Regina Patzwahl

„Rheinblick 741“ oder „Was die BAW im Schwimmbad macht“

Morgenstimmung am Rheinknie. Im Hintergrund ist der Düsseldorfer Fernsehturm zu sehen, um Vordergrund Bäume und Büsche.
Morgenstimmung am Rhein bei Düsseldorf.

Am Mittwoch sind wir, Kilian Mouris und ich, beladen mit einem Bildschirm, einem Bildschirm-Ständer und einer Posterrolle losgefahren. Ziel: Düsseldorf, Rheinblick 741. Wenn man googelt, stellt sich die Frage: Was macht ihr denn im Schwimmbad? – ja, Rheinblick 741 ist ein Schwimmbad, bietet aber auch einen Veranstaltungsraum mit Blick auf den Rhein und das Gebiet, dass wir seit fast zwei Jahren intensiv mittels Naturdatenanalyse und numerischer Modellierung untersuchen. Unser Ziel ist es im Rahmen des BVWP-Projektes W27, Teilabschnitt 2 (Abladeverbesserung Niederrhein, Lausward und Urdenbacher Kämpe) eine flussbauliche Maßnahme für den Abschnitt am Rheinknie zu entwickeln, die das Wiederaufwachsen eines Mittelgrundes nach Herstellung einer neuen Fahrrinnentiefe von 2,80 m unterbindet. Parallel dazu haben wir im Referat W2 die Planung der ökologischen Ausgleichsmaßnahme mittels des numerischen Modells unterstützt. Der Zeitplan der Projektleitung im WSA Rhein sah vor, bis Mai 2025 eine Vorzugsvariante zu haben, um die Scopingunterlagen erstellen zu können und Ende 2025 in eine Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung (FÖB) zu gehen. Beide Ziele wurden erreicht und so haben wir uns am Mittwoch, 29.10.2025 auf den Weg gemacht.

Dieses Veranstaltungsformat war für fast alle Beteiligten das erste seiner Art. Es wurde von Seiten des WSA Rhein viel Arbeit investiert, um die Vorhaben und die Zusammenhänge bestmöglich vermitteln zu können. Neben dem Postermarkt mit Erläuterungen zu allem, was im und rund um das Projekt wichtig ist, gab es Vorträge des WSA Rhein und der BAW. Im Anschluss bestand die Möglichkeit, persönlich ins Gespräch zu kommen – ein Angebot, das rege genutzt wurde.

Das Bild zeigt eine Diskussionsszene am Stand der BAW im Nachgang zu den Vorträgen.
Gesprächsbedarf. Quelle: WSA Rhein

Wir haben die Veranstaltung sehr gerne unterstützt und waren mit dem oben schon erwähnten „großen Gepäck“ dabei: So konnten wir Interessierten nicht nur über Poster und Vortrag hinaus Einblicke in die Ergebnisse der numerischen Modellierung geben, sondern auch zahlreiche Fragen direkt beantworten. Unser BAW-Stand fügte sich dabei sowohl optisch als auch inhaltlich hervorragend in die insgesamt sehr gelungene Veranstaltung ein.

Das Bild zeigt den Stand der BAW. In der Mitte ein Bildschirm mit einem Rendering der Maßnahme in die Umgebung. Links und Rechts vom Bildschirm ist jeweils ein Poster platziert was den heutigen Zustand und einen möglichen zukünftigen Zustand zeigt und erläutert.
BAW-Stand bei Früher Öffentlichkeitsbeteiligung zu W27 TA2, Okt. 2025

Die Rückmeldungen zum Projekt waren vielfältig. Sie reichten von vollster Zustimmung bis hin zu Skepsis bezüglich der Notwendigkeit und der Art der Maßnahme, von Ungeduld und der Frage, warum man angesichts des Umfanges der Maßnahme nicht einfach in die Umsetzung geht bis zu dem Wunsch, über die bereits vorgesehenen umfangreichen Prüfschritte weitere hinzuzufügen und vieles mehr. Aus meiner Sicht war aber es aber jederzeit konstruktiv.

Das Bild zeigt K. Mouris beim Präsentieren des BAW-Beitrags. Im Vordergrund ist Publikum zu sehen.
Plenum: Vorstellung der Vorzugsvariante und fachliche Herleitung durch BAW

Ich denke, es ist nicht unüblich, aufgeregt zu sein, wenn man seine Arbeit nicht einem Fachpublikum, sondern einer interessierten Öffentlichkeit (hier inbegriffen die sog. Träger öffentlicher Belange) vorstellt. Bekommt man die inhaltliche Arbeit so vermittelt, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer etwas davon mitnehmen? Interessieren sie sich über den Vortrag hinaus für die Arbeit? Können wir rüberbringen, dass wir keine Betonköpfe sind sondern die objektiv beste Lösung erarbeiten möchten? Ob uns das wirklich gelungen ist, wissen wir natürlich nicht, aber ich habe den Eindruck mitgenommen, dass auch skeptisch eingestellte Besucherinnen und Besucher mit dem Gefühl, ernst genommen worden zu sein nach Hause gegangen sind. Das lag aber nicht nur an dem gut gewählten Veranstaltungsort, an dem freundlichen, sehr gut organisierten Empfang, den tollen Broschüren zum Projektstand oder den Give-aways sondern zu einem sehr großen Teil an dem Projekt-Team, das geschlossen die Lust an diesem Projekt und den Willen, voran zu kommen allein durch sein Auftreten vermittelt hat.

Auf jeden Fall sind wir im Rheinblick 741 nicht baden gegangen.

Bedankt vor jullie tid

Wenn sich Kolleginnen und Kollegen von Rijkswaterstaat, vom WSA Rhein, von Deltares sowie von der BfG bei der Kollegin in der BAW Karlsruhe einfinden, dann kommt die „Deutsch-Niederländische Projektgruppe für die Grenzstrecke“ zusammen. Vierzehnmal haben wir uns bereits getroffen um gemeinsam und mit gesammelter Kompetenz die schifffahrtliche Zukunft einer der wichtigsten Wasserstraßen Europas grenzüberschreitend sicherzustellen. Der Blick über den „Grenzrand“ beinhaltet neben dem Zusammenführen der Grundlagendaten, unter anderem auf einheitliche Bezugssysteme sowie dem Beschreiben des heutigen Zustands, auch die Diskussion und Modellierung möglicher Maßnahmen. Das fünfzehnte Treffen fand in der BAW und nicht wie sonst wechselweise in Duisburg bzw. Arnheim statt. Bin ich ansonsten immer Gast mit langer Zugfahrt aus dem Süden durfte ich am 22.1-23.1.2025 meine Kolleginnen und Kollegen an „meinem Arbeitsplatz“ begrüßen. Neben der mittlerweile routinierten Tagesordnung der Arbeitsgruppe gab es für die weit angereisten Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit, die Modellinfrastruktur der BAW bei einer Hallenführung kennen zu lernen. Diese Besuche werden in der Regel mit Begeisterung aufgenommen und so gab es auch an diesem Abend viele interessierte Fragen und Anmerkungen zu einem PianoKey-Wehr, einer Systemrinne zu hydraulischen und morphodynamischen Untersuchungen in Krümmungsstrecken mit Geschiebetransport und dem Streckenmodell „Jungferngrund“, das wegen seiner detailgenauen Abbildung der Felssohle in diesem Rheinabschnitt immer ein Hingucker ist. Beim gemeinsamen Abendessen war endlich einmal Zeit, sich über die Tagesordnung hinaus auszutauschen und sich neben den fachlichen Qualitäten des Einzelnen, die man kennt und schätzt ein bisschen besser, kennen zu lernen. Am Ende jedes Treffens heißt es dann: Bedankt vor jullie tid – Danke für eure Zeit! Auch wenn die Arbeit der PG bald mit einem Bericht abgeschlossen sein wird, werden die im Rahmen der Arbeit geknüpften Kontakte und die geschaffenen Möglichkeiten zur Datenzusammenführung helfen, die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg zu erleichtern und zu beschleunigen.

Promotie in Delft

Der Pedell-Stab, lang, schwarz und mit silbernem Knauf schlägt auf den Boden „Hora Est!“ – Exakt 60 Minuten sind vorüber. Der, nach einer strengen Ordnung gekleidete Promovendus und seine Paranymphen setzen sich zum Publikum, die in Talar und Mütze gehüllten 3 Promotoren, 4 Opponenten und der Rector Magnificus folgen der PedellIn hinaus. – Applaus, Freude, Spannung…objektiv wohl 15 Minuten, gefühlt eine halbe Ewigkeit später kommt die akademische Runde zurück, eine große rote Papprolle mit einer Ernennungs-Urkunde in der Hand, der Promovendus und die Paranymphen stellen sich vor der Gruppe auf. Es folgen wichtige Worte, herzliche Wort, alle werden einbezogen: die Familie, die das alles mittragen muss, die Förderer, Unterstützer und andere wichtige Begleiter dieser Zeit. – Eine lange, intensive, manchmal spannende, manchmal grausam enervierende Phase im Leben findet mit der Verteidigungs- und Verleihungs“zeremonie“ des Doktor-Titels der TU Delft einen angemessenen Rahmen. – Bereits im Januar konnten mein Kollege Jacek und ich bei einer solchen –  in der aber nichts verschenkt wird! – dabei sein und ich war angetan davon, wie eine Doktoranden-Zeit so würdigend abgeschlossen werden kann.

Dieses Mal umso mehr als es „unser“ Projekt, „unser“ Doktorand war und Jacek im Komitee (Promotor) und ich im Publikum die Begeisterung und die fachliche Anerkennung ALLER für die hiermit nun offiziell abgeschlossene Dissertation miterleben konnten. Es war umso emotionaler, als mit Frank nun der Letzte einer langen Reihe von Doktoranden von Prof. Dr. Guus Stelling „promoviert“ wurde. Allen war klar: Da geht etwas zu Ende!

Die „Feierlichkeiten“ beginnen in der TU Delft traditionell schon am Tag vorher mit einem informellen Work-Shop, bei dem die von auswärts und manchmal sehr weit her angereisten Komitee-Mitglieder ihre Facharbeit in einem kurzen Vortrag präsentieren können. Wir haben diesen Anlass genutzt, und eine praktische Anwendung des von Frank im Rahmen des Projektes „Effizienz- und Genauigkeitssteigerung der Modellierung der Hydrodynamik der Flüsse mit einem kombinierten Multigrid- und Subgrid-Ansatz“ entwickelten numerischen Prototypen vorgestellt. Sonst wäre dafür keine Gelegenheit gewesen und die Arbeit stieß auf Interesse. Am Abend wird – ebenfalls so üblich – von der TU Delft zu einem Abendessen eingeladen. Hier kann sich die Runde noch ein wenig besser kennenlernen oder Bekanntschaften vertiefen. Die Vorfreude und Aufregung liegen in der Luft. Es wird aber auch viel gelacht – man könnte denken, es sei eine Art Lockerungsübung für alle Beteiligten. – Neben vielen positiven Aspekten dieser Herangehensweise hat das Verfahren der TU Delft noch einen weiteren, sehr großen Vorteil: Mit dem Termin zur Verteidigung der Arbeit ist alles abgeschlossen. Vorab müssen die Opponenten (hier: Prof. Dr. ir. A. W. Heemink (TU Delft), Prof. Dr. ir. B. Koren (Tech. University of Eindhoven), Prof. Dr. Michael Dumbser (University of Trento), Prof. Dr. N. G. Wright (De Montfort University, Leicester)) schriftlich erklären, dass sie „A“ komplett mit der Arbeit einverstanden sind (so wie es hier der Fall war) oder „B – ?“ noch Fragen bzw. Änderungswünsche haben. Ist das der Fall, werden sie noch vor der Verteidigung eingearbeitet und am Tag der Verteidigung liegt die Arbeit gedruckt vor, jeder im Publikum nimmt sich ein Exemplar und ist technisch somit in der Lage den Fragen des Komitees unmittelbar zu folgen. – Mit der Verteidigung ist wirklich ALLES abgeschlossen, die Urkunde überreicht, (man muss sie nicht irgendwann Monate später zerknittert aus dem Postkasten fischen…), der Titel vergeben – Ende! Feiern! Glücklich, zufrieden, erleichtert den Tag abschließen. – Übrigens wird der Titel-Neu-Träger darauf hingewiesen, dass mit diesem Titel auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu Aufrichtigkeit und wissenschaftlicher Integrität einhergeht. – Es sind eben nicht nur ein paar mehr Buchstaben vor dem Namen oder ein „Türöffner“ in eine geld-goldene Zukunft.

Ach und bevor ich es vergesse: wer die Arbeit von Dr. Frank Platzek (Accuracy and efficiency in numerical river modelling) lesen möchte, kann sie heute schon bei http://repository.tudelft.nl herunterladen. Ansonsten kann man auch den FuE-Abschlussbericht abwarten. Unser gemeinsames Projekt zu „Effizienz- und Genauigskeitssteigerung in der numerischen Flussmodellierung“ mit der TU Delft und Deltares findet hiermit ein Ende, dass zumindest den Anwesenden in Delft ein Lächeln aufs Gesicht zeichnete. Für alle, die sich für numerische Flussmodellierung interessieren, lohnt sich ein Blick hinein, bietet diese Arbeit doch neben drei fachlich sehr unterschiedlichen Veröffentlichungen einen umfassenden Überblick über die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema – aber auch eine alternative Version für alle die, die „Hallelujah“ von Leonard Cohen prinzipiell sehr mögen, aber mit dem Text nicht viel anfangen können. „Shallow water…“ singt sich auch sehr gut…