Alter Lachs!

Die Wanderschuhe versinken tief im weichen, moosigen und ab und zu matschigen Boden, rechts und links kilometerweit Nadelbäume, Birken und vor allem viel Totholz. Nichts ist zu hören außer Vogelgezwitscher und dem Rauschen eines Flusses in der Ferne. Natur pur in der kanadischen Wildnis der Provinz Québec. Hier scheinen die Bedingungen für den in Europa als gefährdet geltenden Lachs noch perfekt – aber nur auf den ersten Blick.

Welchen Problemen zum Schutz dieser Wanderfische, anderer Fischarten und aquatischer Ökosysteme wie entgegengewirkt werden kann, wurde unter dem Motto „Connectivity and processes across the riverscape“ auf dem 15th International Symposium on Ecohydraulics and Fish Passage diskutiert. Erstmals fanden beide Konferenzen zeitgleich und gemeinsam statt. Vom 06. bis 09. Mai trafen sich dazu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Personen aus der internationalen Fachwelt in der gleichnamigen Hauptstadt der Provinz Québec. Québec liegt direkt am Sankt-Lorenz-Strom und bedeutet auf Algonquin passend „where the river narrows“, denn schon wenige Kilometer östlich von Québec kommt Küstenfeeling auf. Aber nicht nur die Lage macht die Stadt zu etwas Besonderem, auch die historische Altstadt ist eine der ältesten Nordamerikas.

Nächtlicher Spaziergang durch die Altstadt von Quèbec mit Blick auf das Château Frontenac.
Gruppenfoto mit Kolleginnen und Kollegen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), welche ebenfalls mit Vorträgen auf der Konferenz vertreten war.

In insgesamt 41 Sessions wurden jedoch weitaus mehr Aspekte beleuchtet und es wurde schnell klar, dass man in Nordamerika teilweise mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat als in Europa. Während wir in Europa Wert darauf legen, dass alle Fischarten gleichermaßen Fischaufstiegsanlagen überwinden können, liegt der Fokus in Nordamerika stark auf anadromen Fischarten – wie z.B. dem Lachs. Dabei sind die Randbedingungen für Planung und Bau von Anlagen nicht weniger herausfordernder als in Europa. Eine Präsentation handelte eindrucksvoll davon, dass meterhohe Eismassen, welche im Winter über den Fluss in den Nordatlantik transportiert werden, es nahezu unmöglich machen, eine Fischaufstiegsanlage zu bauen, die nicht durch die Eismassen zerstört wird. Hinzu kommt, dass witterungsbedingt nur drei Monate im Jahr gebaut werden kann und Beton aus logistischen Gründen nicht zur Verfügung steht. Die einzige Lösung ist daher aus den größten vor Ort befindlichen Steinen einen naturnahen Fischaufstieg zu bauen. Im Rahmen eines anderen Vortrages wurde dargelegt, mit welchen logistischen Problemen man beim Bau an abgelegenen Orten konfrontiert wird. So mussten Bagger beispielsweise in Einzelteilen zerlegt per Hubschrauber zur Baustelle geflogen werden, da keine Straße dorthin führte. Gleiches galt für sämtliches Baumaterial sowie Ausrüstung und Personen. Vor Ort war keine Fläche zum Abstellen vorhanden, sodass eine Plattform über den Fluss gebaut werden musste, welche jedoch bei hohen Abflüssen immer wieder zerstört wurde. Handyempfang oder gar Internet waren natürlich auch nicht vorhanden, was die Kommunikation und das Ausarbeiten von Notfallplänen deutlich erschwerte. Für uns in Europa fast unvorstellbare Szenarien.

Linus und ich nutzten auch die Gelegenheit, im Rahmen einer Exkursion mehr über das Leben der indigenen Bevölkerungsgruppe der Huronen zu lernen. Dieses Volk wurde einst aus seiner ursprünglichen Heimat am Huronsee vertrieben und hat sich deshalb in Québec niedergelassen. Ein Museum bot die Möglichkeit, mehr über die ursprünglichen Lebensweisen und Traditionen zu erfahren. Im Anschluss erfolgte im strömenden Regen die Besichtigung einer Aalleiter – ein Projekt, welches in Zusammenarbeit mit der Huron-Wendat Nation erfolgt, um den Aal auf dem dortigen Gebiet wieder anzusiedeln.

Die Reise nach Kanada bot uns nicht nur die Möglichkeit, unsere Forschungsergebnisse international zu präsentieren, unseren fachlichen Horizont zu erweitern und unser Netzwerk auszubauen, sondern auch die Chance, abseits der Konferenz Kanada zu erkunden. Linus zog es in die kanadische Hauptstadt und die umliegende Seenlandschaft zum Angeln und Wandern. Ich durchstreifte die Nationalparks rund um Québec auf der Suche nach unbekannter Flora und Fauna. So bekamen wir zwar Bieber, Otter, Elche, Stachelschweine und sogar einen kleinen Schwarzbären zu sehen, ein Blick auf den so bedeutsamen Lachs blieb uns jedoch verwehrt – dieser verbringt seinen Sommer im Atlantik und kommt erst im Herbst wieder in die kanadischen Flüsse zurück. Hoffentlich beim nächsten Mal….

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