Mai, 2021

Nun herrscht wieder Stille – um und in der Grünen Rinne

Die Fischversuche 2020/21 mit der Forschungsfrage, ob sich die Passagewahrscheinlichkeit für kleine schwimmschwache Fische durch eine raue Sohle im Vergleich zu einer glatten Sohle verbessert, sind beendet. Sowohl die Kolleg*innen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) als auch deren Schützlinge haben die BAW verlassen. Während die Fische wieder in ihre Herkunftsgewässer gesetzt wurden, befinden sich die Biolog*innen der BfG und die Hydrauliker*innen der BAW für die Datenauswertung an den Schreibtischen.

Zwei Fischarten, Rotaugen und Gründlinge, haben in der aktuellen Ethohydraulikstudie des BAW-BfG-Verbundprojekts „Ökologische Durchgängigkeit“ den Versuchsaufbau in einer Laborrinne der BAW durchschwommen. Jeweils in Dreiergruppen wurden die Fische mit der hydraulischen Situation in Form eines Einstiegsschlitzes und einer rauen oder glatten Sohle konfrontiert. Um die Versuchsbedingungen zu dokumentieren und vor allem das Fischverhalten im Nachgang zu analysieren, wurde im Vorfeld der Versuche die Hydraulik im Ober- und Unterwasser sowie im Einstiegsschlitz gemessen.

Die Bemessungsgeschwindigkeit in dieser Untersuchung wurde als die maximale Geschwindigkeit im Schlitzquerschnitt definiert und sollte für die glatte und raue Sohle gleich sein. Die Geschwindigkeit im und unterhalb des Schlitzes korreliert mit der Wasserspiegeldifferenz von Ober- und Unterwasser. Durch die Variation des Durchflusses und des Unterwasserstands wurde die vorgegebene Geschwindigkeit eingestellt, sodass die hydraulischen Zustände bei rauer und glatter Sohle vergleichbar sind.

Detailansicht auf die Schlitzabströmung.

Im Einstiegsschlitz sind die Geschwindigkeitswerte unabhängig von der Sohlstruktur über die Tiefe annähernd konstant. Das sich im Schlitz bei rauer Sohle, anders als in der Gerinnehydraulik, im messbaren Bereich (ca. 2cm oberhalb der höchsten Steinspitze) keine geschwindigkeitsreduzierte Schicht einstellt, bestätigt die zuvor getroffene Annahme über die hydraulische Situation am Schlitz.

Bevor tiefer in die weitere Auswertung eingestiegen werden kann, müssen zunächst alle erstellten Unterlagen, wie z.B. die handschriftlichen Protokolle, digitalisiert und die vielen Fischvideos gesichert werden. Ob sich die Schlitzpassagerate bei rauer Sohle von der bei glatter Sohle signifikant unterscheidet und wie groß der mögliche Unterschied sein wird, kann erst nach umfangreichen statistischen Tests gesagt werden.

BAW und BfG sind auf die Erkenntnisse gespannt, die sich aus diesem Versuchsaufbau ableiten lassen, und schielen schon jetzt mit einem Auge auf die nächsten Fischversuche, die für 2022 geplant sind.

Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) verfasst. Weitere Informationen zum Projekt der ökologischen Durchgängigkeit finden Sie unter https://www.bafg.de/DE/08_Ref/U4/07_Durchg/durchg_node.html. Allgemeine Informationen zur BfG finden Sie hier www.bafg.de.

Die Vorfreude steigt…

Derzeit wird am Standort Hamburg der BAW in der Wasserbauhalle die bestehende Versuchsinfrastruktur erweitert. Direkt zwischen dem Schiffswellenbecken und der großen Umlaufrinne entsteht eine neue Strömungsrinne. Die 36 m lange Versuchsstrecke wird beidseitig mit Wänden aus Glas ausgestattet, was eine umfassende Beobachtung verschiedener Versuchsszenarien ermöglicht. Zuzüglich Ein- und Auslaufelementen ergibt sich eine Gesamtlänge der Anlage von rund 50 m. Die Rinne erhält bei einer durchgehenden Breite von 60 cm einen autarken Wasserkreislauf.

Für die Realisierung des angestrebten Durchflusses von 500 l/s sind zwei parallel angeordnete Motoren installiert. Hiermit wird eine mittlere Strömungsgeschwindigkeit von rund 1 m/s beim nominellen Wasserstand von 80 cm erreichbar sein. Der aus Edelstahl bestehende Rinnenboden weist zahlreiche Möglichkeiten zur Installation fester Einbauten auf. Entsprechende Bohrungen sind vorbereitet. Die Oberholme sind zur Aufnahme einer später vorgesehenen Installation einer 3D-Traverse ausgelegt.

Als Besonderheit gibt es für Untersuchungen von tidebeeinflussten Effekten die Möglichkeit, die Strömungsrichtung im laufenden Versuchsbetrieb umzukehren. Im Moment der Strömungsumkehr wechseln Ein- und Auslaufelement ihre Funktion und die beidseitig zur Strömungsberuhigung installierten Gleichrichter werden entsprechend motorgesteuert aktiviert bzw. deaktiviert.

Für mögliche Untersuchungen zu bodennahem Sedimenttransport ist die Rinne mit zwei motorgetriebenen Sedimentfängen ausgestattet, die damit je nach Versuchsphase aktiviert oder deaktiviert werden können.

Die Auftragsvergabe zu Planung, Herstellung und Installation der Rinne erfolgte im Juni 2020 an die Fa. Gunt. In die Detailplanung flossen in einem intensiven Austausch mit der BAW-KA deren zahlreichen Erfahrungen aus dem Betrieb der dortigen Versuchsrinnen ein.

Die Zeit zwischen der finalen Freigabe der Planung im November 2020 und dem Baubeginn im April 2021 wurde für notwendige vorbereitende Arbeiten genutzt. Die Tragfähigkeit des Hallenbodens musste durch Herstellung eines Betonsockels erhöht werden, um der neuen Rinne eine entsprechende Standfestigkeit zu verleihen. Der Hallenbereich im Umfeld der Rinne erhielt einen neuen ebenen und robusten Fußbodenbelag. Bereits bestehende Rohrleitungen für den Anschluss der Rinne an das Wassernetz der BAW wurden einer intensiven Innenreinigung unterzogen.

Das erste Projekt steht in den Startlöchern und kann die Fertigstellung und Inbetriebnahme kaum erwarten. Der zunehmend sichtbare Baufortschritt lässt dabei die Vorfreude steigen…

Verfasst von Bernhard Kondziella

Als technischer Angestellter bin ich überwiegend im Bereich der Naturmessungen und im Bereich des physikalischen Modellwesens tätig. Angesiedelt sind diese Themen im Referat K1 "Küsteningenieurwesen" der Dienststelle Hamburg.