Gerrit Fiedler

Naturmessung am Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster gestartet

Für die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit baut die WSV Fischaufstiegsanlagen zur Überwindung von Wanderhindernissen, wie z. B. Wehren. Neben Schlitzpässen, einer Betonbauweise mit senkrechten Wänden, werden an Wasserstraßen mit ausreichendem Platz und geringen Nutzungskonflikten naturähnlichere Raugerinne geplant. Diese bestehen dabei häufig aus mehreren aufeinanderfolgenden Querriegeln aus Steinen, welche den Höhenunterschied des Wanderhindernisses schrittweise abbauen. Durchgangsöffnungen in den Riegeln ermöglichen auch den größten in den Gewässern lebenden Fischen und Neunaugen den Aufstieg. Doch wie genau wirken sich Raugerinne auf die Wasserspiegellagen im Oberwasser aus? Die Strömungsbedingungen sind aufgrund der unregelmäßigen Riegelsteine sowie den Durchgangsöffnungen komplex und mit einfachen Methoden nur überschlagsweise beschreibbar. Die Wasserspiegel im Oberwasser sind jedoch im Rahmen des Genehmigungsprozesses oft für das gesamte Abflussspektrum, insbesondere zum Nachweis der Hochwasserneutralität nachzuweisen. Ein Forschungsprojekt der BAW widmet sich nun dieser spannenden Fragestellung.

Erste Berechnungsansätze wurden bereits mit Modellen an der BAW entwickelt und sollen nun anhand von Messdaten in der Natur validiert werden. Hierfür wurde kürzlich ein Raugerinne bei Unterbreizbach an der Ulster mit sechs Druckmessdosen ausgestattet. Diese werden in den kommenden Monaten den Wasserspiegel im Oberwasser, in den Becken und im Unterwasser des Raugerinnes messen.

Eine wertvolle Abwechslung zu Büro und Halle – gut gelaunte BAW-Mitarbeitende bei der Naturmessung an der Ulster

Zwar handelt es sich bei der Ulster um keine Bundeswasserstraße, aber die Bedingungen in dem etwa 15 m breiten und 80 m langem Raugerinne sind ideal für eine Naturmessung: die Riegel wurden mit etwa 1 m-breiten Durchgangsöffnungen und einer Wasserspiegeldifferenz von etwa 0,10 m nach dem Stand der Technik gebaut und weisen gute Voraussetzungen für hiesige Fischwanderungen auf.

Das 2021 errichtete Raugerinne in Unterbreizbach an der Ulster

Das Raugerinne wurde gebaut, um die ehemals feste Wehrschwelle zu ersetzen und ökologisch durchgängig zu machen. An dieser Stelle vielen Dank an allen Beteiligten für die freundliche Unterstützung unseres Forschungsvorhabens!

Frau Kalla von der K+S (rechts) und BAW Mitarbeitende am Messstandort der Ulster

Wir sind gespannt, ob der Winter eine Hochwasserwelle durch die Ulster schickt und somit wertvolle Messdaten für zukünftige WSV-Planungen erhoben werden können!

Strömungsvergleichmäßigung in Dotationsbecken – BAWEmpfehlung geht online

Die Vergleichmäßigung von Geschwindigkeitsprofilen ist eine alte Frage des Wasserbaus: Störkörper, Zahnschwellen, Prallteller, Lochwände, Leitwände, Toskammern, Wirbelschächte, Diffusoren, … In der Geschichte des Wasserbaus wurden viele Wasserbauwerke entwickelt, um ein Geschwindigkeitsprofil zu vergleichmäßigen. Oder genauer gesagt: um die Sohle stromabwärts von Kontroll- oder Auslassbauwerken vor Erosion zu schützen, Sedimentationsprozesse in Kläranlagen zu optimieren oder ganz generell um Energie zu dissipieren.

                Die Fragestellung über die Vergleichmäßigung von Geschwindigkeitsprofilen ist durch die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit an den Bundeswasserstraßen erneut aufgeflammt. In Dotationsbecken von Fischaufstiegsanlagen werden Durchflüsse von bis zu einigen Kubikmetern pro Sekunde aus Rohrleitungen in Fischaufstiegsanlagen geleitet. Es benötigt nicht viel Vorstellungskraft, dass solche Strahlen hohe Geschwindigkeiten und Turbulenz in der Fischaufstiegsanlage entstehen lassen. Keine guten Bedingungen für aufwandernde Fische! Aus diesem Grund ist es notwendig die Strahlen aus den Zuleitungsrohren im Dotationsbecken in eine gleichmäßige Strömung zu überführen. Dies mag prinzipiell mit erprobten Vergleichmäßigungselementen funktionieren, wäre da nicht der immense Platzmangel durch die angrenzende Infrastruktur von Wasserkraftanlagen, Wehranlagen oder Verkehrswegen an Fischaufstiegsanlagen. Für diese spezielle Aufgabe bedurfte es eines neuen Vergleichmäßigungselements!

                In einem Forschungsprojekt über Sonderbauwerke in Fischaufstiegsanlagen wurden an der BAW neue Lösungen für die Vergleichmäßigung der Strömung in Dotationsbecken entwickelt. Hierbei hat sich gezeigt, dass üblicherweise eingesetzte Vergleichmäßigungselemente häufig lange Dotationsbecken benötigen. Auf der Suche nach effizienteren Lösungen wurden im Rahmen einer Promotion ca. 300 Versuche in numerischen und gegenständlichen Modellen durchgeführt. Schlussendlich konnte festgestellt werden, dass statische Mischer – ursprünglich entwickelt für die materielle Vermischung von hochviskosen Flüssigkeiten – eine sehr effektive Vergleichmäßigung von Strahlen ermöglichen. Mithilfe einer Dimensionsanalyse konnten allgemeingültige Bemessungsregeln abgeleitet werden. Der Dotationsmischer, so haben wir den statischen Mischer für die Anwendung in Dotationsbecken getauft, kann prinzipiell an allen WSV-Projektstandorten eingesetzt werden. Wir sind sehr gespannt wie er sich in der Praxis bewähren wird.

Vergleichmäßigung eines Strahls mit statischem Mischer im gegenständlichen Modellversuch. Zwischen den Bildern liegt jeweils eine Zeitspanne von 0,5 s.

Die Bemessungsregeln wurden in einer BAWEmpfehlung zusammengefasst, die ab sofort auf der Webseite des Infozentrum Wasserbau (https://izw.baw.de/publikationen/empfehlungen/0/BAWEmpfehlung_Bemessung_Dotationsmischer_2023.pdf) oder des Repositoriums HENRY (https://hdl.handle.net/20.500.11970/112720) heruntergeladen werden kann. Eine ausführliche Beschreibung der Untersuchungen ist der Dissertation „Bemessung statischer Mischer für die Erzeugung gleichmäßiger Strömungen in Dotationsbecken von Fischaufstiegsanlagen“ nachzulesen (https://doi.org/10.24355/dbbs.084-202307131313-0).