Jörg Bödefeld

BAW auf der Smart Rivers Conference 2025 – Innovation am Mississippi

Sechs Köpfe, einige Vorträge im Gepäck und viel Lust auf Austausch: mit diesem Ansatz war die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) Anfang September auf der Smart Rivers Conference 2025 in Memphis, USA, vertreten.
Die internationale Fachkonferenz versammelte rund 300 Expertinnen und Experten aus sechs Kontinenten – direkt am Ufer des Mississippi, dem wohl berühmtesten Binnenfluss der Welt. Das diesjährige Motto “Resilient Waterways – Navigating a Sustainable Future” passte perfekt zu den Themen, mit denen wir uns bei der BAW täglich beschäftigen.
In Vorträgen, Diskussionsrunden und persönlichen Gesprächen stellte unser Team aktuelle Forschungsergebnisse vor, teilweise gemeinsam mit der WSV. Dabei ging es um Themen wie die Nachrechnung von bestehenden Bauwerken, Digitalisierungsansätze für das Betreiben der Infrastruktur und die Unterstützung der Schiffahrt sowie Einflüsse des Klimwandels. Während der Konferenz fanden auch Arbeitsgruppensitzungen zu den beiden PIANC-Working Groups 255 (Nachrechnung bestehender Bauwerke) und 264 (Innovative Digitalisierungs-Ansätze für das Infrastrukturmanagement) statt – beide werden von BAW-Kolleginnen geleitet.
Neben dem fachlichen Input blieb auch Zeit für Networking etwa mit Rijkswaterstaat (NL), Voie navigable de France (F) und dem United States of America Corps of Engineer (USA) sowie natürlich den einen oder anderen Blick auf den „Old Man River“. Der Austausch mit internationalen Fachkolleginnen und -kollegen zeigte einmal mehr: Viele Herausforderungen sind global – und lassen sich am besten gemeinsam lösen.
Unser Fazit: Die Smart Rivers Conference war ein voller Erfolg – inspirierend, praxisnah und bestens organisiert – ein Dank an das Organisationsteam von PIANC USA. Mit vielen neuen Ideen und Kontakten im Gepäck kehren wir zurück und freuen uns schon jetzt auf die nächste Ausgabe.

Anwender-Workshop im BMDV-Expertennetzwerk

Forschende freuen sich, wenn ihre Ergebnisse Verwendung finden. Damit Forschung kein Selbstzweck bleibt, wird auch im Rahmen des BMDV-Expertennetzwerkes dem Austausch mit Anwendern ein hoher Stellenwert eingeräumt.

So hat auch die BAW am Vormittag des 16.05.2022 mit 15 Vertretern aus GDWS und BAW einen virtuellen Anwenderworkshop veranstaltet. Vorgestellt wurden Werkzeuge, die zur Priorisierung von Instandhaltungsmaßnahmen verwendet werden können. Entstanden sind sie im Rahmen des Arbeitspakets 4 des Schwerpunktthemas 302 im BMDV-Expertennetzwerk.

Ist denn eine Priorisierung von Instandhaltungsmaßnahmen wirklich erforderlich und sinnvoll? Die Überlagerung von Bauwerksalter, Bauwerkszustand und zur Verfügung stehenden Ressourcen wie Personal, Geld und Zeit lassen keinen Zweifel daran. Die Teilnehmer bestätigten dies aus Sicht der Praxis. Die aktuelle Vorgehensweise wurde als Feuerwehrstrategie bezeichnet, bei der nur die Bauwerke instandgesetzt werden, bei denen ein zeitnaher Ausfall erwartet wird. Also müssen Modelle und Kennzahlen her, die Entscheidern bei erforderlichen Entscheidungen helfen können und die WSV perspektivisch zu einer vorausschauenden Instandhaltung bringen.

Filigrane Lebenszyklusmodelle zum Infrastrukturmanagement sind sehr datenhungrig, die Datenbeschaffung stellt dann häufig ein Problem dar. In einem ersten Teil des Projektes hat die BAW daher versucht, vorhandene Daten der Bauwerksinspektion besser zu nutzen und daraus weitere Kennzahlen zu generieren. Bereits etabliert sind Zustands- und Teilnoten, die über die von Schäden betroffenen Bauteile aggregierte Kennzahlen berechnen. Mit einer Adaption der FMEA-Methodik, üblicherweise im industriellen Produktionsbereich eingesetzt, können diese Noten geschärft werden. Es entstehen modifizierte Noten, die zeigen, inwieweit die Tragfähigkeit, die Gebrauchstauglichkeit und die Dauerhaftigkeit von den entdeckten Schäden betroffen ist. Defizite im Bereich der Tragfähigkeit können weitreichende Konsequenzen bis hin zum Bauwerksversagen haben. Es macht daher Sinn, Bauwerke mit einer entsprechenden Benotung prioritär zu behandeln, mindestens im Hinblick auf weitere Untersuchungen, unter Umständen aber auch im Hinblick auf erforderliche Maßnahmen.

Modifizierte Zustandsnoten

Aber auch die modifizierten Noten führen weiterhin zu einer Gruppierung der Bauwerke, viele Bauwerke haben die gleiche modifizierte Note. Gibt es auch die Möglichkeit, weitere Kriterien bei einer Priorisierung zu berücksichtigen, um zu einer tatsächlichen Reihung zu kommen?

Mit der Anwendung von multikriteriellen Entscheidungsmethoden, kann diese Frage mit „ja“ beantwortet werden. Multikriterielle Entscheidungsmethoden ermöglichen eine Unterstützung von Entscheidungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kriterien. Die BAW hat die TOPSIS-Methode für die beschriebene Problematik adaptiert und Ansätze der Fuzzy-Methode integriert. Für eine beispielhafte Anwendung wurden drei Kriterien und fünf Bauwerke ausgewählt. Final müssen genau diese Kriterien und ihre Gewichtung intensiv zwischen den Beteiligten diskutiert werden. Zusätzlich ist es möglich, Expertenwissen sehr strukturiert abzufragen und zu verwenden, was von den Workshopteilnehmenden begrüßt wurde. Im Ergebnis entsteht ein transparentes, nachvollziehbares und objektives Informationsmodell zur Entscheidungsunterstützung.

Die unterschiedlichen Aspekte wurden eingehend von den Teilnehmern diskutiert. Da nicht für alle Details gebührend Zeit zur Verfügung stand, soll die Diskussion in einem Folge-Workshop fortgesetzt werden. Für die Forschenden war der Workshop motivierend, denn -wie eingangs ausgeführt- die Anwendung der Forschungsergebnisse ist unser Ziel.