
Abb. 2: Der Vortragssaal in Haus 1 ist startklar für die feierliche Unterzeichnung

Am 16.01.2023, 8:00 Uhr deutscher Zeit (15:00 Uhr chinesischer Zeit) ist alles soweit vorbereitet, und eine, sagen wir, positive Aufregung, zumindest bei mir, ist definitiv mit an Bord.

Um 8:30 Uhr geht es dann los. Alle Teilnehmer der BAW und alle Teilnehmer von TIWTE sind gespannt auf das erste Zusammentreffen. Herr Dr. Hongbo Zhao beginnt und führt als Moderator souverän durch die Zeremonie.

Abb. 3: Teilnehmer der BAW von links nach rechts: Dr.-Ing Jan Kayser, Peter Weinmann, Claus Kunz, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Christoph Heinzelmann, Hanan Wang und Annette Richter am Fotoapparat
Abb. 4: Teilnehmer von TIWTE in der vorderen Reihe von links nach rechts: Yan Zhang, Dr. Hongbo Zhao, Prof. Huaqin Zhang, Dr. Xiaoxiang Feng und in der hinteren Reihe von links nach rechts: Dr. Yang Yang, Mingjin Zhang, Dr. Shitao Peng, Jiashuai Xu, Xianpeng Liu und Dr. Zhipeng Zhang am Fotoapparat, ©TIWTE

Wie geplant wurde die, wie ich finde, sehr gelungene und freundlich professionelle Zeremonie gegen 10:00 Uhr deutscher Zeit pünktlich beendet. Beeindruckend waren die Präsentationen von der jeweiligen Institutsleitung. Die Präsentationsfolien von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Christoph Heinzelmann wurden vorab von Herrn Hanan Wang vollständig ins Chinesische übertragen und sein Vortrag dann sequenziell gedolmetscht. Entsprechend hat TIWTE seine Folien in Deutsch vorbereitet und den Vortrag von Prof. Huaqin Zhang ebenfalls sequenziell gedolmetscht. Für mich eine tolle Gelegenheit auch in das fachliche Vokabular einzutauchen.

Abb. 5: Deckfolie der Präsentation von Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Heinzelmann
Abb. 6: Organigramm der BAW mit Stand 01.2023

Abb. 7: Deckfolie der Präsentation von Herrn Prof. Zhang, ©TIWTE
Abb. 8: Übersicht einiger Forschungsbereiche des TIWTE, ©TIWTE
 

Das Highlight der feierlichen Zeremonie war selbstverständlich die eigentliche Unterzeichnung des Kooperationsvertrags. Mittlerweile sind die Dokumente gegenseitig ausgetauscht und jedem Institut liegt ein Exemplar mit beiden Unterschriften vor.

Abb. 9: Rahmenvereinbarung ist von der BAW unterzeichnet
Abb. 10: Rahmenvereinbarung ist vom TIWTE unterzeichnet, ©TIWTE

Abb. 11: Unterzeichnete Rahmenvereinbarung

Mit dem direkt anschließenden ersten fachlichen Workshop wurde dann bereits die Kooperationsvereinbarung mit Leben gefüllt. Allerdings liegt noch ein weiter und sicherlich intensiver Weg vor uns, um die erhofften Ziele und auch die hohen Erwartungen der beiden Ministerien zu erfüllen.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei dem stellvertretenden Leiter von TIWTE, Herrn Dr. Hongbo Zhao, der für unsere BAW-Belange immer ein offenes Ohr hatte, bedanken. Ein herzliches Dankeschön auch an das chinesische Organisations-Team, Herrn Dr. Zhipeng Zhang und Herrn Dr. Yang Yang, für die wirklich angenehme, professionelle Zusammenarbeit und auch für die vielen tollen Fotos sowie an den Berater des BMDV, Herrn Hanan Wang, der uns, wenn es nötig war, immer professionell und unkompliziert unterstützt hat. Zum Schluss vielen Dank an Sabine Johnson und Christine Wallisch für den letzten Feinschliff und an Christina A. 😉 für das Korrekturlesen.

Ich freue mich auf die kommende weitere Zusammenarbeit!

Wer noch ein wenig mehr wissen möchte…..

Tianjin Institute for Water Transport Engineering (TIWTE) mit Standort in der Hafenstadt Tianjin, südöstlich von Peking ist ein dem M.O.T. (Ministry of Transport) direkt unterstelltes Forschungsinstitut. Auch wenn die Strukturen der einzelnen „Abteilungen“ anders als in der BAW aufgebaut sind, so deckt TIWTE trotzdem in ähnlicher Weise die verkehrswasserbaulichen Aufgaben im Bereich Bau, Betrieb und Unterhaltung der Wasserstraßen im Binnen- und Küstenbereich ab. Die Forschungsfelder, wie z. B. Erhöhung der Lebensdauer der Hafeninfrastruktur, Bau grüner Binnenwasserstraßen und Auswirkungen des Klimawandels, sowie die apparative Ausstattung, wie z. B. Zentrifuge, Wellen- und Windkanal, sind vielfältig, modern und zukunftsorientiert.

Die Kooperations-Rahmenvereinbarung ist zunächst für eine Laufzeit von zwei Jahren, mit der Möglichkeit, diese weiter zu verlängern, vorgesehen. Die beiden ersten Forschungsthemen sind „technisch-biologische Ufersicherung“ sowie „Sedimenttransport und -management“ an Binnenwasserstraßen. Weitere Themen können nach gegenseitiger Zustimmung aber durchaus noch ergänzt werden. Delegationsbesuche und die gemeinsame Teilnahme an internationalen Konferenzen werden sicherlich in den zwei kommenden Jahren geplant.

Chinesische Namen: In der chinesischen Sprache und Schrift werden immer zuerst der Nachname und dann der Vorname einer Person genannt, ohne Ausnahme. Den Nachnahmen erkennt man meist daran, dass dieser nur aus einem chinesischen Zeichen und damit aus einer Silbe besteht. Der Vorname besteht meist aus ein bis zwei Zeichen und damit aus einer bis zwei Silben. Wenn nun ein chinesischer Name in einer nicht chinesischen Literatur auftaucht, wird die vorgegebene chinesische Reihenfolge des Namens ggf. der verwendeten Fremdsprache angepasst. Vor- und Nachname können dann nur anhand der Silbenzahl vermutet werden. Z. B. ist bei Zhipeng Zhang, Zhang (einsilbig) eindeutig der Nachname und Zhipeng (zweisilbig) der Vorname. Sind beide einsilbig, wie bei Frau Yan Zhang, muss man dann doch besser nachfragen. In diesem Fall ist Zhang der Nachname und Yan der Vorname. Im obigen Text wurde durchgängig die Reihenfolge Vorname Nachname gewählt.