Allgemein

BiSiGeMi

Das Projekt „BiSiGeMi“ wird im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) mit insgesamt 78.995,00 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für 18 Monate gefördert (Förderlinie 1) und unter Leitung der  smile consult GmbH sowie Mitwirkung der Bundesanstalt für Wasserbau seit dem 01.10.2020 bearbeitet.

Veranlassung:

In der BAW am Standort Hamburg liegen umfangreiche und mehrjährige synoptische Ergebnisdatensätze aus hydrodynamisch-numerischen (HN)-Simulationsmodellen (z. B.: EasyGSH-DB http://mdi-de.baw.de/easygsh/index.html) vor. In der Regel wurden diese auf unstrukturierten Gebietszerlegungen und in hoher zeitlicher Auflösung erzeugt. Für die anwendungs­orien­tierte und nutzerfreundliche Bereitstellung dieser Daten im Sinne der Open-Data-Strategie des Bundes soll eine geeignete Softwareinfrastruktur, die einen transparenten Zugriff ermöglicht, entwickelt und erprobt werden.

Ziel:

Ziel des Vorhabens ist die Schaffung und prototypische Inbetriebnahme einer Big-Simu­lation- and Geodata-Middleware für unstrukturierte zeitvariante HN-Simulations­ergeb­nisse.                                                                                           

Hierzu werden folgende Schwerpunkte bearbeitet bzw. Teilziele verfolgt:

  • Entwurf und Implementierung einer performanten und transparenten daten­bank­basierten Verwaltung für große unstrukturierte zeitvariante HN-Simu­la­tions­­ergebnisse
  • Strukturierung und Dokumentation der HN-Simulation mit projektbezogenen Metadaten
  • Entwurf und Implementierung performanter orts- und zeitselektiver Zugriffsmechanismen und Interpolationen der Middleware
  • Testweiser Betrieb der Big-Simulation- and Geodata-Middleware bei der BAW am Standort Hamburg

Vorarbeiten:

BiSiGeMi kann bereits zum Projektstart auf eine umfangreiche und synoptische Simu­la­tions­datenbasis über einen Zeitraum von 20 Jahren und mit einem Datenvolumen von knapp 80 TB aus dem mFUND-Verbundprojekt „EasyGSH-DB“ zurück­greifen. Durch eine Rasterung der 10-minütigen Simulationsergebnisse auf Basis der unstrukturierten Be­rechnungsnetze auf ein 1×1-km-Raster in 20-minütigem Intervall wurden Dateigrößen von rd. 25 GB erzielt (siehe Abbildung 1). Diese reproduzieren aber die komplexen bathymetrischen und hydrodynamischen Verhältnisse im Küstennahbereich und in den Ästuarmündungen nur eingeschränkt.

Abbildung 1: Analyse der Kennwerte des Wasserstandes als Produkt

Eingesetzte Methoden:

Der Einsatz von HN-Simulationsmodellen (für Tide, Seegang und Transport) beruht der­zeit stark auf unstrukturierten numerischen Verfahren (UnTRIM², TELEMAC). Die so erzeugten Daten liegen in unstrukturierter Form vor, für die es keine Standard­lö­sun­gen zur Datenbereitstellung gibt.

Die zu entwickelnde prototypische Middleware wird Möglichkeiten eröffnen, auf diese Datenbasis von Simulationsergebnissen in ihrer hohen zeitlichen und räumlichen Auf­lösung transparent zugreifen und diese performant nutzen zu können.

Sowohl die Simulationsdaten als auch die Methodenbank sowie die verknüpfende Middleware werden bei der BAW gehostet und durch die Schaffung geeigneter Web-Schnittstellen in nationale und europäische Geodateninfrastrukturen sowie in die mCLOUD (https://www.mcloud.de/) eingebunden.

Nutzung – Mehrwert:

Der generische und anwenderfreundliche Zugriff auf die originalen unstrukturierten HN-Simulationsergebnisse ist derzeit aufgrund der Menge und Struktur der Daten mit Standardlösungen nicht möglich; diese Simulationsergebnisse können in der Regel nur von den Mitarbeiter*innen der BAW genutzt werden. Als Übergangs­lösung für die Ver­öffent­lichung in „EasyGSH-DB“ wurden diese auf ein 1×1-km-Raster übertragen und mit einem größeren Zeitschritt (20 Minuten) in eine ca. 25 GB große NetCDF-Datei gewan­delt.

Die zugrundeliegenden unstrukturierten Berechnungsnetze haben im Bereich der Rinnen Auflösungen von ca. 250 m und in den tieferen Bereichen der Deutschen Bucht Kantenlängen von ca. 4 km. Durch die 1×1-km-Rasterung wird beispielsweise in der inne­ren Deutschen Bucht eine höhere Genauigkeit „vorgegaukelt“ als berechnet wurde und in den interessanten Bereichen der Watten und Tiderinnen gehen Informationen verloren (siehe Abbildung 2). Es wäre ein großer Zugewinn, wenn die Nutzer trans­pa­rent, entsprechend ihrer Fragestellungen, direkt lesend auf diese Simulationsdaten zu­greifen könnten. Beispielsweise lassen sich für vorgegebene Polygonknoten Zeitreihen von gewünschten hydrodynamischen Kenngrößen exportieren, um mit diesen als Rand­werte eigene Detail­modelle betreiben zu können.

Abbildung 2: Rasterung von unstrukturierten Dreiecksgitternetzen

Mit dem Aufbau und dem testweisen Betrieb der Big-Simu­la­tion- and Geodata-Middle­ware bei der BAW wird die Machbarkeit des Ansatzes gezeigt, der einen Beitrag zur Digi­ta­li­sie­rung der Tätigkeiten der BAW im Rahmen von wasserbaulichen Planungs­auf­ga­ben liefert. Die aufzubauende Softwareinfrastruktur wird so flexibel umgesetzt, dass auch anders strukturierte Simulationsdaten zukünftig hier integriert werden können. Die Praxistauglichkeit u. a. für die WSV soll auf der Basis der 20-jährigen synoptischen Simulationsdaten aus „EasyGSH-DB“ und an den Anwendungsszenarien zur Zeitreihen-extraktion für Schiffsführungssimulatoren sowie zur Datenbereitstellung von Randwerten für HN-Modellen aufgezeigt werden (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Nutzung der Zeitreihen von Wasserstand und Strömungsgeschwindigkeit für Schiffsführungssimulationen und zur Randsteuerung von HN-Modellen

Die Zukunft im Klimawandel?

Abb. 1: BAWBildatlas – Darstellung möglicher Zukünfte im Klimawandel

Meeresspiegelanstieg, Meteorologie, Topographie des Wattenmeers, binnenseitiger Abfluss in die Ästuare, … alles wird sich im Klimawandel verändern. Und das nicht einzeln nacheinander, sondern alles parallel auf unterschiedlichen Zeitskalen, weil alles mit allem zusammenhängt.
Wir wagen einen Blick in die Zukunft und zeigen mit Hilfe von Computersimulationen, was uns erwarten könnte.

In vorangegangenen Studien wurden die zahlreichen an der Küste vom Klimawandel beeinflussten Komponenten einzeln untersucht. Im BMVI-Expertennetzwerk gehen wir einen Schritt weiter und wollen herausfinden, wie eine mögliche Zukunft aussehen kann, in der die zu erwartenden Veränderungen zusammenspielen.

Abb. 2: Mittlere Überflutungsdauer im heutigen Zustand (oben) und in der fernen Zukunft (unten).

Für die nahe Zukunft (2031-2060) und ferne Zukunft (2071-2100) werden einzelne Jahre mit einem hydrodynamisch-numerischen Modell simuliert und die kombinierten Auswirkungen des Klimawandels auf die Deutsche Bucht und die angrenzenden Ästuare Ems, Weser und Elbe analysiert.
Die dafür benötigten Randwerte werden durch die Bundesoberbehörden BSH, DWD, BfG und BAW erarbeitet.
Aus den Ergebnissen können mögliche Betroffenheiten für Infrastruktur sowie Küsten- und Naturschutz abgeleitet werden. Beispielsweise lässt sich folgern, dass die Wattflächen in der fernen Zukunft im Vergleich zum heutigen Zustand abnehmen können (Abb. 2).

Weitere Ergebnisse sind in dem nun erschienenen BAW Bildatlas „Darstellung möglicher Zukünfte im Klimawandel“ zusammengefasst und können online eingesehen werden.

„Bietje Anners“ – Bohrtechniktage 2020 in Bad Zwischenahn

Unter dem plattdeutschen Motto „bietje anners“, also ein „bisschen anders als sonst“ fanden in diesem Jahr vom 23.09. bis 25.09.2020 die Bohrtechniktage in Bad Zwischenahn statt. Begleitet von einer umfangreichen Fachausstellung bieten die Bohrtechniktage alle drei Jahre eine Plattform für den Austausch von Planern, Behörden, Herstellern und Anwendern zum Brunnenbau und artverwandten Themen.

as Veranstaltungsgelände aus der Vogelperspektive. Blickfang waren sicherlich die Fachaussteller mit ihren Großgeräten
Das Veranstaltungsgelände aus der Vogelperspektive. Blickfang waren sicherlich die Fachaussteller mit ihren Großgeräten (Foto: Bau-ABC Rostrup)

In zwei parallellaufenden Vortrags- und Diskussions-Sessions wurden Themen wie die normgerechte Bodenansprache, aktuelle Entwicklungen bei Bohrverfahren, Ankerherstellung, Spezialtiefbaugerätschaften und Baugrundrisiko erörtert. Die BAW war mit einem Messestand und Informationen zu gängigen geotechnischen Baugrunduntersuchungen, zwei Vorträgen und bei der Moderation der Vortrags- und Diskussionsblöcke vertreten.

Dr.-Ing. Jan Kayser hielt den Eröffnungsvortrag. Er präsentierte die Aufgaben des geotechnischen Sachverständigen für technisch anspruchsvolle Ingenieurbauwerke und verwies abschließend auf die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung in der Geotechnik. Dr.-Ing. Martin Pohl stellte die umfangreichen Baugrunderkundungen und Planungsmaßnahmen für den Neubau der Schleuse Lüneburg vor. Alexander Franck und Andreas Janzen übernahmen die Moderation ausgewählter Vortragssessions am Donnerstag. Am Messestand wurden von den Kolleg:innen des geotechnischen Labors Hamburg neben den herkömmlichen Mitteln zur Beschreibung des Bodens, also z. B. die Ansprache am Kern, der Versuch nach Casagrande und eine Triaxialzelle, auch moderne Hilfsmittel wie der Partikelanalysator erklärt. Besonderes Interesse beim Publikum weckte die „neue“ Kernscheidemaschine der BAW, die erst vor Kurzem mit einer Einfassung aufgerüstet wurde, um den Arbeitsschutz der Mitarbeiter:innen zu verbessern.

Messestand der BAW mit Triaxialzellen, KD-Stand, Camsizer, Bohrkern und Proben
Messestand der BAW u.a. mit Triaxialzelle, KD-Stand, Partikelanalysator, Mikroskop und Bohrkern
(Foto: Martin Pohl)

Dank eines umfangreichen Hygienekonzeptes mit Maßnahmen wie Temperaturmessung am Eingang, ein Einbahnstraßensystem, Mund-Nasenschutz-Pflicht und Abstandsregeln konnte die Veranstaltung auch in schwierigen Corona-Zeiten ausgerichtet werden. Ein großes Lob an die Organisator:innen, die damit zeigen konnten, dass auch in der derzeitigen Situation nicht gänzlich auf einen persönlichen fachlichen Austausch verzichtet werden muss.

Vortragssaal mit corona-konformer Sitzordnung
Vortragssaal mit corona-konformer Sitzordnung (Foto: Dirk Augner)

Frischer Wind an der Küste – neuer Internetauftritt des KFKI

Ganze 9 Monaten arbeiten wir in der Geschäftsstelle des Kuratoriums für Küsteningenieurwesen (KFKI) bereits an der Veröffentlichung des neuen Fachportals des KFKI. Bei mir liefen die technischen, grafischen und fachlichen Fäden zusammen und heute, am 31.08.2020, ist es endlich soweit:

Die neue Webseite www.kfki.de geht online!

Stolze 10 Jahre hat die bisherige, gewachsene KFKI-Webseite die Forschungscommunity an der Küste begleitet. Nun steht eine neue und barrierefreie Seite zur Verfügung, die auf jedem Endgerät korrekt angezeigt wird.

KFKI Fachportal
Startseite des KFKI Fachportals – www.kfki.de

Im Zuge der Erneuerung der Webseite sollten nicht nur die Inhalte aktualisiert werden, sondern auch ein vollständiges Corporate Design entwickelt werden.

Dazu haben wir gesammelt, was die Menschen mit dem KFKI verbinden – z. B. das Blau des Wassers, das Beige des Sandes, das Grün des Vorlandes und der Deiche sowie der Wunsch nach einer klaren Herangehensweise im Küsteningenieurwesen. Das neue Logo spiegelt einige dieser Punkte wieder.

Logo KFKI
Neues Logo KFKI

In den letzten Monaten habe ich vieles dazugelernt: Eine Brotkrümelspur gibt es nicht nur bei Hänsel und Gretel, sondern sie dient auf einer Webseite zur Orientierung und ist tatsächlich für Hänsel und Gretel wichtig, damit sie wieder den Weg zurück aus dem Wald der Unterseiten mit Hilfe der Brotkrümelleiste finden. Denn nicht nur das Design einer Webseite ist wichtig, sondern auch die Benutzerführung.

Brotkrümelleiste
Brotkrümelleiste unterhalb des Bildes

Klick- und Downloadstatistiken der letzten Jahre wurden ausgewertet, um zu erfahren welche Bereiche von den Nutzern am häufigsten besucht wurden. Inhaltlich wurde jede Menge gekürzt, überarbeitet und neu strukturiert, um alle wesentlichen Inhalte so benutzerfreundlich wie möglich zusammenzustellen.

Es stehen nun alle Hefte der Schriftenreihe Die Küste (inklusive der Westküste Hefte), dem Wissensarchiv für Forschung und Technik an der Nord- und Ostsee, als Open Access Veröffentlichungen zum freien Download bereit. Seit Heft 87 wird jeder Artikel mit einer DOI versehen und vorab Online First veröffentlicht.

Die Digitalisierung und Aufbereitung der Artikel Die Küste und deren Metadaten hat sich bezahlt gemacht, denn diese werden nun beispielsweise in HENRY (Hydraulic Engineering Repository der Bundesanstalt für Wasserbau) in Google Scholar und der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) zur Verfügung gestellt und für die Erzeugung von DOIs benötigt.

Die Projektdatenbank wurde ebenfalls komplett überarbeitet, alle noch vorhandenen Abschlussberichte der durch das KFKI geförderten Forschungsprojekte seit 1973 wurden digitalisiert und stehen nun als durchsuchbare PDF-Dateien zum freien Download bereit und der Newsletter
KFKI aktuell erscheint nun online im HTML-Format.

Zu guter Letzt möchte ich mich beim gesamten Projektteam für die kompetente Betreuung, Beratung und Ausführung und für die wertvollen Tipps und kreativen Hinweise bedanken.

Falls doch der Fehlerteufel ein Schlupfloch gefunden hat, kontaktieren Sie mich gerne (kfki-sekretariat@baw.de), ich freue mich über alle Hinweise, Lob, Kritik und Anregungen.

Wie ich finde, ist es uns gemeinsam gelungen, gerade in Zeiten in denen es immer wichtiger wird digitalisiert zu arbeiten, einen frischen Wind in das KFKI zu bringen.

Verfasst von Michaela Stiller

Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesen - Assistentin der Geschäftsführung

Nostalgischer Blick auf 2019

Für diejenigen, die in der Forschung tätig sind, wird 2020 ein ungewöhnliches Jahr ohne Konferenzen, Workshops und Kongresse sein. Einige von ihnen sind online gegangen; es wird jedoch viel verpasst, wenn persönliche Gespräche und Kontakte von Angesicht zu Angesicht fehlen. Ich blicke mit ein wenig Wehmut auf das Jahr 2019 zurück, als die BAW mir die Gelegenheit gab, an zwei der wichtigsten Konferenzen im Bereich der angewandten Probabilität im Bauwesen teilzunehmen: die International Conference on Application of Statistics and Probability in Civil Engineering (ICASP) in Seoul und die European Safety and Reliability Conference (ESREL) in Hannover. Die erste Konferenz findet in der Regel alle vier Jahre in Asien oder in Amerika statt, obwohl sie von internationalen Wissenschaftlern aus aller Welt besucht wird, die auf den Gebieten Sicherheit, Risiko, Resilienz und Zuverlässigkeit ziviler Infrastrukturen forschen. Sie gibt einen Überblick über den Stand der Forschung in Ländern, die von Naturkatastrophen und Klimawandel stark betroffen sind. Die Aufmerksamkeit wird auch auf die Alterung der zivilen Infrastrukturen gerichtet, ein Problem, das endlich als eine der größten Herausforderungen moderner Gesellschaften erkannt wurde. Die zweite Konferenz findet jedes Jahr in Europa statt: Die Themen sind ähnlich der Erstgenannten, aber der Schwerpunkt liegt auf Systemen wie Kernkraftwerken oder Stromnetzen. Techniken der künstlichen Intelligenz sind in diesem Bereich bereits implementiert, aber es finden oft harte Debatten über die Wirksamkeit solcher Ansätze statt.
In Seoul hatte ich die Gelegenheit Hiba Baroud, Assistenzprofessorin für Bau- und Umweltingenieurwesen und Littlejohn Dean’s Faculty Fellow an der Vanderbilt University (Nashville, USA), zu treffen. Sie kam auf mich zu und war überrascht, eine Forscherin auf dem Gebiet der Resilienz von Wasserstraßeninfrastrukturen zu treffen, dem Thema ihrer Doktorarbeit. Es versteht sich von selbst, dass sich daraus sofort eine Freundschaft entwickelte!
Dr. Baroud hat an der University of Oklahoma in Industrial and System Engineering promoviert. Sie hat einen Master of Mathematics vom Department of Statistics and Actuarial Science an der University of Waterloo, wo sie sich in ihrer Forschung auf die Anwendung von Statistiken, insbesondere Zeitreihenmodellen, zur Analyse von Finanzdaten konzentrierte. Davor erwarb sie ihren B.S. in Aktuarwissenschaften an der Notre Dame University, Libanon.
Ihre Arbeit beschäftigt sich mit Datenanalyse und statistischen Methoden zur Messung und Analyse von Risiko, Zuverlässigkeit und Resilienz in kritischen Infrastruktursystemen. Insbesondere hat sie datengesteuerte Bayes’sche Methoden untersucht, um das Auftreten von Störereignissen in Infrastruktursystemen vorherzusagen und den Wiederherstellungsprozess des physisch gestörten Systems sowie indirekt betroffener Systeme stochastisch zu modellieren. Sie entwickelte auch Entscheidungsanalyse-Tools, um verschiedene Strategien zur Vorbereitung und Wiederherstellung von Investitionen für den Schutz ziviler Infrastrukturen zu bewerten.
Sie hat mehrere Publikationen verfasst und mitverfasst, von denen einige für unser Forschungsprojekt über die Resilienz der westdeutschen Kanäle (PREVIEW) relevant sind. Wir trafen uns wieder bei der ESREL in Hannover, und ich lud sie ein, die BAW zu besuchen und einige ihrer Ergebnisse in einer informellen Diskussion zu erläutern, insbesondere die Ergebnisse zur Resilienz und Risikobewertung und zur Entscheidungstheorie
Dr. Baroud besuchte zunächst die wasserbaulichen Versuchshallen der BAW mit den physikalischen Modellen. Sie war beeindruckt von den Möglichkeiten der BAW, dem Maßstab der Modelle und der Komplexität der Untersuchungen. Sie freute sich auch über die freundliche Atmosphäre in den Hallen und die Kollegen vor Ort, die gerne ihre Fragen beantworteten.
Nach dem Besuch der Versuchseinrichtungen folgte eine Diskussion, zu der alle Projektpartner von PREVIEW und die Kollegen von B4 eingeladen waren. Die Themen, die in der Sitzung besonders diskutiert wurden, waren die Maßnahmen zur Risiko und Resilienz des Infrastrukturnetzes und die multikriterielle Entscheidungsfindung bei gegebenen Resilienzmaßnahmen.
Schließlich gab uns Dr. Baroud einen Einblick in ihr neues Projekt über die Binnenschiffbarkeit und die Binnenschifffahrt in Bangladesch. Das Wasserstraßensystem in Bangladesch ist ein komplexes Netz, das durch das Ganges-Brahmaputra-Meghna Delta repräsentiert wird. Die Wirtschaft des ganzen Landes hängt stark vom Wasserstraßensystem ab, jedoch ist die Schiffbarkeit des Systems durch mehrere Faktoren gefährdet, wie z.B. den Transport von Sedimenten und Erosionen, die oft mit der globalen Erwärmung und dem Klimawandel zusammenhängen. Dr. Baroud und die anderen Projektbeteiligten konzentrierten sich zunächst auf die Entwicklung einer Karte, die die wichtigsten Wasserstraßen und Binnenhäfen von Bangladesch darstellen soll. Diese Aufgabe wurde mit Hilfe verschiedener Datenquellen wie Satellitenbildern, Volkszählungs- und Navigationsdaten gelöst. Laut Dr. Baroud muss Bangladesch definitiv mehr Kanäle aufbauen und die Baggertechniken verbessern, um die Wasserwege besser zu verwalten. Solche Entscheidungen können aus Ihrer Sicht nicht ohne wissenschaftliche und fundierte Forschung getroffen werden.
Weitere Informationen über die von Dr. Baroud durchgeführten Forschungsprojekte finden Sie auf ihrer persönlichen Homepage: https://engineering.vanderbilt.edu/bio/hiba-baroud
Ich hoffe, dass ich bald die Gelegenheit haben werde, Hiba wieder zu treffen und andere begeisterte Forscher wie sie kennen zu lernen. Dies ist nämlich auch ein wesentlicher Teil der Forschungsarbeit.

Verpasste Gelegenheit

Eine für den September 2020 organisierte gemeinsame Tagung  der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft https://www.dwhg-ev.com mit und in der Bundesanstalt für Wasserbau musste abgesagt werden.

Wissen über das Gestern für Aufgaben von heute

Herstellen des Faschinenunterbaus einer Buhne, historisches Bildarchiv der BAW

Da die Organisation der Tagung weit fortgeschritten war, möchte ich hier auf einige der für die Tagung geplanten Themen hinweisen, da sie so auch später nicht stattfinden wird. Vielleicht stöbern Sie dann selbst ein wenig mit Hilfe der benannten Links und werden auch neugierig auf unsere nächsten Tagungen, die sich mit Sicherheit wieder spannenden Themen widmen werden. Vorbereitet war eine Tagung über die Transformationen des Wissens am Beispiel von Infrastrukturprojekten am Rhein seit Johann Georg Tulla (1770-1828) bis zu aktuellen Planungen. Der 250. Geburtstag des badischen Ingenieurs Johann Gottfried Tulla und der sich um seine „Zähmung“ des Rheins rankende Mythos war der Anlass, auf heutige wasserbauliche Infrastrukturprojekte zu blicken. Im Folgenden möchte ich einen Blick auf einige geplante Vorträge werfen.

Im Spiegel des Wassers – Eine transnationale Umweltgeschichte des Oberrheins  (1800-2000)

Prof. Dr. Christoph Bernhardt (Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung)

Die Gedanken von Prof. Bernhardt lassen sich in der gleichnamigen Veröffentlichung  der Umwelthistorische Forschungen, Band 5. (Köln Weimar Wien: Böhlau, 2016, 569 S.) nachvollziehen. „Das zentrale Anliegen des auf der Habilitationsschrift Bernhardts basierenden Buches ist es, Grundfragen zum Verhältnis von Umweltgeschichte und sozialer Raumentwicklung zu analysieren. Zu diesen Grundfragen zählen etwa die Entwicklung wasserbaulicher Techniken, kollektive Verhaltensmuster in den Rheindörfern, Legenden um Ingenieure, Budgetdebatten um Wasserbauvorhaben und Konflikte zwischen Städten und Regierungen. Das Buch untersucht über das in seiner Zeit gigantische Begradigungsunternehmen hinaus auch die späteren Großprojekte zum Umbau des Oberrheins, von der Regulierung des Flussbetts im frühen 20. Jahrhundert über die Wasserkraftgewinnung in den 1920er Jahren bis zur Auenrenaturierung des späten 20. Jahrhunderts. “ (https://leibniz-irs.de/aktuelles/meldungen/2016/08/im-spiegel-des-wassers-eine-transnationale-umweltgeschichte-des-oberrheins-1800-2000/)

Akkumulationsstrecke Iffezheim – Speyer

Dipl.-Ing.(FH) Peter Hörter (Fachstelle für Gewässerkunde bei der Generaldirektion  Wasserstraßen und Schifffahrt), Dr.-Ing. Andrea Wahrheit-Lensing  (BAW)

Der Streckenabschnitt des Oberrheins von Iffezheim bis Mainz ist seit dem frühen 19. Jahrhundert von Ausbaumaßnahmen betroffen. Auch wenn die Tullasche Korrektur, die Begradigung des Rheins, von 1817 bis 1876 datiert wird, sind viele weitere Maßnahmen bis in die heutige Zeit erfolgt, um zum einen den von Tulla geplanten Zustand herzustellen, zum anderen die Folgen daraus zu bewältigen. So nehmen auch der Bau und die Anpassung von Buhnen zur Niedrigwasserregelung eine große Zeitspanne ein, die von 1907 bis heute andauert. Die Überlagerung verschiedener Einflussfaktoren, wie z. B. die Entwicklung von Maßnahmenwirkungen oft über Jahrzehnte hinweg, die abflussabhängige Sohlenmorphologie, die im Laufe der Zeit veränderliche Abflussaufteilung zwischen Vorland und Hauptstrom im Fall ausufernder Abflüsse oder der sukzessiven Veränderung der Vorlandstrukturen, erschwert immer wieder die Unterhaltung in der Strecke und die Prognose der Streckenentwicklung. Nach dem Bau der Staustufen im Oberrhein wird seit 1978 eine Geschiebezugabe unterhalb von Iffezheim benötigt, um die Sohlenlage unterhalb der staugeregelten Strecke zu halten, da der natürliche Geschiebedurchtransport an dieser Stelle unterbrochen ist. Eine Übersicht über die Ausbauarbeiten kann Kompendium der Wasserstraßen- und Schifffahrtsdirektion Südwest, Mainz, 2007 mit vielen weiteren Informationen https://hdl.handle.net/20.500.11970/105062) entnommen werden.

Die nunmehr seit fast 200 Jahren andauernden flussbaulichen Maßnahmen lassen sich auch in den Veränderungen der Wasserstände am Pegel Maxau erkennen. In den ersten ca. 50 Jahren nach Beginn der Korrektionen führten diese zu Absunk, danach und bis heute zur Erhöhung der Wasserstände für Niedrig-, Mittel- und Hochwasser. Mit der Einrichtung der Projektgruppe „Regulierungsbereich Iffezheim-Mainz“ wurde seitens der WSV im Jahre 2017 ein auf längere Zeit ausgerichtetes Projekt gestartet, welches bis 2027 die erforderliche Datengrundlage für weiterführende Untersuchungen schaffen und damit die hydraulisch-morphologische Optimierung der Strecke von Iffezheim bis Mainz im Rahmen der Erfolgskontrolle Rhein ermöglichen soll. Die Vorgehensweise ist mit Blick auf zukünftige Entwicklungen ausgerichtet, Datendefizite aus der Vergangenheit lassen sich damit nicht ausräumen.

Veränderung der niedrig-, Mittel- und Hochwasser am Pegel Maxau zwischen 1872 und 2010

Über den Rhein vor den Toren von Karlsruhe gibt es einen nicht nur informativen sondern auch sehr ästhetischen Film https: //www.youtube.com/watch?v=UEqNfYc1EuI  Beinahe ersetzt der Film die geplante Exkursion um Karlsruhe – und die „Tomateninseln“ aus dem folgenden Beitrag sind ebenfalls zu sehen.

Neue Inseln, dynamische Ufer und durchströmte Rheinarme am Oberrhein

Dr. Jost Armbruster (Regierungspräsidium Karlsruhe)

Vor der Regulierung gab es am Rhein viele tausend Inseln, mehr oder weniger durchströmte Flussarme, Sand- und Kiesufer. Mit der Regulierung gingen diese verloren. Tier- und Pflanzenarten, die auf diese Flächen angewiesen sind, gingen im Bestand stark zurück. Wegen des Ausbaus der meisten Flüsse in Europa sind viele Arten inzwischen europaweit bedroht. Im Rahmen des Europäischen LIFE+-Projektes „Rheinauen bei Rastatt“ wurden am Oberrhein drei Inseln  neu geschaffen. Zwei Altrheinarme werden wieder stärker durchströmt und Uferstrecken aktiv der dynamischen Entwicklung überlassen. Informationen zum LIFE+ Projekt „Rheinauen bei Rastatt“ erhalten Sie unter www.rheinauen-rastatt.de

Über das Wirken Karlsruher Wasserbauers Theodor Rehbock am Rhein und seinen Nebenflüssen. Ein Überblick anhand der Überlieferung im Archiv des Karlsruher Instituts für Technologie

Dr. Klaus Nippert (Karlsruher Institut für Technologie  – KIT – Archiv)

Herr Nippert ist Leiter des KIT-Archivs,  das das Langzeitgedächtnis des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist und in dem Informationen zur Geschichte der Einrichtungen sowie zu den Personen, die hier gelehrt, geforscht oder studiert haben, aufbewahrt werden (https://www.archiv.kit.edu/index.php). In der BAW ist Theodor Rehbock (1864-1950) insbesondere als Gründer des später nach ihm benannten Flussbaulabors in der TH Karlsruhe bekannt. Der im KIT-Archiv verwahrte Fotonachlass von Theodor Rehbock zeigt aber auch Aspekte seines Wirkens in Deutsch-Südwestafrika eingeordnet in den Archivführer  Deutsche Kolonialgeschichte. Auf diesen Teil der deutschen Geschichte wird gerade aktuell ein kritischer Blick gelenkt.

Lok im Rhein – Die Lok, die aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wird

Prof. i. R. Dr. Bernhard Forkmann (TU Bergakademie Freiberg)

Vor über 160 Jahren versank im Rhein bei Germersheim die Dampflokomotive „Rhein“. Die Suche nach der 1852 versunkenen Keßler-Lok 205 ist unmittelbar verknüpft mit dem Wandel einer Flusslandschaft im Zuge des Jahrhundertprojekts Tullas zur Rektifizierung des Rheins. Dabei konnten und mussten sich geophysikalische Methoden bewähren. Auch Rückschläge wie der gescheiterte Bergungsversuch von 2018 ließen das Suchteam nicht aufgeben. Nach einer erfolgreichen Bergung wäre die Lok „Rhein“ immerhin die älteste erhaltene Dampflok Deutschlands. Die Lok wurde 1852 in Karlsruhe bei der „Maschinenbau-Gesellschaft Emil Keßler“ für die Düsseldorf – Elberfelder Eisenbahngesellschaft gebaut. Der für den Transport eingesetzte Segler „Stadt Coblenz“ geriet in der Nähe der Stadt Germersheim in einen schweren Sturm, die Ladung verrutschte und die Lok versank. Mehr Informationen finden Sie unter  https://www.bahnwelt.de/projekte/lok-rhein

Engpassanalyse am Jungferngrund

Dipl.-Ing. Thorsten Hüsener (BAW)

Ein Ausgangspunkt für die Organisation einer gemeinsamen Tagung von DWhG und BAW in Karlsruhe, war das Interesse an einem gerade in einer großen Wasserbauhalle betriebenen Modell des Rheins im Bereich des Jungferngrunds. Das Modell ist Teil einer Untersuchung, mit dem die BAW das Projekt „Abladeoptimierung Mittelrhein“ der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) unterstützt. Das lang anhaltende Niedrigwasser im Jahr 2018 mit der damit einhergehenden Einschränkung der Rheinschifffahrt hatte die Bedeutung einer Entschärfung der Tiefenengpässe zwischen Mainz und St. Goar verdeutlicht. Einen ausführlichen Bericht zu den verschiedenen Untersuchungen der BAW findet man unter https://izw.baw.de/publikationen/geschaeftsberichte/0/BAW_Geschaeftsbericht_2018_web.pdf

Für die hydraulisch-morphodynamischen Untersuchungen wurde ein hybrider Modellierungsansatz gewählt, bestehend aus einem dreidimensionalen numerischen Strömungsmodell und einem gegenständlichen Geschiebetransportmodell mit teilbeweglicher Sohle. Das gegenständliche Modell (Längenmaßstab 1:60, Höhenmaßstab 1:50) bildet die Strecke bei Oberwesel, Rhein-km 549,0 bis 553,4 ab und erstreckt sich im Labor über insgesamt 85 m mit allen Ein- und Auslaufbauwerken. Die stark zerklüftete Felssohle im Untersuchungsgebiet hat einen signifikanten Einfluss auf die hydraulische Rauheitswirkung und die morphologischen Prozesse. Um die hochaufgelösten Sohldaten in Felsbereichen im gegenständlichen Modell zu berücksichtigen, wurde ein neues Herstellungsverfahren unter der Verwendung von CNC-gefrästen Formbauteilen entwickelt. Die Bereiche der Sohle, die eine Auflage aus Sand und Kies aufweisen,  wurden mit verschiedenen Kunststoffgranulaten unterschiedlicher Dichte aufgebaut, um die verschiedenen Geschiebefraktionen nachzubilden.

Modell mit Felsbereichen und Kiesbank. Rote Sedimentablagerungen entsprechen einem mittleren Kies, weiße einem Grobkies

Digitale Vorlesungen (nicht nur) für die Corona-Zeit

Das Corona-Virus hat in den letzten Wochen für einige Veränderungen in unserem Alltag gesorgt und dabei auch Universitäten und Hochschulen vor die Herausforderung gestellt, ihre Präsenzlehre zumindest teilweise in eine digitale Umgebung umzuziehen.

Während die einen Universitäten kurzfristig verschiedene Live-Stream Formate realisiert haben, setzen andere Einrichtungen darauf, ihren Studierenden vorproduzierte Videos bereitzustellen. Gerade bei klassischen Vorlesungen ist das ein tolles Angebot für die Zuhörer, die für den Besuch der Vorlesung nun nicht mehr  an einen einzigen, festen (Präsenz-)Termin in der Woche gebunden sind.

Was für Studierende ein willkommener Service ist, bedeutet für Lehrbeauftragte allerdings erstmal ein großes Aufgabenpaket, bei dem in verhältnismäßig kurzer Zeit viel neues Material zu produzieren ist. Wie man auf dem Foto unten unschwer erkennen kann, macht dieses Schicksal in den aktuellen Tagen selbst vor unserer Leitungsebene keinen Halt 😉

(Nicht nur) für die Lehrbeauftragten der BAW haben wir daher kurzfristig eine Software beschafft, mit der Dozenten Bildschirmaufnahmen mit entsprechenden Kommentierungen erstellen können. Die Contenterstellung funktioniert damit komplett selbstgesteuert. Während etwa Herr Heinzelmann seine Vorlesungen meist früh am Morgen aufspricht, wenn er noch fast allein auf dem Stock ist, nehmen andere Kollegen ihre Folien an einem ruhigen Plätzchen bei sich zu Hause auf. Die fertigen Tonaufnahmen landen meist für eine kurze Nachbearbeitung auf meinem Schreibtisch und können dann direkt weiter an die Universitäten übermittelt werden. So ließen sich in den letzten Wochen mit einem einfachen Headset, den in der Regel ohnehin vorhandenen Powerpoint-Folien und einem schmalen Organisationsprozess tolle Resultate erzielen.  

Selbstverständlich können solche Videos nicht die persönliche Interaktion mit dem Dozenten in einem Seminarkontext ersetzen und nicht nur Studierende sind froh, wenn man sich in ein paar Monaten wieder gemeinsam an der Uni verabreden kann.  Allerdings entsteht (nicht nur in der BAW) gerade an vielen Stellen einiges an sehr hochwertigem Content, der sicherlich auch in kommenden Semestern die Lehre unterstützen und ergänzen können wird.

Verfasst von Laura Beuter

Als Teil des IZW-Teams kümmere ich mich um alle Themen rund um E-Learning und IZW-Campus.

PIANC-Bericht „FATIGUE OF HYDRAULIC STEEL STRUCTURES” veröffentlicht

PIANC – The World Association for Waterborne Transport Infrastructure hat im April 2020 den Bericht „Fatigue of Hydraulic Steel Structures“ veröffentlicht. Autor dieses Berichtes ist die PIANC INCom Arbeitsgruppe 189.

Die aus internationalen Fachexperten des Stahlwasserbau bestehende Arbeitsgruppe nahm ihre Arbeit 2016 auf und stellte den finale Bericht 2019 fertig. Das Referat Stahlbau/ Korrosionsschutz der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) war an der Erstellung des Berichts beteiligt und hat seine Erfahrungen zum Thema Ermüdung an Stahlwasserbaukonstruktionen in die Arbeitsgruppe eingebracht.

Der Bericht ist eine Zusammenfassung von internationalen Erfahrungen und des aktuellen Wissensstandes zum Thema Ermüdung an Stahlwasserbaukonstruktionen. Die diskutierte Problematik wird an vielen konkreten Beispielen aus der Praxis dargestellt, um das Ganze anschaulich und allgemeinverständlich zu gestalten.

Von Ermüdungsschäden spricht man, wenn eine statisch unkritische Belastung (Bauteilspannungen sind unterhalb der Streckgrenze des Materials) zyklisch auf eine Konstruktion einwirkt und es dadurch nach vielen Lastwechseln in Bauteil zu Schädigungen kommt.

In Deutschland ist die Bemessung von neuen Stahlwasserbaukonstruktionen durch die DIN 19704 und durch die DIN EN 1993-1 geregelt. Gefertigt werden Stahlkonstruktionen nach DIN EN 1090. Die Bewertung von bestehenden Konstruktionen erfolgt im Zuständigkeitsbereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) nach dem BAW-Merkblatt „Bewertung der Tragfähigkeit bestehender Verschlüsse im Stahlwasserbau“ (TbVS). Zusätzlich zu diesen bei uns geltenden Regelwerken enthält der jetzt veröffentlichte PIANC-Bericht ergänzende Hinweise. Aus meiner Sicht sind insbesondere zu den nachfolgend aufgeführten Punkten Informationen enthalten, die sowohl bei der Neuplanung von Verschlüssen als auch beim Umgang mit alten Konstruktionen hilfreich sein können.

  • Benennung und Spezifizierung von stahlwasserbautypischen, ermüdungsrelevanten Einwirkungen,
  • Lokalisieren von ermüdungsrelevanten Konstruktionsdetails an typischen Stahlwasserbaukonstruktionen,
  • Bewertung von ausgewählten, typischen Details hinsichtlich ermüdungsgerechter Konstruktion, daraus werden Konstruktionsempfehlungen abgeleitet,
  • Der nicht zu unterschätzende Einfluss von Ungenauigkeiten und Fehlern bei der Fertigung sowie Möglichkeiten zur Korrektur und Verbesserung werden durch Beispiele dargestellt,
  • Es werden gängige Reparaturtechniken für Ermüdungsschäden zusammengestellt, bewertet und mit Beispielen illustriert.

Die PIANC ist eine technisch-wissenschaftliche Vereinigung des Hafen- und Wasserstraßenbaus und der Schifffahrt im See- und Binnenbereich. Wesentliches Ziel des Verbandes ist die Förderung der Entwicklungen bei Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von:

  • Binnen- und Seewasserstraßen,
  • Binnen- und Seehäfen,
  • Küstenschutz und Meerestechnik.

Im Vordergrund stehen dabei umweltrelevante, wirtschaftliche und verkehrliche Aspekte.

Dem Verband gehören derzeit 40 qualifizierte Mitglieder (Regierungen, Oragnisationen, Verbände, etc.) sowie über 2.000 Einzelmitglieder und etwa 450 korporative Mitglieder aus 65 Ländern an. Das ermöglicht interdisziplinären Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit auf technisch-wissenschaftlichem Gebiet. Über PIANC bieten sich vielfältige Möglichkeiten, weltweite Kontakte aufzubauen und mit fachlich Gleichinteressierten an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Für die Bearbeitung besonderer Fragestellungen werden international besetzte Arbeitsgruppen mit zeitlicher Begrenzung gebildet. Die Arbeitsergebnisse werden in PIANC-Berichten veröffentlicht.

Qualitätssiegel für HENRY

Große Freude herrschte im Infozentrum Wasserbau (IZW) und bei allen weiteren Beteiligten als im März die Nachricht über den Erhalt des DINI-Zertifkats 2019 für HENRY eintraf.

Als eine der ersten Institutionen erhält die BAW für HENRY  – das offene Fachrepositorium für den Wasserbau – dieses bundesweite Gütesiegel für Open-Access-Publikationsdienste in der aktuellsten Version 2019.

DINI-Zertifikat_2019

Was wurde geprüft?

Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses wurden die Leistungen für Autoren und Herausgeber, die Übernahme und Bereitstellung von Publikationen mit zugehörigen Metadaten und die öffentliche Bereitstellung überprüft. Zudem war die Sicherstellung der Auffindbarkeit der Publikationen Gegenstand der Begutachtung. Diese wurde von der Deutschen Initiative für Netzwerkinformationen e.V. (DINI) durchgeführt.

Das DINI-Zertifikat bestätigt:

  • HENRY ist auf dem aktuellen Stand der technischen Entwicklung.
  • Die Autoren und Herausgeber werden durch das HENRY-Team bestmöglich unterstützt.
  • Erhöhte Sichtbarkeit der hochgeladenen Publikationen auf der Webseite der BAW aber auch durch die Anbindung an weitere wissenschaftliche Portale (z.B. Google Scholar, BASE…)
  • Die Publikationen werden nachhaltig gesichert verbreitet und eine Langzeitarchivierung der Dokumente und Daten kann gewährleistet werden.
  • Die rechtlichen Aspekte bezüglich der Übertragung der Nutzungsrechte sind transparent dargestellt. Wie von DINI empfohlen, werden Creative-Commons-Lizenzen verwendet.

Weitere Informationen zum DINI-Zertifikat finden Sie hier .

Seit Langem betreibt die BAW eine aktive Open-Access-Strategie. Das Hydraulic Engineering Repository kurz HENRY – das offene Fachrepositorium für den Wasserbau – ist ein wesentlicher Teil davon. Im April haben wir einen weiteren Meilenstein erreicht: HENRY weist nun mehr als 7000 Fachpublikationen aus. Dabei handelt es sich um aktuelle und historische Dokumente, deren Volltexte frei zur Verfügung gestellt werden.

Das umfangreiche Sammlungsspektrum umfasst Publikationen der BAW, des Kuratoriums für Forschung im Küsteningenieurwesen (KFKI) und der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Nationale und internationale Konferenzen, wie das kürzlich publizierte 43. Dresdner Wasserbau-Kolloquium 2020 oder auch die Coastal Structures Conference 2019 runden, um nur einige Beispiele zu nennen, das Portfolio ab.

HENRY, das weltweit größte institutionenübergreifende Repositorium für den Wasserbau, wächst jeden Tag ein wenig weiter. Wir sind stets auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern und Publikationen, so möchten wir Sie gerne einladen, sich bei uns zu melden.

Neugierig geworden? Schauen Sie doch einfach einmal wieder bei HENRY vorbei.

Verfasst von Jana Haase

Seit Oktober 2019 bin ich Teil des IZW-Teams. Ich kümmere mich um vielfältige Themen rund um die elektronischen Angebote des IZW, wie z.B. IZW-Campus, Henry und andere.

Pilotprojekt Klöden an der Elbe – ein langer Weg bis zur Umsetzung

Das Umsetzen von Projekten dauert mittlerweile in Deutschland sehr lange, zumindest an Bundeswasserstraßen. An einem Projekt an der Elbe, das die langjährige Eintiefung der Flusssohle (Erosion) mindern soll,  verbunden mit der Umsetzung von Zielen des Naturschutzes und dem Erhalt der Wasserstraße Elbe arbeite ich schon seit 25 Jahren mit. Am 26.2.2020 wurde nun eine Kooperationsvereinbarung vom Präsidenten der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Prof. Dr.-Ing. Hans-Heinrich Witte und dem Umweltstaatssekretär des Landes Sachsen-Anhalt, Klaus Reha unterzeichnet. Darin wird die gemeinsame Durchführung dieses Pilotprojektes durch Bund und Land vereinbart, was ein gemeinsames Genehmigungsverfahren einschließt.

Es handelt sich um eine ca. 15 km lange Strecke, in der die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) zur Verminderung des Strömungsangriffs auf die Flusssohle  ursprünglich die Bauwerkshöhe der Buhnen absenken und dabei auch das Flussbett in einer engen Krümmung aufweiten wollte. Eine Maßnahme der Pflege des bestehenden Regelungssystems. Da im Bereich dieser Krümmung im 18. Jahrhundert eine Meanderschlinge zum Hochwasserschutz verkürzt worden war, wollte man gleichzeitig diesen und andere Altarme wieder stärker durchströmen lassen. Nachdem in den 1990er Jahren im Rahmen der „Elbeökologie“- Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von der BAW mit aerodynamischen und zweidimensionalen hydonumerischen und Feststofftransportmodellen die zu erwartenden Wirkungen untersucht worden waren und das Projekt sinnvoll erschien, spukte die Idee immer weiter in den Köpfen verschiedener Akteure an der Elbe.

2009 war mittlerweile das Sohlstabilisierungskonzept für die Elbe zwischen Mühlberg und Saalemündung erstellt worden, das die WSV gemeinsam mit den Ländern Sachsen-Anhalt und  Sachsen erarbeitet hatte. Natürlich waren die zwei Bundesanstalten für Wasserbau und Gewässerkunde (BAW und BfG) intensiv eingebunden. Darin wurde ein Plan vorgelegt, wie auf 170 Kilometer Fließstrecke die anhaltende Eintiefung der Flusssohle vermindert werden soll. In einigen Strecken sollten möglichst sofort Erfahrungen gesammelt werden. Die Umsetzung von Maßnahmen bei Klöden schien ja schnell möglich zu sein, da es viele Vorarbeiten gab. Zwischen 2007 und 2011 wurden trotzdem neue Untersuchungen in den Bundesanstalten durchgeführt. Schließlich sollte das Projekt in Genehmigungsverfahren nicht an überalterten Grundlagen scheitern.

Einblick in ein dreidimensionales Strömungsmodell der BAW für die Elbe bei Klöden

Um den unterschiedlichen Ansprüchen an die Elbe gerecht zu werden, hatten sich das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur und das Bundesministerium für Umwelt 2010 darauf verständigt, für diesen Fluss ein Gesamtkonzept zu erarbeiten. Dieses wurde von Bundes- und Landesvertretern unter aktiver Einbindung von Verbänden aus Umwelt und Wirtschaft sowie von Bürgerinitiativen erstellt und 2017 verabschiedet. Auch in diesem Konzept spielt die Minderung der Erosion eine zentrale Rolle – wie im kleinen Pilotprojekt Klöden. Durch dieses Gesamtkonzept und geänderte rechtliche Rahmenbedingungen ergaben sich inzwischen spannende, neue Möglichkeiten für die Umsetzung von strukturverbessernden Maßnahmen durch die WSV. Die wollen wir im Pilotprojekt Klöden mutig nutzen – und führen neue Untersuchungen durch. Diesmal setzt die BAW ein zweidimensionales Strömungsmodell gekoppelt mit einem eindimensionalen Feststofftransportmodell ein.

Geometriebeispiel (links) für strukturverbessernde Maßnahmen und Strömung bei MQ (rechts) aus einem zweidimensionalen hydronumerischen Modell der BAW

Dank der Kooperationsvereinbarung können wir (vor allem WSV, Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe, Heinz-Sielmann-Stiftung) hoffentlich bald praktische Erfahrungen sammeln. Diese sind wichtig für die BAW und BfG zur Überprüfung der Prognosesicherheit von verschiedenen Modellen, aber noch mehr für die Vorhabensträger bei der Umsetzung z. B. bezüglich der Bauweisen und der Erfolgskontrolle, um für weitere Strecken noch besser gerüstet zu sein – und schneller Maßnahmen umsetzen zu können… Verlassen wir also endlich die Ebene der theoretischen Diskurse und lernen wir in der Natur?! Natürlich werden sich die vielfältigen, unterschiedlichen, mitunter gegesätzlichen Ansprüche an das Projekt nicht erfüllen. Aber vielleicht eröffnet uns die gewonnene Erfahrung auch bei nur kleinen, ersten Schritten neue Wege.