Jun, 2016

Wie können wir Fischen den Weg weisen? – Expertentagung

Am 8. und 9. Juni 2016 trafen sich in der Bundesanstalt für Wasserbau 160 Fachleute aus Verwaltung, Ingenieurbüros, Universitäten und von Wasserkraftanlagenbetreibern zum 5. Kolloquium aus der Reihe „Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Bundeswasserstraßen“. Diesmal ging es um „Schlüsselfragen bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Fischaufstieg“. Dieses Kolloquium führten wir, wie das gesamte Projekt „Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit“, gemeinsam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz durch.

Die Referenten zeigten auf, dass es noch viel zu tun gibt, um Fischen wieder die Möglichkeit zu geben, an ihre angestammten Laichplätze zu gelangen. Bei der Lösung dieser großen Aufgabe, die auf den Forderungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie basiert, stellen sich viele Fragen. Viele Wissenschaftler und Ingenieure an Universitäten und in Ingenieurbüros und eben auch in BAW und BfG erarbeiten Lösungsmöglichkeiten und gewinnen neue Erkenntnisse, z. B. über das Verhalten von Fischen in bestimmten Situationen.

Als Themenschwerpunkte in diesem Kolloquium wurde z. B. ein Blick auf den möglichen Rückbau (Abriss) von Stauanlagen geworfen. Die Fische hätten in einem solchen Fall wieder „freie Bahn“. Allerdings ist dabei zu beachten, dass Stauanlagen einen Zweck, z. B. Ermöglichung von Schifffahrt, Gewinnung von Strom aus Wasserkraft u. ä. haben und die Rechte und Interessen der Nutzer und Anlieger berücksichtigt werden müssen.

Wenn also der Rückbau nicht in Frage kommt, müssen Anlagen gebaut werden, die den Fischen eine gute Wandermöglichkeit bieten. Fische müssen dafür die Aufstiegsanlage zunächst finden und danach auch noch sicher durchschwimmen können. Genauso unterschiedlich wie die Fischarten, die die Fischaufstiegsanlage durchschwimmen wollen, sind auch ihre Fähigkeiten und Gewohnheiten. Einige schwimmen eher am Ufer oder am Boden, andere bewegen sich frei im Wasser. Kleine Fische schwimmen häufig langsamer als größere. Trotzdem sollen Aufstiegsanlagen für möglichst viele funktionieren.

Deshalb war ein weiterer Schwerpunkt im Kolloquium die Gestaltung des Fischeinstiegs in eine Fischaufstiegsanlage. Dafür muss zunächst der richtige Ort gefunden werden, dann muss der Einstieg so gestaltet werden, dass er für die Fische attraktiv ist. Um den Fischen eine Orientierung zu geben, wo sie weiter schwimmen können, wird häufig viel Wasser in den Bereich vor der Fischaufstiegsanlage abgegeben. Es sind große Bauwerke dafür nötig, damit die Fische auf dem richtigen Weg bleiben und die Wassergeschwindigkeit, gegen die sie anschwimmen müssen, nicht zu groß wird. Hier wurden u. a. Forschungsergebnisse von BAW und BfG an einem Bauwerksmodell und von Fischversuchen vorgestellt.

Zum Schluss haben wir einen Blick auf besondere Fischaufstiegsanlagen geworfen: Aufzüge wie im Hochhaus und schneckenförmige „Wendeltreppen“. Natürlich hatten alle Besucher Gelegenheit, die aktuell in der Versuchshalle aufgebauten Modelle zum Thema Fischaufstieg zu besichtigen.

P.S.: Was hat das Bild oben mit all dem zu tun? Das Bild zeigt auf der linken Seite eine Aufnahme eines Dotationsrechens aus Fischsicht (Modell in der Wasserbauhalle). Dort wird von links Wasser in den Einstiegsbereich der eigentlichen Fischaufstiegsanlage gegeben. Der Fisch soll geradeaus schwimmen und nicht vom Rechen und dem dort ausströmenden Wasser irritiert werden. Die rechte Seite ist aus dem dazugehörigen numerischen Modell entnommen. Die bunten Linien veranschaulichen die Strömung in einem der untersuchten Modellzustände.

Verfasst von Anne Kampker

Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Wasserbau im Binnenbereich. Ich berate die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bei der Planung von Fischaufstiegsanlagen.

Die neue Versuchsrinne im Wasserbau

Im November 2015 wurde in der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe eine neue Versuchsrinne in Betrieb genommen. Die 18 Meter lange hochmoderne Versuchsrinne verfügt über einen eigenen Wasserkreislauf, kann jedoch ebenso gut mit dem BAW eigenen Wasserkreislauf betrieben werden. Dabei ist ein maximaler Abfluss von 500 l/s möglich. Die Seitenwände der Stahlkonstruktion bestehen aus spezialgehärtetem Glas, sind nachjustierbar und können ggf. durch Plexiglasplatten ersetzt werden. Die ganze Versuchsrinne ist aufgeständert, so dass auch von unten an die Versuchseinrichtung Messinstrumente angeschlossen werden können.

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Die neue Versuchseinrichtung bietet zahlreiche Möglichkeiten bei der Bearbeitung von Fragestellungen zur hydraulischen Optimierung von Wasserbauwerken. Gegenwärtig können z.B. Untersuchungen zum Lufteintrag, zur Energiedissipation oder zum Schwingungsverhalten teilweise nur unzureichend mit Hilfe numerischer Methoden abgebildet werden. Für diese Fragestellungen haben sich großmaßstäbliche, gegenständliche Labormodelle bewährt.

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Mit Hilfe der neuen Versuchseinrichtung werden beispielsweise Segmentverschlüsse einschließlich Wehrschwellen und Tosbecken untersucht und optimiert. Dies geschieht unter Berücksichtigung der entstehenden Lager- und Antriebskräfte, der Energieumwandlung, sowie der Strömungsablösung an der Schützunterkante und der daraus eventuell resultierenden Schwingungsanfachung.

Neben der Bearbeitung aktueller Fragestellungen aus der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), dienen die großmaßstäblichen Modelle in der Versuchsrinne der Weiterentwicklung numerischer Methoden, sowie deren Validierung. Beispielsweise in Fragen der Fluid-Struktur-Interaktion oder der Mehrphasenströmung.

Verfasst von Udo Pfrommer

Technischer Angestellter im Bereich Wasserbau im Binnenbereich. Ich untersuche und begutachte mit Hilfe von gegenständlichen Modellen Wasserbauwerke nach hydraulischen Gesichtspunkten.