Wasserbau

Volle Fahrt in Richtung Klimaanpassung

Wasserstraßen und Klimaanpassung? Zwei Themenkomplexe, die auf Grund der Häufung von Extremereignissen wie Niedrigwasser oder Starkregen in den vergangenen Jahren immer mehr zusammengerückt sind. Um aktuelle Forschung der BAW dazu in einem internationalen Kontext vorzustellen und zu diskutieren, war die BAW auf der diesjährigen 7. Adaptation Futures Konferenz vertreten.

Die Adaptation Futures Konferenz fand vom 02. bis 06. Oktober 2023 in Montréal (Kanada) statt und widmete sich ausschließlich der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Die Konferenz ist eine Veranstaltung des „World Adaptation Science Programme“, welches eines von vier Bestandteilen des „World Climate Programme“ bildet. Die kanadische Großstadt bot eine „gute“ Kulisse für eine solche Konferenz, da Tageshöchsttemperaturen von bis zu 28 °C im Oktober die Notwendigkeit der Klimaanpassung unterstrichen. Mit über 2000 Teilnehmenden und fast 180 Sessions (teils hybrid angeboten) wurde auf der Konferenz Raum für eine Vielzahl an Themen geschaffen. Das Programm reichte von Fehlanpassung über Anpassungswege hin zur Rolle von WissensvermittlerInnen in der Klimaanpassung. In Vorträgen sowie partizipativen Sessions wurden unterschiedliche Konzepte und Fallstudien diskutiert. Der Austausch zwischen ExpertInnen hat Einblicke in die Anwendbarkeit unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden gegeben. Dies ermöglicht es, die eigene Arbeit in den Forschungsbereich der Klimaanpassung einzuordnen und weiterzuentwickeln. 

Um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden auf die Herausforderungen der Klimaanpassung von Wasserstraßen zu lenken, wurde in der Session „Basins’ Resilience, Water Adaptation and Management: Challenges and Opportunities” unter anderem das an der BAW im Rahmen des BMDV-Expertennetzwerks durchgeführte FuE-Projekt „Klimawirkungsanalyse für die Binnenwasserstraßen“ vorgestellt. In dem Vortrag ging es insbesondere darum zu verdeutlichen, wie Wissen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Binnenwasserstraßen gewonnen und in die Praxis gebracht werden kann, um eine prozessbezogene Klimaanpassung zu unterstützen. Das Thema traf auf großes Interesse und Fragen, wie bspw. zu der Möglichkeit einer länderübergreifenden Anwendung der Methode, wurden gestellt und diskutiert.

Fünf spannende Konferenztage haben gezeigt, dass Klimaanpassung sehr vielfältig ist, jedoch die Umsetzung auf lokaler Ebene und das Einbeziehen unterschiedlicher Interessensgruppen von größter Bedeutung ist. Motiviert statt frustriert ging es zurück nach Karlsruhe, um die Anpassung der Wasserstraßen an den Klimawandel weiter voranzubringen.

„Stadt – Land – Fluss“ mal anders

Am 17. August waren zwölf Kinder im Alter von zehn bis vierzehn Jahren im Rahmen einer Exkursion der Ettlinger Kindersommer-Akademie zu Gast in der BAW. Dieses Ferienprogramm richtet sich speziell an wissbegierige Schüler, die v.a. zu naturwissenschaftlichen Themen mehr erfahren wollen.

Sowohl die Kids als auch ihre erwachsenen Begleiter waren von der Größe und Ausstattung des BAW-Geländes überrascht, von dem man normalerweise so gar nichts mitbekommt, auch wenn man schon mehrmals im gegenüberliegenden Klinikum zu Gast war!

Zunächst erklärte der Abteilungsleiter Wasserbau im Binnenbereich – Herr Prof. Dr.-Ing. Andreas Schmidt – in einem reich bebilderten Vortrag die Aufgaben der BAW: die Beratung und Unterstützung des Ministeriums und der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung beim Bau und Erhalt von Wehren, Schleusen, Brücken und Uferbereichen. Gerade die wirtschaftliche und ökologische Bedeutung der Binnenschifffahrt macht eine fundierte Forschung und Planung für die nächsten Generationen notwendig.

Anschließend konnte sich die Gruppe bei einer Führung durch die Hallen der BAW selbst ein Bild von den Versuchsanordnungen machen: Mitarbeiter der BAW erklärten den Schleusenversuchsstand (inkl. Größenvergleich mit einer Playmobil-Figur) und das riesige Rhein-Modell mit seiner maßstäblich nachgebauten, gebirgsähnlichen Sohle. Sogar Fische werden in einer anderen speziellen Rinne beobachtet: Die zusammen mit Biologen der BfG erarbeiteten Erkenntnisse sind Grundlagen für den Bau von Fischaufstiegsanlagen an den Bundeswasserstraßen. Der Höhepunkt und Abschluss der Führung war natürlich der Schiffsführungs-Simulator: die Kinder konnten eigenhändig mit dem Joystick ein Binnenschiff ums Deutsche Eck bei Koblenz steuern – gar nicht so einfach! Hier wird z.B. die Fahrdynamik von großen Güterschiffen erforscht, damit ihnen auch schwierige Manöver, z.B. die Einfahrt in eine enge Schleusenkammer, unfallfrei gelingen.

Schnell war dann das Ferienprogramm der Ettlinger Kindersommer-Akademie wieder zu Ende. Vielleicht ist ja bei dem einen oder anderen Besucher die Begeisterung für Themen des Wasserbaus hängengeblieben und wir sehen die Kinder in ein paar Jahren dann als Werksstudenten oder Ingenieure und wissenschaftliche Mitarbeiter wieder. Die BAW würde sich freuen!

Starkregen ein toter Winkel der Wasserstraße – Der Fall: Stuttgart am Neckar

Den toten Winkel kennt man meist nur aus dem Straßenverkehr. Eine oft unbemerkte und doch potenziell fatale Gefahr. Ein Starkregenereignis kann durchaus einen ähnlichen Effekt auf die Wasserstraße haben. Inwiefern? Was ist zu tun? Das will ich heute erklären.

Vor einigen Jahren erreichte uns die Nachricht, dass es in der Stauhaltung Hofen am Neckar nahe der Stadt Stuttgart immer wieder zu unerklärlichen Wasserstandsanstiegen kommt. Vor allem im Sommer passierte es, dass der Wasserpegel plötzlich rasant anstieg und das Betriebspersonal der Staustufe nur noch nachträglich versuchen konnte die Schwankungen in den Griff zu kriegen, um die Schifffahrt möglichst nicht zu gefährden. Kleine Wasserstandschwankungen können ausreichen, dass der Platz unter Brücken für die Schiffe knapp wird oder sie den Grund des Flusses berühren. Eine Erklärung für die Schwankungen in Hofen musste her und meine Kolleg*innen machten sich auf die Suche.

Schnell stellte sich heraus, dass hier die Kanalisation von Stuttgart ihre Finger im Spiel hat.  Starkregenereignisse führen nicht immer zu Hochwasser und Überschwemmungen, sie können aber zeitweise unsere Kanalisation an ihre Grenzen bringen. So auch in Stuttgart. Tritt hier ein Starkregenereignis auf, so kann die Kanalisation nicht das komplette Regenwasser zur Kläranlage abführen, sondern das Wasser wählt gegebenenfalls den „Notausgang“.  Das heißt das Wasser wird aus der Kanalisation in den Neckar abgegeben. Gerade im Sommer, wenn der Neckar sowieso schon wenig Wasser hat, kann dies fatale Folgen haben. Es ist möglich, dass aus der Stuttgarter Kanalisation ein zehnmal größerer Abfluss kommt, als im Neckar selbst vorhanden ist. Für mich persönlich kaum vorstellbar, aber eine reale Tatsache und bestimmt kein Einzelfall. Ich reiste während meiner Masterarbeit nach Stuttgart und schaute mir diesen „Notausgang“, in der Fachsprache Entlastungsbauwerk genannt, einmal an:

Am rechten Uferrand, unmittelbar hinter der Bahnbrücke (oberhalb meines Ellbogens), erkennt man das Bauwerk. Sehr unauffällig gliedert es sich in die grüne Landschaft ein. Bahn- und Fahrradwege führen entlang und nur das Auge einer Fachperson lässt erahnen worum es sich handelt.

Genau an dieser Stelle rauscht also an regnerischen Sommertagen unbemerkt das überschüssige Wasser aus der Kanalisation in den Neckar? Die Untersuchungen zeigen: wellenartig strömt das Wasser den Neckar entlang und erreicht die Staustufe. Was tun? Es gibt eine scheinbar einfache Lösung. Schauen wir uns die Staustufe Hofen mal genauer an:

Das Wasser steht hier echt bis zum Rand, aber staugeregelte Wasserstraßen, wie der Neckar, sind mithilfe der Wehranlagen und Kraftwerksturbinen regelbar. Demnach kann das Betriebspersonal Einfluss auf den Wasserstand nehmen. Ist das Personal rechtzeitig informiert, ob und wieviel Wasser aus der Kanalisation in den Neckar kommt, so ist das Personal in der Lage vorrausschauend zu handeln. Bei Regelungssystemen ist diese Vorausschau entscheidend.  Dadurch ist es möglich, aktiv Wasserstandsschwankungen entgegen zu wirken und eine problemlose Schifffahrt sicherzustellen. Bildlich gesprochen, kann man sich für die Wasserstandsänderung schonmal bereithalten.

Die maximale Wassermenge, welche die Kanalisation an die Wasserstraße abgeben darf, ist zwar gesetzlich geregelt, der aktuelle Wert wird aber nicht gemessen. Deswegen haben sich im Rahmen des BMDV-Expertennetzwerks (Bundesministerium für Digitales und Verkehr) der DWD (Deutsche Wetterdienst) und die BAW zusammengeschlossen und ein Live-Prognosesystem für die Stauhaltung Hofen am Neckar entwickelt. Der DWD liefert die benötigten Regenprognosen und die BAW errechnet anhand eines Modells, wieviel Wasser in den Neckar abgegeben werden wird. Die Neckar AG, in den meisten Fällen verantwortlich für den Wasserstand, kann wiederum jederzeit auf die Prognose der BAW zugreifen. Die Neckar AG erhält die entscheidende Information und kann vorrausschauend handeln.

So ist ein beeindruckendes Forschungsprojekt entstanden. Der Fall um die Stauhaltung Hofen konnte gelöst werden und die Neckar AG kann derzeit vom neuesten Stand der Forschung profitieren. Ich durfte im Rahmen meiner Masterarbeit in das Thema einsteigen und bin nun seit Ende letzten Jahres als wissenschaftliche Mitarbeiterin der BAW mit an der Projektbearbeitung beteiligt.

Ich freue mich auf viele weitere spannende Herausforderungen und blicke schon sehr gespannt in Richtung Oktober. Zusammen mit meinem Kollegen des DWD darf ich dieses Projekt bei der zweiten Verkehrs- und Infrastrukturtagung des BMDV-Expertennetzwerks in Berlin vorstellen; hier der Link für mehr Infos zur Veranstaltung:

https://www.bmdv-expertennetzwerk.bund.de/VIT2023

PIANC-Bericht zu „Smart Shipping on Inland Waterways“ veröffentlicht

PIANC (Permanent International Association of Navigation Congresses) wurde 1885 gegründet und ist ein weltweit tätiger Verband, der Orientierungshilfen und technische Beratung für eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur auf dem Wasser bietet. Eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in diesem Bereich ist die Digitalisierung, die zukünftig einen bedeutenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt haben wird. Diesem Thema hat sich die PIANC-Arbeitsgruppe 210 „Smart Shipping on Inland Waterways“ angenommen und kürzlich einen Bericht über aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Bereich der automatisierten und autonomen Schifffahrt („Smart Shipping“) auf Binnenwasserstraßen veröffentlicht.

Titelbild des Berichts
PIANC-Bericht der Arbeitsgruppe 210: Smart Shipping on Inland Waterways (2022)

Der Bericht konzentriert sich u. a. auf die Interaktion zwischen automatisierten oder autonomen Schiffen und der genutzten Infrastruktur. Außerdem wurde die Rolle von zuständigen Behörden und rechtlichen Vorschriften im Hinblick auf den Praxiseinsatz selbstfahrender Schiffe beleuchtet. Durch eine Analyse der jüngsten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich „Smart Shipping“ wurden potentielle Hindernisse für eine weitergehende Etablierung neuer Entwicklungen identifiziert und Lösungsvorschläge erarbeitet.

Schwerpunkte des Berichts sind u. a.:

  • Benötigte Datengrundlage, Datenqualität und Datenverfügbarkeit
  • Auswirkungen einer zunehmenden Automatisierung der Binnenschifffahrt auf die physische und digitale Infrastruktur
  • Anforderungen eines hybriden oder autonomen Schiffsverkehrs an von Wasserstraßenverwaltungen angebotene Dienstleistungen
  • Auswirkungen von „Smart Shipping“ hinsichtlich rechtlicher Vorschriften, Haftung und Umwelt
  • Handlungsempfehlungen für Wasserstraßenverwaltungen zur Gewährleistung einer sicheren, effizienten und nachhaltigen Nutzung der Wasserstraßen durch automatisierte oder autonome Schiffe

Weitere Informationen finden sich auf der PIANC-Webseite unter:

https://www.pianc.org/publications/inland-navigation-commission/wg210

3rd International Workshop on Labyrinth und Piano Key Weirs

Die BAW untersucht seit gut drei Jahren im Rahmen des Projekts „Feste Wehre an Bundeswasserstraßen“ sogenannte Labyrinth- und Piano-Key-Wehre. Dabei handelt es sich um feste Wehre, die im Grundriss gefaltet sind. Durch die wesentlich größere Überfalllänge ergibt sich eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit bei gleicher lichter Weite.

Labyrinth-Wehre werden schon seit vielen Jahren u.a. in den USA eingesetzt. Eine Weiterentwicklung ist das speziell für den Einsatz an Hochwasserentlastungsanlagen von Talsperren entwickelte Piano-Key-Wehr, das in den letzten Jahren vielfach in Frankreich, aber auch in Vietnam gebaut wurde. Das war vermutlich auch der Grund dafür, dass der dritte Workshop nach Liège und Paris diesmal vom 22. bis 24. Februar 2017 in Vietnam stattfand.

Bei dem Workshop hatten wir die Möglichkeit uns mit internationalen Kollegen über diese speziellen Wehrtypen auszutauschen. Der Workshop wurde im Wesentlichen von der Université de Liège, dem Vietnam National Committee on Large Dams (VNCOLD), der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) und der Electricité  de France (EDF) organisiert. Mein Kollege Michael Gebhardt und ich sind dafür nach Vietnam gereist und haben dort unsere Untersuchungen an der Ilmenau und unsere bisherige Forschung zu Labyrinth- und Piano-Key-Wehren vorgestellt.

Die Reise begann Montagvormittag am Karlsruher Hauptbahnhof. Vom Frankfurter Flughafen sind wir dann nach Ho-Chi-Minh-City geflogen und von dort aus weiter zum Konferenzort in Qui Nhon, wo wir nach einer 35-stündigen Anreise ankamen. Die Konferenz fand in einem Hotel statt, in dem auch alle auswärtigen Teilnehmer untergebracht waren. Der Teilnehmerkreis bestand aus etwa 80 Personen, wovon die eine Hälfte aus Vietnam und die andere Hälfte aus dem internationalen Ausland kamen. Vertreten waren unter anderem Kollegen der EDF (Frankreich), der Université de Liège (Belgien), der Utah State University (USA), EPFL (Schweiz), der Islamic Azad University (Iran), der University of Biskra (Algerien), der Stellenbosch University (Südafrika) und VNCOLD (Vietnam).

An zwei Konferenztagen wurden in durchweg interessanten Vorträgen die neuesten Forschungsergebnisse und die praktischen Erfahrungen beim Bau von Labyrinth- und Piano-Key-Wehren vorgestellt. Im Gegensatz zu vielen anderen Konferenzen, bei denen oft eine breite Spanne von Themen rund um Wasserbau und Schifffahrt präsentiert werden, wurde hier nur über diese Wehrtypen diskutiert. Das war hochinteressant und auch aufregend, da man selten die Möglichkeit hat, seine Ergebnisse vor einem derart spezialisierten Fachpublikum vorzustellen. In den Kaffeepausen und während der Mahlzeiten fand immer ein interessanter Austausch zwischen den Teilnehmern aus verschiedensten Ländern statt.

Am dritten Tag fand eine technische Exkursion zur Van Phong Barrage statt, einem in Betrieb befindlichen Piano-Key-Wehr. Mit einer Gesamtlänge von etwa 300 m handelt es sich dabei um eines der größten Piano-Key-Wehre überhaupt.

Insgesamt ist die Teilnahme an einer solchen Konferenz nicht zu unterschätzen. Ein Abstract und ein mehrseitiger wissenschaftlicher Beitrag in englischer Sprache müssen verfasst und fristgerecht abgegeben werden. Die Präsentation selbst muss gut vorbereitet sein und der Vortrag will trotz langer Anreise und Jetlags gut gehalten werden, in der Hoffnung dass die Inhalte auch beim Fachpublikum ankommen. Die interessanten Diskussionen, die geknüpften Kontakte und die gemachten Erfahrungen entschädigen aber schnell und führen zu wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und einem echten Mehrwert bei der zukünftigen Beratung der WSV.

Verfasst von Fabian Belzner

Seit 2012 befasse ich mich als wissenschaftlicher Mitarbeiter der BAW in der Abteilung Wasserbau im Binnenbereich mit der Hydraulik von Wasserbauwerken.

Aufzug oder Schleuse – auch für Fische

Seit einigen Jahren berät die BAW zusammen mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bei der Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Bundeswasserstraßen. Diese sind vielfach gestaut, um z.B. die notwendige Wassertiefe für die Schifffahrt zu gewährleisten. Häufig werden die Stauanlagen auch für die Gewinnung von Strom aus Wasserkraft genutzt. Aus Sicht von Wanderfischen (und fast alle Fische wandern über kürzere oder längere Strecken) sind die Stauanlagen Sperren auf ihrem Weg. Es gibt etliche Fischarten, u.a. die bekannten Aale und Lachse, aber auch die weniger bekannten wie Meerforellen, Maifische und viele regional vorkommende Arten, die ohne eine längere Wanderung in unseren Flüssen keine Laichmöglichkeiten mehr haben. Dabei wandern u.a. Lachse und Maifische zum Laichen stromaufwärts, Aale stromabwärts.

Aktuell befassen wir uns hauptsächlich mit der Wanderung stromaufwärts. Es gibt viele verschiedene Ideen und Konzepte, wie den Fischen der Weg wieder ermöglicht werden kann. Dazu zählen z.B. der Umbau von bestehenden Stauanlagen in fischpassierbare Bauwerke, die Anlage von Umgehungs(ge)rinnen um die Stauanlagen, aber auch die Herstellung von Fischschleusen oder Fischaufzügen. Zu diesen besonderen Formen von Fischaufstiegsanlagen gibt es einen neuen BAWBrief.

Bei allen Anlagen ist gleich, dass die Fische den Einstieg selber und möglichst zügig finden sollen. Sie dürfen nicht abgeschreckt werden und sollen am anderen Ende sicher wieder „aussteigen“. Was dazu zu beachten ist, wurde im BAWBrief „Anforderungen an die Planung von Fischaufzügen und Fischschleusen“ dargelegt.

Fischaufzüge und Fischschleusen können z.B. sinnvoll sein, wenn im Bereich der Stauanlage nur wenig Platz ist und ein Umgehungsgerinne nicht möglich ist. Bei sehr hohen Stauanlagen können sie den Fischen helfen, notwendige Energie zu sparen, weil die Überwindung des Höhenunterschieds für die Fische erleichtert wird. Andererseits müssen auch Fischaufzüge und Fischschleusen möglichst für alle wanderwilligen Fische geeignet sein. Dafür müssen verschiedene Anforderungen gewährleistet werden:

  • Die Fische müssen die Fischaufzüge oder -schleusen gut finden können und den Einstieg attraktiv finden.
  • Wenn Fischaufzüge oder -schleusen keinen kontinuierlichen Einstieg bieten (z.B. in der Hebephase), muss durch andere Mittel sichergestellt werden, dass die Fische den Einstiegsbereich nicht verlassen.
  • Die Räume, in denen Fische transportiert werden, müssen attraktiv und ausreichend groß sein.
  • Die Unterhaltung und der Betrieb der Anlage müssen sichergestellt sein.
  • Die Fische müssen in geeigneter Weise in das Oberwasser entlassen werden: entweder sie schwimmen selbst aus dem Fischaufzug/der Fischschleuse oder sie werden über eine Rutsch oder in einem Wasserstrahl in das Oberwasser gekippt. Dabei soll keine Verletzungsgefahr für die Fische bestehen.

Diese und weitere Anforderungen an Fischaufzüge und Fischschleusen werden im aktuellen BAWBrief 2/2016 dargelegt. Er ist auf der Internet-Seite

http://www.baw.de/DE/service_wissen/publikationen/bawbriefe/bawbriefe.html

verfügbar.

Verfasst von Anne Kampker

Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Wasserbau im Binnenbereich. Ich berate die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bei der Planung von Fischaufstiegsanlagen.

Hydroinformatikkonferenz

Die Hydroinformatik wird seit Anfang der 90er Jahre im Rahmen einer zweijährig stattfindenden Konferenz als ein interdisziplinäres Gebiet mit wechselnden Themen international diskutiert. Die Konferenz „Hydroinformatics“ (HIC) wird von drei weltführenden internationalen Organisationen, IAHR (International Association of Hydro-Environment Engineering and Research), IAHS (International Association of Hydrological Sciences) und IWA (International Water Association) unterstützt. In Deutschland tagte die Konferenz zuletzt vor vier Jahren im Jahr 2012 in Hamburg. In diesem Jahr fand die 12. internationale Konferenz „Hydroinformatics“ vom 21. bis 26. August 2016 im Songdo ConvensiA in Incheon, Südkorea statt.

2016-08_korea_064_smallDas Thema „Smart Water for the Future“ der diesjährigen Konferenz legte den Fokus auf die Entwicklung zukünftiger Instrumente und Techniken für ein wasserwirtschaftliches Management. Über 500 Teilnehmer aus verschiedenen Nationen haben an der Konferenz teilgenommen. Vorgestellt wurden 362 Präsentationen aus verschiedenen Fachbereichen und davon wurden 192 im Procedia Engineering, Volume 154 veröffentlicht. Inhalte der Konferenz waren u. a. nachhaltige Wasserwirtschaft, urbane Ent­wicklungen, Risikobewertungen, Simulation von Strömungen, Klimaveränderungen, Entscheidungs­hilfewerkzeuge.

Im Rahmen der Kooperation der BAW mit der Universität Duisburg-Essen (UDE) konnte ich von meiner Forschungstätigkeit über die Entwicklung eines Bewertungsverfahrens zur Befahrbarkeit von Binnenwasserstraßen berichten. Die nächste Konferenz findet im Juli 2018 in Palermo in Italien statt.

 

Verfasst von Dennis Harlacher

Wer bin ich?
Dipl.-Ing. Bauingenieur mit Vertiefungsrichtung Wasserbau und als wissenschaftlicher Projektingenieur am Institut für Schiffstechnik, Meerestechnik und Transportsysteme (ISMT) der Universität Duisburg-Essen (UDE) tätig. Im Rahmen einer Kooperation mit der BAW beschäftige ich mich seit mehreren Jahren mit der Strömungssimulation von Fließgewässern vor dem Hintergrund nautischer Aspekte im Binnenbereich.