Homogenbereiche

Der Datenkatalog Homogenbereiche für BIM-Projekte

Mit Einführung durch den Stufenplan Digitales Planen und Bauen des BMVI von 2015 wird zukünftig die Anwendung der Methode des Building Information Modeling (BIM) für öffentliche Auftraggeber im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) für neue Infrastrukturprojekte vorgeschrieben. BIM betrifft dabei sämtliche Planungsaspekte von der Grundlagenermittlung bis zur Fertigstellung und dem anschließenden Betrieb und beinhaltet damit auch ein digitales, dreidimensionales Modell des Baugrundes, das Fachmodell Baugrund.

Dieses Fachmodell Baugrund ist die Grundlage für weitere Planungen mit BIM bspw. für die Bauwerke des Spezialtiefbaus oder des Ingenieurbaus. Die Methode BIM sieht dabei vor, dass alle Projektbeteiligten gemeinsam in einem Gesamtmodell arbeiten, welches alle Aspekte eines Projektes enthält. Dieses Gesamtmodell vernetzt alle gewerkspezifischen Fachmodelle.

Bild: Einbettung des Fachmodells Baugrund im Gesamtmodell (Quelle: https://doi.org/10.1002/gete.202000040)

Diese kollaborative Arbeitsweise in einem Gesamtmodell stellt eine hohe Herausforderung für die softwaretechnische und datentechnische Umsetzung dar.

Derzeit ist bereits eine rein geometrische Abbildung des Baugrundes und des Ingenieurbaus mit vielen in der Fachwelt verbreiteten Softwareapplikationen praktikabel möglich. Auch die Übergabe der Geometrie zwischen unterschiedlichen Softwareapplikationen und eine Zusammenschau unterschiedlicher geometrischer Modelle ist bereits gut umsetzbar.

Bild: Baugrundschichtenmodell mit digitalem Geländemodell, Aufschlüssen und Bauwerk (Screenshot aus Leapfrog Works) (Quelle: https://doi.org/10.1002/gete.202000027)

Dagegen bereitet die Übergabe von sematischen (also beschreibenden) Informationen derzeit noch viele Probleme. Und gerade anhand der Möglichkeiten der automatisierten Weiterverarbeitung von semantischen Informationen wird sich der Erfolg bei der Umsetzung von BIM entscheiden. Damit eine solche automatisierte Weiterverarbeitung von Informationen erfolgen kann, sind Datenbanklösungen erforderlich. Einhergehend mit Datenbanklösungen ist die Erfordernis einer Standardisierung der zu übergebenden Informationen. Damit also die Planung einer Baugrube oder die Planung eines Wasserbauwerks die Informationen der Geotechnik im Fachmodell Baugund automatisiert weiterverareiten kann, muss die „Sprache“ der Informationen eindeutig geregelt sein.

Als einfaches Beispiel sei die Angabe der Feuchdichte eines Bodens durch die Geotechnik genannt. Für Fragestellungen der gerätetechnischen Behandlung des Baugrundes gibt die Geotechnik auf Grundlage der VOB Teil C (Homogenbereiche) die Feuchtdichte in Form einer Bandbreit an. In Verknüfung mit dem Fachmodell der geplanten Baugrube des Spezialtiefbaus kann mittels des auszuhebenden Volumens und der Feuchtdichte des Bodens eine Massenermittlung erfolgen, die dann in Verknüfung mit Aufwandswerten eine Kosten- und Terminplanungen der Baumaßnahme ermöglicht.

Damit die IT-Lösungen zur Massenermittung und Kosten- und Terminplanungen die Werte der Feuchtdichte stets automatisiert verarbeiten können, muss dieser Wert standardisiert werden, d. h. der Wert ist stets bspw. mit der Einheit „g/cm³“ in einer Bandbreite (Maximalwert und Minimalwert) anzugeben und heißt immer „Feuchtdichte“. Alternative Angaben, z. B. in einer anderen Einheit, sind nicht zulässig, da sonst die automatisierte Weiterverarbeitung nicht möglich ist.

Bevor BIM also eine breite Anwendung finden kann, sind die Voraussetzungen in Form einer Standardisierung von Fachinformationen zu erarbeiten. Dies sollte schrittweise erfolgen einhergehend mit der technischen Entwicklung von Datenbanklösungen und Möglichkeiten des Datenaustauschs. Neue standardisierte Themenkomplexe sollten anhand von Referenzprojekten hinsichtlich der Umsetzbarkeit und einer ausreichenden fachlichen Qualität und Quantität getestet werden.

Um den Weg der Standardisierung aufzuzeigen, wurde der Datenkatalog Homogenbereiche als Tabellendatei erarbeitet. Dieser zeigt für einen abgeschlossenen Aspekt der Geotechnik, die Homogenbereiche nach VOB Teil C, wie eine Standardisierung von komplexen geotechnischen Informationen erfolgen kann. Dem Datenkatalog Homogenbereiche liegt ein modularer Aufbau zugrunde, sodass Ergänzungen z. B. nach dem Erscheinen neuer Normen, leicht möglich sind. Eine Kurzbeschreibung des Datenkatalogs findet sich im BAWBrief 01/2022 (Link: https://www.baw.de/de/publikationen/bawbriefe/bawbriefe.html). Der Datenkatalog selbst als Tabellendatei sowie eine umfassende Beschreibung zum Aufbau sind auf der Homepage https://izw-campus.baw.de in der Rubrik Geotechnik/Building Information Modelling (BIM) öffentlich abrufbar (https://izw-campus.baw.de/goto.php?target=cat_3617&client_id=iliasclient).

Die im Datenkatalog Homogenbereiche standardisierten Eigenschaften und Kennwerte für Bauleistungen nach VOB/C können als Grundlage der Attributierung von Homogenbereichen des Fachmodells Baugrund dienen. Jedoch dient der Datenkatalog Homogenbereiche nicht der unmittelbaren Datenspeicherung, d. h. der festgestellte Wert (z. B. der Feuchtdichte mit dem Minimal- und Maximalwert 1,700 g/cm³ bzw. 1,900 g/cm³) wird nicht im Datenkatalog selbst gespeichert. Vielmehr gibt der Datenkatalog Homogenbereiche vor, welche Eigenschaften und Kennwerte im Zusammenhang mit bestimmten Bauleistungen nach VOB/C erforderlich sind und wie diese Informationen strukturiert und computerinterpretierbar gespeichert werden können.

Da der Datenkatalog Homogenbereiche ein recht hohes Abstraktionsniveau besitzt, ist dieser derzeit nur mit hohem Aufwand in die eigentliche Projektarbeit überführbar. Daher empfiehlt es sich, als Hilfsmittel für die Umsetzung des Datenkatalogs Homogenbereiche, eine projektübergreifende Datenbank Homogenbereiche zu erstellen. Dies wäre der nächste zu erarbeitende Schritt zur Umsetzung der standardisierten Fachinformationen in BIM-Projekten.

Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche

Die in der „Verdingungsordnung für Bauleistung, Teil C (VOB/C)“ veröffentlichten VOB-Normen beinhalten die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV). Die fachgerechte Anwendung der VOB-Normen bei der Ausschreibung von Bauleistungen soll sicherstellen, dass die Leistungen eindeutig und erschöpfend beschreiben werden. Für die Gewerke des Tiefbaus und des Spezialtiefbaus kommt es besonders auf eine präzise und gleichzeitig knappe Beschreibung der anstehenden Böden an, damit eine Kalkulation der Bauleistungen ohne große Vorarbeiten möglich ist.

Seit August 2015 ist gemäß den Normen der VOB Teil C der Baugrund für Erdbau-, Tiefbau- und Spezialtiefbauarbeiten in Homogenbereiche einzuteilen. Jeder Homogenbereich ist durch mehrere Kennwerte zu beschreiben, für die jeweils eine Bandbreite mit unterer und oberer Grenze anzugeben ist.

Als Hilfestellung für Planer und Geotechnische Sachverständige hat die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) das „Merkblatt Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche nach VOB/C (MEH)“ erarbeitet.  Im Fokus stehen Bauvorhaben des Verkehswasserbaus, bei denen Großgeräte zum Einsatz kommen. Das Merkblatt steht hier zum Download  von der Website der BAW zur Verfügung.

Über Hinweise zu dem Merkblatt und Erfahrungen mit den Homogenbereichen würde ich mich freuen.

Am 30. Januar 2017 veranstaltet die BAW in Hannover ein Kolloquium zur Einteilung des Baugrunds in Homogenbereiche.  Informationen zu dem Kolloquium erhalten Sie hier.

Verfasst von Jan Kayser

Nach dem Studium des Bauingenieurwesens an der RWTH Aachen habe ich am Institut für Grundbau und Bodenmechanik der TU Braunschweig promoviert. Seit 1997 bin ich in der BAW und leite dort seit Februar 2017 die Abteilung Geotechnik.