Wasserbau Küste

Die Küste im Klimawandel – Von der Forschung zum Dienst

Die Küstengebiete der Nord- und Ostsee: Weltnaturerbe Wattenmeer, 23000 km² Seeschifffahrtsstraßen, rund 600 km Deichlinie und Lebensraum von über 7 Mio. Menschen. Zahlreiche Akteure wie Küstenschützer und Hafenbetreiber arbeiten an und mit der Küste. Der Klimawandel stellt alle vor Herausforderungen.

Wie wird sich die Küste zukünftig durch Klimawandel verändern? Welche Informationen brauchen die zahlreichen Akteure an der Küste um den Herausforderungen zu begegnen? Diese und ähnliche Fragen wurden Mitte September beim Workshop „Die Küste im Klimawandel – von der Forschung zum Dienst“ am BSH diskutiert. Vertreten waren rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Bundesbehörden, Landesbetrieben, Universitäten und Unternehmen. Eingeladen hatten der DAS-Basisdienst „Klima und Wasser“ sowie das BMDV-Expertennetzwerk.

Teilnehmende des Workshops vor dem BSH in Hamburg, Quelle BSH

Ziel des Workshops war es, das Wissen zu den Änderungen des Systems durch den Klimawandel zusammenzutragen, festzustellen wo die Herausforderungen liegen und wie diese gemeinsam angegangen werden können um die Küste nachhaltig zu schützen. Themenschwerpunkte waren unter anderem Wattenmeer und Ästuare, Küstenschutz, Seegang, regionale Meeresspiegeländerungen sowie ozeanographische und meteorologische Daten. Anschließend an einleitende Vorträge tauschten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen über ihre Bedarfe an Daten und Produkten zu den jeweiligen Themen aus, welche sie für eine Anpassung an den Klimawandel benötigen.

In den zwei Tagen sind zahlreiche Wünsche, Ideen und Anregungen gesammelt worden, die teilweise bereits im DAS-Basisdienst „Klima und Wasser“ und dem BMDV-Expertennetzwerk bearbeitet werden bzw. in die zukünftigen Arbeiten und Untersuchungen einfließen.

Der Workshop hat gezeigt, wie wichtig der direkte Austausch zwischen Anwendern und Forschung ist und wie schön es ist sich endlich wieder in Präsenz zu sehen.

Mehrzweckschiffe des Bundes- Montage des LNG Tanks erfolgreich abgeschlossen

In der Woche vom 10. bis 14. Oktober fand im Zuge der Fertigung des ersten von insgesamt drei LNG betriebenen Mehrzweckschiffen auf unserer Baustelle in Klaipeda ein anspruchsvolles Kranmanöver zum Einsetzen des ca. 400 Kubikmeter fassenden LNG Tanks in den dafür vorbereiteten Großblock statt. Eigens zu diesem Zweck hatte die Western Baltija Shipbuilding (WBS), die im Auftrage unseres Auftragnehmers -Abeking und Rasmussen SE- den Bau der Stahlschiffskörper, die Konservierung sowie die Vorausrüstung mit Großkomponenten, wie z.B. die Gasaggregate, die Antriebs- und Manövrieranlagen sowie Separationsanlagen, etc. ausführt, den Schwimmkran MAJA mit einer maximalen Hubkraft von 330 Tonnen geordert. Das erforderliche Kranmanöver verlief nach Plan, so dass am Ende des Tages sowohl der LNG- Tank als auch der darüber befindliche Großblock aufgesetzt war. Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Fertigung dieser anspruchsvollen Neubauten. Die Montage der vorbereiteten Großblöcke wird sich bis in das Jahr 2023 erstrecken, dann wird der erste Neubau aufschwimmen und zur Fortführung der Ausrüstung, des Einbaues der Einrichtung, der Verkabelung sowie der dann nachfolgenden sukzessiven Inbetriebnahme der vielen schiffstechnischen Systeme nach Lemwerder an die Weser überführt. Das erste Schiff soll nunmehr In der zweiten Jahreshälfte 2024 fertiggestellt und an die WSV übergeben werden.

LNG Tank eingebaut, weiterer Großblock wird aufgesetzt

Sturmebben in der Tideelbe im Klimawandel

Sturmebbe in der HafenCity (HafenCity Zeitung | Michael Baden)

In einer Zusammenarbeit von BAW und BSH im Rahmen des BMDV-Expertennetzwerk Themenfeld 1 wurden Ereignisse untersucht, die im Allgemeinen eher weniger Beachtung finden: „Sturmebben“. Mit diesem von uns verwendeten inoffiziellen Begriff meinen wir das Gegenteil von Sturmfluten, somit also besonders niedrige Wasserstände, welche durch starken ablandigen Wind entstehen. Während dieser Ereignisse kann es zu Einschränkungen des Schiffsverkehrs der in den Ästuaren (tidebeeinflussten Flussmündungen) verlaufenden Bundeswasserstraßen kommen. Außerdem können extrem niedrige Tideniedrigwasserstände die Standfestigkeit von Uferbauwerken gefährden, sodass das NNTnw (niedrigster bekannter Tideniedrigwasserstand) als ein zu berücksichtigender Bemessungsparameter für viele Bauwerke herangezogen wird. Das Fokusgebiet der Untersuchung ist das Elbeästuar, ein wichtiger Verkehrsweg, in dem sich mit dem Hamburger Hafen der größte deutsche Seehafen und drittgrößte Containerhafen Europas befindet.

Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, welchen Einfluss der Klimawandel in Zukunft auf Sturmebben haben könnte. Der Klimawandel kann Sturmebben zukünftig hinsichtlich mehrerer Prozesse beeinflussen:  durch eine Veränderung der Wetterlagen- und Abflussverhältnisse sowie den globalen mittleren Meeresspiegelanstieg (SLR) (IPCC 2021). Der SLR wird die Wasserstände in der Deutschen Bucht und der Tideelbe anheben und die Tidedynamik verändern, was wiederum zu einer Veränderung der Watttopographie führen kann. Die Wattgebiete in der Deutschen Bucht haben somit das Potential, zumindest anteilig mit dem SLR mitzuwachsen. Ein mögliches verändertes Niederschlagsverhalten im Einzugsgebiet der Elbe beeinflusst den Abfluss in die Tideelbe, welcher wiederum Einfluss auf die Wasserstände hat. Einige mögliche Einflussfaktoren auf Ästuare der Deutschen Bucht im Klimawandel sind in der nachfolgenden Abbildung skizziert.

Ästuar im Klimawandel (BAW)

Welche Wetterlagen Sturmebben in der Tideelbe begünstigen, und wie sich diese Wetterlagenverhältnisse in Zukunft durch den Klimawandel verändern könnten, wurde im Rahmen des Expertennetzwerkes vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) untersucht, während an der BAW die Wirkung möglicher klimawandelbedingter Änderungen der drei Einflussfaktoren Abfluss, SLR und Wattwachstum auf extrem niedrige Tideniedrigwasserstände während Sturmebben in der Tideelbe untersucht wurde. Um die Wirkung dieser drei Einflussfaktoren zu untersuchen, wurde ein hydrodynamisch-numerisches Modell verwendet. Dieses umfasst das Gebiet der gesamten Deutschen Bucht von Terschelling in den Niederlanden bis Hvide Sande in Dänemark sowie die Ästuare von Ems, Weser und Elbe:

Deutsche Bucht Modell (BAW)

Es wurde eine Sturmebben-Kette aus dem Jahr 2018 und eine Sturmebben-Kette aus dem Jahr 1987 mit dem Modell simuliert.  Dabei wurden sowohl der Referenzzustand, als auch verschiede Abfluss-, SLR- und Topographieszenarien untersucht.

Im Fokus der Auswertungen lag hierbei der niedrigste Tideniedrigwasserstand (NTnw) am Pegel St. Pauli. Dieser Pegel ist charakteristisch für den Hamburger Hafen. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass der NTnw durch den SLR ansteigt, jedoch nicht in vollem Maße des eingesteuerten SLR. Bei den untersuchten Szenarien mit 10, 30, 50, 80 und 110 cm SLR ohne sowie mit vollständigem Wattwachstum steigt das NTnw 2018 bei St. Pauli um 84-94 %, bezogen auf den jeweiligen SLR. Die Rolle des Abflusses hängt von dessen Stärke ab. Je höher der Abfluss, desto größer ist der Einfluss auf die Wasserstände am Pegel St. Pauli. Bei einem Abfluss von mehr als 1000 m³/s liegt der Einfluss auf das NTnw der Sturmebbe 2018 bei etwa 2,3 cm pro 100 m³/s. Würde das meteorologische Ereignis 1987 bei heutiger Topographie, heutigem mittleren Meeresspiegel und niedrigerem Abfluss (400 m³/s) noch einmal auftreten, so könnte, auf Basis der Modellergebnisse, das bisherige NNTnw am Pegel St. Pauli um ca. 30 cm untertroffen werden.

Vorläufige Ergebnisse des BSH (Jensen et. al. In prep.) deuten darauf hin, dass Sturmebben begünstigende Wetterlagen im Klimawandel zukünftig seltener werden.  

Nach diesen Erkenntnissen wird es im Klimawandel, insbesondere durch den Meeresspiegelanstieg, langfristig zu einer geringeren Beeinträchtigung durch Sturmebben in der Tideelbe kommen. In naher Zukunft können jedoch bisherige extrem niedrige Wasserstände in der Tideelbe untertroffen werden, bevor die Wirkung des Meeresspiegelanstiegs überwiegt.

Genauere Informationen zu den verwendeten Daten, Methoden und Ergebnissen können in dem vor kurzem erschienen gemeinsamen Bericht „Sturmebben in der Tideelbe im Klimawandel“  (https://doi.org/10.18451/expn_2022_01) nachgelesen werden.

Referenzen:

IPCC (2021) Summary for Policymakers. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Intergovernmental Panel on Climate

Jensen et. al. (in prep.)  Negative storm surges in the Elbe estuary – Large-scale meteorological conditions and future climate change. In: atmosphere.


‚HUET‘ – Unterwasser-Abenteuer in Cuxhaven

Hinter der Abkürzung HUET verbirgt sich das „Helicopter Underwater Escape Training“.
Wir vier Mitarbeitende der BAW aus dem Bereich Geotechnik, einer sonst sehr erdverbundenen Disziplin des Bauingenieurwesens, sollten im Offshore Safety-Trainingscenter Cuxhaven lernen, wie man sich in Notsituationen aus einem Helikopter (hoffentlich) retten kann.

Nach einem Theorie-Teil am Vormittag ging es mit Pommes im Bauch über zum Praxis-Teil. Netterweise fand dieser in einem Schwimmbecken statt und nicht in der kalten Nordsee. Wir haben dennoch sogenannte Arbeitsüberlebensanzüge angezogen, bevor wir im Becken dann den Umgang mit einem Notatemsystem (CAEBS – „Compressed Air Emergency Breathing System“) geübt haben. Unsere Ausrüstung sah folgendermaßen aus:

links Arbeitsüberlebensanzug mit Schwimmweste, rechts CAEBS (Bildquelle)

Nach einigen Vorübungen, stets angefeuert durch ein motivierendes „Atme, atme, atme!“ unseres Trainers, kam der unter der Schwimmbadhalle schwebende Helikopter-Dummy zum Einsatz. Unsere Aufgabe war es nun, in 4 Übungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad uns jeweils von unseren Sitzen loszuschnallen und aus dem Helikopter zu entkommen (im Bild unten skizziert).

Die vier verschiedenen Situationen, in denen wir uns aus dem Helikopter retten sollten

Am Anfang war es noch einfach: Tür aufziehen, Rettungsinsel hinausschmeißen und hinterherspringen, bevor der Helikopter unter Wasser ist.
Ab der zweiten Übung kam dann das Atemsystem zum Einsatz. Zunächst wurde der Dummy gerade heruntergelassen, kurz vor der Wasseroberfläche wurden die Fenster und Türen geöffnet, sodass wir anschließend unter Wasser ohne Hindernis hinaustauchen konnten.
In der dritten Übung wurde der Helikopter-Dummy zunächst mit uns versenkt und dann um 180° gedreht. Das war der Moment, in dem wir alle verstanden, warum die Trainer uns zuvor Anweisungen gegeben haben wie „greif zu deinem Fuß“ und nicht „greif nach unten“.
Vor der letzten Übung wurden die Fenster- und Türöffnungen wieder verschlossen und wir mussten sie unter Wasser auf dem Kopf stehend öffnen, bevor wir in Richtung rettender Wasseroberfläche schwimmen konnten. Ziemlich k. o. und glücklich, die Übungen gemeistert zu haben, gab es dann noch ein Abschieds-Gruppenbild vor dem Helikopter-Dummy:

Doch was war der Grund für unser Unterwasser-Abenteuer während der Arbeitszeit?

Seit 2 Jahren erkundet das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Flächen in der Nord- und Ostsee, auf denen anschließend offshore-Windparks gebaut werden sollen. Wer auf diesen Flächen die Windenergie nutzen darf, wird in einer Auktion der Bundesnetzagentur festgelegt. Und damit die Bietenden ihre Kosten für den Windparkbau abschätzen können, wird zuvor ein umfangreiches Informationspaket geschnürt und öffentlich zur Verfügung gestellt (https://pinta.bsh.de/).

Neben Untersuchungen zur Tier- und Pflanzenwelt, sowie den Windverhältnissen auf der Fläche, spielen Informationen über den Baugrund eine tragende Rolle. Wenn dazu Bohrungen und Drucksondierungen bis in eine Tiefe von 80 m durchgeführt werden, sind „offshore client representatives“ für das BSH an Bord der Bohrschiffe. Diese Aufgabe teilen sich Mitarbeitende des BSH, des Ingenieurbüros Ramboll sowie der BAW. Im 2 x 12-Stunden-Schichtbetrieb begleiten und überwachen wir die Arbeiten auf dem Schiff, nach 2 Wochen werden wir dann abgelöst. Damit für diesen Personalwechsel das Bohrschiff seine Arbeit nicht unterbrechen und zurück in den Hafen fahren muss, ist der Transport via Helikopter vorgesehen. Auf der folgenden Karte kann man erkennen, dass der Weg zurück an Land kein Katzensprung ist: die Fläche N-9, die dieses Jahr untersucht wird, liegt mehr als 100 km von der Küste entfernt.

Mit einem roten Punkt an Land markiert: ein möglicher Abflugort des Helikopters: Eemshaven in den Niederlanden; rot umkringelt: Fläche N-9 (Bildquelle)

Wo die BAW im Bereich offshore noch aktiv ist, kann im neusten BAW Geschäftsbericht nachgelesen werden.

Der erste erfolgreiche Herzschlag der neuen Mehrzweckschiffe (MZS)

Mit der erfolgreichen Zertifizierungserprobung des ersten LNG-Bordnetzaggregates einer 12er-Serie, begleitet von der Klassifikationsgesellschaft Lloyds Register, der BAW und der WSV, wurde ein essenzieller Meilenstein im Konstruktions- und Fertigungsprozess der drei neuen Mehrzweckschiffe erreicht.

Dies ist besonders bemerkenswert, da in den letzten 21 Monaten ein mit Erdgas betreibbarer Verbrennungsmotor so weiterentwickelt wurde, dass er mit toxischer und explosiver Verbrennungsluft, die bei einem Havariebekämpfungseinsatz im Operationsgebiet des MZS auftreten kann, sicher funktioniert.

Dafür haben die Motorkonstrukteure nicht nur die baulich konstruktiven Aggregate-Anpassungen durchgeführt, sondern im Vorfeld Versuche und Messungen an einem Testmotor realisieren müssen.

Auch die Nachbildung der im realen Schiffseinsatz besonders kritischen explosiven Umgebungssituation musste zur Vorbereitung der Werkserprobung betrachtet und in die Bordnetzaggregateerprobung integriert werden. Nicht zuletzt waren hierfür die baulichen Gegebenheiten am Motorprüfstand und auch der laufende Fertigungsbetrieb bzgl. des sicherheitstechnischen Umgangs mit explosiver Verbrennungsluft zu berücksichtigen.

Für den nunmehr ersten Motor dieser neuen hochkomplexen und ausrüstungsintensiven LNG-Mehrzweckschiffe hat alles auf Anhieb funktioniert. Die erforderlichen Nachweise konnten erbracht werden. Für die nun folgenden Aggregate wünschen wir den vertraglich und fertigungstechnisch verantwortlichen Firmen MTU und BERGEN-Engine auch weiterhin gutes Gelingen.

Für das in Norwegen bereits gebaute und erfolgreich erprobte Bordnetzaggregat bzw. die noch zu bauenden drei Einheiten für das erste MZS schließen sich nun zunächst der Transportweg nach Litauen (Klaipėda), zum Zwecke des Einbaues in den Schiffskasko an. Im weiteren Projekt-/Fertigungsablauf wird der vorausgerüstete Schiffskasko, nach Deutschland (Lemwerder) verschleppt. Dort wird aus dem vorausgerüsteten Kasko ein modernes und hochkomplexes Mehrzweckschiff, dessen Systeme, wie auch die Bordnetzaggregate nach Abschluss der Installationsarbeiten einer Inbetriebnahmeprozedur und weiterer Hafen- und Seeerprobungen unterzogen werden. Anschließend kann das Mehrzweckschiff dem in 2021 neu gegründeten Reedereizentrum der WSV übergeben werden.

P.S. Durch die zwischenzeitliche Herauslösung des Motorfertigungswerkes aus dem Rolls-Royce-Konzern gehören sowohl der gebaute als auch die noch für die Mehrzweckschiffe zu bauenden LNG-Motoren zu den letzten, die ein Rolls-Royce-Typenschild erhalten werden.

(erstellt: Ulf Türmer, Referat K4, Fachbereich Elektrotechnik)

Bildquelle: BAW

Kiellegung des ersten von insgesamt drei LNG- Mehrzweckschiffen (MZS) des Bundes

Mit dem erfolgten Brennstart am 28.06.2021 und der nunmehr am 07.09.2021 erfolgten offiziellen Kiellegung wurde knapp 20 Monate nach erfolgter Vertragsunterzeichnung am 20.01.2020 der Schritt in die eigentliche Fertigung des ersten von insgesamt drei neuen LNG- Mehrzweckschiffen (MZS) des Bundes vollzogen. Der Auftragnehmer, die Abeking & Rasmussen Schiffs- und Yachtwerft SE, hat auf Grund der gegenwärtigen sehr guten Auslastungslage am Stammsitz in Lemwerder an der Weser einen Teil der Fertigung an die Western Baltija Shipbuilding Yard in Klaipeda/ Litauen vergeben. Die Abeking & Rasmussen Schiffs- und Yachtwerft SE ist während der gesamten Fertigung mit einem eigenen Projektteam zur Sicherstellung einer hohen Qualität sowie als permanenter Ansprechpartner für die Bauaufsicht des Auftraggebers in Klaipeda vertreten. Das Fertigungskonzept sieht vor, dass die Neubauten in einer sogenannten Blockbauweise umfangreich vorausgerüstet mit einem Abstand von ca. 9 Monaten bis schlussendlich September 2023 an der Ostsee entstehen werden. U.a. werden bauablaufbedingt bereits Großkomponenten, wie z.B. der ca. 350 m3 fassende LNG- Tank, die Bergen- Gasmotoren ab Schiff zwei, die Hauptantriebsanlagen sowie der Bugjet der Fa. Schottel eingebracht. Für die weitere Ausstattung mit umfangreicher Decksausrüstung, u.a. die große Schleppwinde, die Hebezeuge, die umfangreiche Ausrüstung zur Ölbekämpfung, der Ausbau und die Einrichtung mit sämtlichen dann folgenden Inbetriebnahmen, Erprobungen und Probefahrten werden die Schiffe sukzessive schwimmfähig und vollständig konserviert an die Weser überführt werden.

Der nunmehr erfolgten Kiellegung sind intensive Gespräche im Rahmen der Prozesse von Basic – und Detail Design vorangegangen. Diese erfolgten zwischen den Beteiligten der Werft, dem Projektteam des Auftraggebers, bestehend aus dem Team der Bauaufsicht des Referates Schiffstechnik der BAW, den Vertretern des künftigen Eigners (WSV mit dem Reedereizentrum, inkl. Mitgliedern der künftigen Besatzung) sowie der Klassifikationsgesellschaft Lloyds Register und einer Vielzahl von beteiligten Systemlieferanten und Zulieferern. Die in der zweiten Hälfte 2020 bei der HSVA Hamburg erfolgreich durchgeführten umfangreichen Modelloptimierungen und anschließenden Modellversuche lassen ein in Bezug auf die geforderten Leistungsmerkmale, insbesondere die Erreichung des geforderten Pfahlzuges von 1450 kN, optimierten Schiffsentwurf erwarten. Der weitere Fertigungszeitplan sieht für den Mai 2022 sowie den Januar 2023 die jeweiligen Kiellegungen der MZS 2 und MZS 3 vor, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt die Intensität für die Beteiligten der Bauaufsicht nochmals erhöht wird. Zudem wird mit der Überführung des MZS 1 voraussichtlich im April 2022 die Bauaufsicht dann künftig zwei Baustellenorte betreuen müssen. Zur Wahrnehmung der Bauaufsicht steht ein erfahrenes Team, bestehend aus dem Referat Schiffstechnik der BAW, dem Reedereizentrum der WSV, einschließlich Mitgliedern der künftigen Besatzung sowie einem externen Dienstleister im Auftrag der BAW, der Bietergemeinschaft Reederei Laeisz/ Innoven GmbH, zur Verfügung. Ein nächstes Highlight wird die Erprobung und Zertifizierung der für diesen Einsatzfall speziell entwickelten gasschutzfähigen Bergen- Gasmotoren sein. Die baugleichen Mehrzweckschiffe werden die mit LNG betriebene, seegehende Spezialschiffsflotte des Bundes um drei weitere Einheiten erweitern.

Quelle: Abeking & Rasmussen Kiellegung 6510 Klaipeda 7 September 2021

Die Vorfreude steigt…

Derzeit wird am Standort Hamburg der BAW in der Wasserbauhalle die bestehende Versuchsinfrastruktur erweitert. Direkt zwischen dem Schiffswellenbecken und der großen Umlaufrinne entsteht eine neue Strömungsrinne. Die 36 m lange Versuchsstrecke wird beidseitig mit Wänden aus Glas ausgestattet, was eine umfassende Beobachtung verschiedener Versuchsszenarien ermöglicht. Zuzüglich Ein- und Auslaufelementen ergibt sich eine Gesamtlänge der Anlage von rund 50 m. Die Rinne erhält bei einer durchgehenden Breite von 60 cm einen autarken Wasserkreislauf.

Für die Realisierung des angestrebten Durchflusses von 500 l/s sind zwei parallel angeordnete Motoren installiert. Hiermit wird eine mittlere Strömungsgeschwindigkeit von rund 1 m/s beim nominellen Wasserstand von 80 cm erreichbar sein. Der aus Edelstahl bestehende Rinnenboden weist zahlreiche Möglichkeiten zur Installation fester Einbauten auf. Entsprechende Bohrungen sind vorbereitet. Die Oberholme sind zur Aufnahme einer später vorgesehenen Installation einer 3D-Traverse ausgelegt.

Als Besonderheit gibt es für Untersuchungen von tidebeeinflussten Effekten die Möglichkeit, die Strömungsrichtung im laufenden Versuchsbetrieb umzukehren. Im Moment der Strömungsumkehr wechseln Ein- und Auslaufelement ihre Funktion und die beidseitig zur Strömungsberuhigung installierten Gleichrichter werden entsprechend motorgesteuert aktiviert bzw. deaktiviert.

Für mögliche Untersuchungen zu bodennahem Sedimenttransport ist die Rinne mit zwei motorgetriebenen Sedimentfängen ausgestattet, die damit je nach Versuchsphase aktiviert oder deaktiviert werden können.

Die Auftragsvergabe zu Planung, Herstellung und Installation der Rinne erfolgte im Juni 2020 an die Fa. Gunt. In die Detailplanung flossen in einem intensiven Austausch mit der BAW-KA deren zahlreichen Erfahrungen aus dem Betrieb der dortigen Versuchsrinnen ein.

Die Zeit zwischen der finalen Freigabe der Planung im November 2020 und dem Baubeginn im April 2021 wurde für notwendige vorbereitende Arbeiten genutzt. Die Tragfähigkeit des Hallenbodens musste durch Herstellung eines Betonsockels erhöht werden, um der neuen Rinne eine entsprechende Standfestigkeit zu verleihen. Der Hallenbereich im Umfeld der Rinne erhielt einen neuen ebenen und robusten Fußbodenbelag. Bereits bestehende Rohrleitungen für den Anschluss der Rinne an das Wassernetz der BAW wurden einer intensiven Innenreinigung unterzogen.

Das erste Projekt steht in den Startlöchern und kann die Fertigstellung und Inbetriebnahme kaum erwarten. Der zunehmend sichtbare Baufortschritt lässt dabei die Vorfreude steigen…

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Drucksondentausch mit Müllsack

Seit vielen Jahren beobachten wir optimierte Buhnenformen in einem Feldversuch an der Tideelbe (wer mehr zum Projekt wissen möchte, kann sich z.B. hier informieren: https://izw.baw.de/publikationen/kolloquien/0/04_Jansch_BAW.pdf). Von uns müssen daher regelmäßig Kolleg*innen dorthin fahren um Messgeräte zu warten, auszutauschen und nach dem Rechten zu sehen (https://blog.baw.de/wp/?p=719). Und jedes Mal fällt er uns wieder auf: der Abfall, der vom Wasser ans Ufer getragen wurde.

Mit Plastikmüll gesprenkelter Spülsaum am Deckwerk von Juelssand

Die Testbuhnen befinden sich am Ufer von Juelssand, einige Kilometer stromab von Hamburg. Der Bereich liegt in einem Naturschutzgebiet und ist ein sehr idyllischer Ort mit viel Grün, alten Obstbäumen und vielen Schafen. Umso mehr sticht der Abfall ins Auge.

Spülsaum an der oberen Deckwerkskante. Im Hintergrund sind die Buhne 29 und der Messpfahl zu erkennen

Besonders im Spülsaum des letzten hoch aufgelaufenen Tidehochwassers liegt zwischen dem Treibsel auch jede Menge Abfall: Plastikbecher und Plastiktüten, Seilstücke, Bierdosen, Segler-Caps, Eimer, Styroporteile und mittlerweile auch Einmal-Mundschutze. Manchmal sind allerdings auch kleine „Schätze“ dabei: Hundespielzeug (über das sich ein hundebesitzender Kollege freut), intaktes Sandspielzeug und immer mal wieder eine richtige Flaschenpost. Auch Holzdrifter der Universität Oldenburg aus dem Projekt „Macroplastics“ (https://www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2017/051.html) haben die Kolleg*innen schon gefunden.

Trotzdem: es ist zu viel Müll. Wer rausfährt, zu den Buhnen, nimmt deshalb immer ein paar leere Müllsäcke mit und wenn es die Zeit erlaubt, wird das aufgesammelt, was vor den Füßen liegt.

Gesammelte Werke

Kurz vor Weihnachten war es mal wieder soweit und die Drucksonden mussten getauscht werden. An dem Tag, an dem die Tide günstig stand, sodass die eingebauten Geräte bei Tageslicht vom Wasser frei gegeben wurden, erlaubte das Wetter auch eine Pandemie-konforme Anreise per Fahrrad. Das ist für Norddeutschland im Winter schon ziemlich viel Glück auf einmal! Dafür bedankten wir uns durch drei volle Müllsäcke, die wir mit dem ebenfalls gefundenen Seil sicher auf den Rädern verschnüren konnten und die jetzt den Abfallcontainer der BAW füllen.

Drei volle Müllsäcke konnten wir per Fahrrad mitnehmen. Noch viel mehr wartet darauf, ebenfalls eingesammelt zu werden, bevor es die Elbe weiter in die Nordsee trägt.

An der Entstehung dieses Beitrages haben Ingrid Holzwarth und Hanne Jansch mitgewirkt.

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.

Neue Mehrzweckschiffe des Bundes erreichen nächsten Meilenstein- Start der Modellversuche in der HSVA im November 2020 erfolgt

Mit dem Start der Modellversuche bei der Hamburgischen Schiffbauversuchsanstalt (HSVA) am 30.11.2020 wurde gut 11 Monate nach erfolgter Vertragsunterzeichnung am 20.01.2020 ein weiterer, wesentlicher Meilenstein im Prozess der Planung und Konstruktion der neuen Mehrzweckschiffe des Bundes vollzogen. Mit erfolgter Freigabe der notwendigen Haushaltsmittel im Bundeshaushalt wurde im Juli des Jahres 2020 die bisherige Serie der zwei Mehrzweckschiffe um ein weiteres, auf nunmehr insgesamt drei Einheiten erweitert. Ein wirklich großer Schritt im Zuge der Modernisierung der Flotte der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) im Rahmen der Maritimen Notfallvorsorge. Der Auftragnehmer, die ABEKING & RASMUSSEN Schiffs- und Yachtwerft SE (im weiteren A&R genannt), am Stammsitz in Lemwerder an der Weser, sichert u.a. mit diesem Auftrag in Höhe von insgesamt 600 Mio. EUR Arbeit und Auslastung bis in das Jahr 2025 hinein. Im Zuge der nunmehr angelaufenen Modellversuche wurden die Ergebnisse der zuvor durch umfangreiche CFD Untersuchungen hinsichtlich des Widerstandes optimierten Schiffsform verifiziert. Darüber hinaus wurden Drehrichtungsuntersuchungen zur Ermittlung der Effizienz der beiden Ruderpropeller in Interaktion mit dem Schiffsrumpf für die diesbezügliche Entscheidungsfindung durchgeführt. Im Anschluss daran folgten die Propulsions- sowie Pfahlzugversuche. Durch diese werden, in der allerdings noch vorläufigen Prognose für die Großausführung, die gestellten Anforderungen zur Erreichung einer Probefahrtgeschwindgkeit von 15 Knoten sowie eines Pfahlzuges größer 1450 kN bestätigt.

Unter der Voraussetzung, dass die gegenwärtig laufenden Arbeiten im Zuge der Konstruktion trotz Corona bedingter Einschränkungen planmäßig voranschreiten, wird in etwa Mitte 2021 mit dem Brennbeginn für das Schiff 1 der erste Teil der Fertigung, der Bau des Schiffskasko, gestartet. Dieser wird von der UAB Western Baltija Shipbuilding in Klaipeda (Litauen), im Unterauftrag der A&R, ausgeführt. A&R ist während der gesamten Fertigung mit einem eigenen Projektteam zur Sicherstellung einer hohen Qualität vor Ort vertreten. Zudem wird das Projektteam der BAW gemeinsam mit dem Team der WSV die Fertigung begleiten und alle notwendigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung aus Sicht des Eigners sicherstellen. Das Fertigungskonzept sieht vor, dass der Neubau in einer sogenannten Blockbauweise mit seinen Großkomponenten einschließlich des LNG Tanks umfangreich vorausgerüstet, bis voraussichtlich März 2022 in Klaipeda entstehen wird. Für die weitere Ausrüstung und Komplettierung sowie sämtliche dann folgende Inbetriebnahmen, Erprobungen und Probefahrten wird das Schiff schwimmfähig und vollständig konserviert an die Weser überführt werden. Der Terminplan sieht vor, mit jeweils 9- monatigem Nachlauf die Mehrzweckschiffe 2 und 3 in der Fertigung folgen zu lassen. Die Ablieferung des Mehrzweckschiffes 1 ist aus heutiger Sicht für das 3. Quartal 2023 vorgesehen. Die drei neuen Mehrzweckschiffe ersetzen jeweils die vorhandenen Schiffe Scharhörn, Mellum und Neuwerk. Sie werden die Flotte des Bundes der LNG betriebenen, seegehenden Spezialschiffe auf insgesamt vier Einheiten erhöhen.

Quelle: P. Neumann/A&R

Die Zukunft im Klimawandel?

Abb. 1: BAWBildatlas – Darstellung möglicher Zukünfte im Klimawandel

Meeresspiegelanstieg, Meteorologie, Topographie des Wattenmeers, binnenseitiger Abfluss in die Ästuare, … alles wird sich im Klimawandel verändern. Und das nicht einzeln nacheinander, sondern alles parallel auf unterschiedlichen Zeitskalen, weil alles mit allem zusammenhängt.
Wir wagen einen Blick in die Zukunft und zeigen mit Hilfe von Computersimulationen, was uns erwarten könnte.

In vorangegangenen Studien wurden die zahlreichen an der Küste vom Klimawandel beeinflussten Komponenten einzeln untersucht. Im BMVI-Expertennetzwerk gehen wir einen Schritt weiter und wollen herausfinden, wie eine mögliche Zukunft aussehen kann, in der die zu erwartenden Veränderungen zusammenspielen.

Abb. 2: Mittlere Überflutungsdauer im heutigen Zustand (oben) und in der fernen Zukunft (unten).

Für die nahe Zukunft (2031-2060) und ferne Zukunft (2071-2100) werden einzelne Jahre mit einem hydrodynamisch-numerischen Modell simuliert und die kombinierten Auswirkungen des Klimawandels auf die Deutsche Bucht und die angrenzenden Ästuare Ems, Weser und Elbe analysiert.
Die dafür benötigten Randwerte werden durch die Bundesoberbehörden BSH, DWD, BfG und BAW erarbeitet.
Aus den Ergebnissen können mögliche Betroffenheiten für Infrastruktur sowie Küsten- und Naturschutz abgeleitet werden. Beispielsweise lässt sich folgern, dass die Wattflächen in der fernen Zukunft im Vergleich zum heutigen Zustand abnehmen können (Abb. 2).

Weitere Ergebnisse sind in dem nun erschienenen BAW Bildatlas „Darstellung möglicher Zukünfte im Klimawandel“ zusammengefasst und können online eingesehen werden.