1. Hintergrund des Präqualifikationsverfahrens
Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) beabsichtigt in den nächsten Jahren den Ersatzneubau diverser Wehranlagen an Bundeswasserstraßen mit einem Wechsel des Verschlusssystems hin zu wassergefüllten Schlauchwehren. Konkrete Maßnahmen werden aktuell bereits an den Bundeswasserstraßen Neckar, Main und Lahn geplant. An Main und Neckar sollen Wehre mit drei Wehrfeldern und Öffnungsweiten bis zu 40 m entstehen, an der Lahn Wehranlagen mit zwei Wehrfeldern und Wehrfeldbreiten zwischen 18 bis 25 m. Die Verschlusshöhen variieren zwischen 3,5 m und 4,6 m.
Für die Baumaßnahmen sollen ausschließlich Schlauchwehrsysteme (vom jeweiligen Systemanbieter festzulegende Kombination aus Membran und Klemmschiene) eingesetzt werden dürfen, deren Verwendbarkeit vor der Ausführung durch eine Präqualifikation nachgewiesen worden ist. Die Auswahl des Schlauchwehrsystems für die jeweilige Baumaßnahme aus der Gruppe der präqualifizierten Schlauchwehrsysteme obliegt dem bauausführenden Unternehmen.
Anbieter von Schlauchwehrsystemen werden vor diesem Hintergrund aufgefordert, zeitnah an einem entsprechenden Präqualifikationsverfahren für ihre jeweiligen Schlauchwehrsysteme teilzunehmen.
2. Regelwerkssituation und Anforderungen
Ein umfassendes Regelwerk für Bemessung, Bau und Unterhaltung von Schlauchwehranlagen ist derzeit nicht vorhanden. Hier hat sich die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) als Oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und Dienstleister der WSV zum Ziel gesetzt, ein solches Regelwerk in Form eines BAW-Merkblatts mit fünf Teilen zu Hydraulik, Tragfähigkeit, Baustoffe, Ausführung und Unterhaltung zu erarbeiten. Der bisher veröffentlichte Teil B, der sich mit der statischen Bemessung der Membran befasst, soll überarbeitet und mit Angaben zum Nachweis der Tragfähigkeit der Klemmschienenkonstruktion ergänzt werden. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass insbesondere auf die Interaktion zwischen Klemmschiene und Membran ein besonderer Fokus zu legen ist. Vorstufen der einzelnen Merkblattteile werden derzeit von der BAW in einem gemeinsamen Arbeitskreis mit der WSV und weiteren Partnern erarbeitet und sollen als Basis für die Planung und Ausschreibung der unmittelbar anstehenden Baumaßnahmen an Main und Neckar dienen.
Die relevanten Membranen sind Verbundwerkstoffe, bestehend aus einem Elastomer aus den Basispolymeren EPDM oder CR und Gewebe aus Polyester und Polyamid. Die Membran muss definierte Anforderungen hinsichtlich Tragfähigkeit (Zugfestigkeit für den Lastabtrag aus Innendruck etc.), Dauerhaftigkeit (Wärme- und Ozonalterung etc.), Umweltverträglichkeit (Freisetzung umweltbelastender Stoffe) sowie Gesundheits- und Arbeitsschutzes erfüllen.
Die Membran muss mit Hilfe der Klemmschienenkonstruktion zugfest mit der Stahlbetonsohle und den Wehrwangen verbunden werden, um die durch die Stauwirkung und den betriebsbedingten Innendruck auftretenden Lasten über die Wehrsohle in den Baugrund ableiten zu können. Prinzipiell kommen für den zugfesten Anschluss Stahlschienen zur Anwendung, in welche die Membran eingeklemmt wird. Klemmschienen üblicher Bauart werden über einbetonierte Zugelemente mit dem Beton verbunden. Die Zugelemente werden vorgespannt, um über einen Reibschluss die Membran in der Schiene und die Schiene selbst auf der Stahlbetonsohle zu halten.
Durch das vorhandene Kriechvermögen der Membran und bei nicht ausreichend vorhandener freien Dehnlänge der Zugelemente kann die für die Tragfähigkeit der Konstruktion erforderliche Vorspannkraft verloren gehen. Aufgrund des druckweicheren Verhaltens der Membran im Vergleich zu Stahl und eines damit einhergehenden Abfalls der Vorspannkraft können prinzipiell Verschiebungen und/oder Verdrehungen der Klemmschiene entstehen. Dies kann zu zusätzlichen Biegebeanspruchungen in den Zugelementen mit einer möglichen Überlastung führen. Die Funktionsweise der jeweiligen Klemmschienenkonstruktion muss deshalb analytisch dargestellt und das Zusammenwirken mit der Membran mit Hilfe eines Bauteilversuchs überprüft und nachgewiesen werden.
3. Ziel des Präqualifikationsverfahrens
Das Ziel des Präqualifizierungsverfahrens liegt in einem dem Vergabeverfahren zeitlich vorgelagerte Verwendbarkeitsnachweis von Schlauchwehrsystemen, jeweils bestehend aus einer bestimmten Membran in Verbindung mit einer bestimmten Klemmschiene, für Schlauchwehranlagen mit verschiedenen Verschlusshöhen an Bundeswasserstraßen. Durch diese Präqualifizierung soll dem Risiko von Problemen beim Nachweis der Verwendbarkeit des von der jeweiligen bauausführenden Firmen auszuwählendem Schlauchwehrsystems während der Bauausführung begegnet werden, ohne dass jedoch der Markt in nicht vergaberechtskonformer Weise eingeschränkt wird.
4. Durchführung des Präqualifizierungsverfahrens
Aufgrund der sich bereits in der Planung befindlichen Projekte an Main, Neckar und Lahn soll parallel zur Planung schnellstmöglich mit dem Präqualifizierungsverfahren für Schlauchwehrsysteme begonnen werden.
Interessierte Systemanbieter werden daher ab sofort um Kontaktaufnahme zwecks eines Gesprächs gebeten, in dem bilateral im Detail über das Präqualifizierungsverfahren sowie den Anforderungskatalog informiert wird.
Träger des Präqualifikationsverfahrens sind die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) und die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Da die geplanten Schlauchwehranlagen im gesamten Bundesgebiet zum Einsatz kommen sollen, wird die WSV in diesem Verfahren durch die Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt (GDWS) vertreten.
Kontaktdaten:
GDWS: BAW:
Markus Feltgen Dr.-Ing. Amir Rahimi
markus.feltgen@wsv.bund.de amir.rahimi@baw.de
+49 228 7090 5851 +49 721 9726 4385